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Das Hexenhaus -II-

Ein bißchen gemein war das ja schon, was Elfriede Würmling da widerfahren war. Da hatte das alte Fräulein auf ihre alten Tage noch einen gewissen Bruno Haberland kennen- und lieben gelernt und dann fand dieser nach einiger Zeit doch mehr Gefallen an ihrer nicht minder häßlichen Schwester Henriette. Bruno war daraufhin von Elfriedes unterer Wohnung in die obere Wohnung der Henriette umgezogen und man machte nun Elfriede das Leben zur Hölle.

„Wenn die mir nicht meine Katze vergiftet haben, fresse ich einen Besen“, hatte Elfriede zu mir gesagt. Elfriede hatte eine Weile bei uns als Putzfrau gearbeitet und deshalb weiß ich überhaupt von der ganzen Geschichte. Alle paar Monate kam sie bei uns auf ein Schwätzchen vorbei und schüttete uns ihr Herz aus. Bruno und Henriette ließen offenbar nichts aus und beherrschten Norman Bates kleines Lexikon des Psychoterrors aus den Effeff.

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Da wurde Elfriedes bereitgestellte Mülltonne wieder hinter das Tor geschoben, damit die Müllabfuhr sie nicht entleerte, Post verschwand auf geheimnisvolle Weise und ganz offensichtlich bediente sich auch jemand großzügig an Elfriedes Vorräten. „Die haben sogar meinen Weichspüler immer genommen, da habe ich mal die Lenor-Flasche mit Bleichmittel vollgemacht und dann sind die da nicht mehr drangegangen. Ist ja fürchterlich was die machen. Vor allem der Lärm. Seit Jahren lege ich mich mittags immer eine Stunde hin, das kann ich aber jetzt nicht mehr, die trampeln so laut herum, das muß einfach Absicht sein. Ich sag Ihnen, wenn mir mal was passiert, dann rufen Sie die Polizei. Die spekulieren auf meine Hälfte vom Haus, ich bin denen einfach im Weg. Wenn ich zu Henriette mal was sage, bekomme ich immer zur Antwort: Du kannst ja ausziehen, dann können wir Deine Wohnung Brunos Tochter und ihrem Mann geben.“

Bei ihrem nächsten Besuch, wieder ein paar Monate später, berichtete Elfriede: „Wenn die aus dem Haus gehen, stellen sie das Radio auf voller Lautstärke an. Das dudelt dann die ganze Zeit und ich werde bald verrückt in meiner Wohnung. Die haben auch meine ganzen Weinvorräte leergesoffen. Überhaupt sind die ja so oft besoffen, das gibt es gar nicht. Ein Gläschen am Abend, das kann einem niemand verwehren, aber bei denen ist ja jeden Abend erst dann Schluß wenn die beide besoffen sind. Meine zweite Katze ist jetzt auch tot. Mit eingeschlagenem Schädel lag sie auf meiner Treppe vor der Haustür. Angeblich hätte ein Marder sie totgebissen haben die gesagt, aber das glaube ich nicht. Ich habe auch gesagt, die sollen meinen Wein in Ruhe lassen, da hat Henriette gesagt, ich könne ja jederzeit hochkommen und mich selbst davon überzeugen, daß sie keine Flaschen von mir in der Wohnung haben. Aber ich gehe schon seit über einem Jahr nicht mehr da hoch. Nie wieder setze ich einen Fuß in die Wohnung meiner Schwester.“

Es verging über ein Jahr und wir hörten von Elfriede nichts mehr. Erst war uns das gar nicht aufgefallen, dann fragte Frau Büser mich mal ob ich nicht inzwischen wieder mal was von Elfriede gehört hätte. Erst da fiel mir auf, daß wir längere Zeit nichts mehr von ihr gehört hatten und bei meinem nächsten Einkaufsrundgang fragte ich dann die allwissende Gemüsefrau.
„Was? Das wissen Sie gar nicht?“ fragte diese ungläubig: „Das gibt’s doch gar nicht, davon müssen Sie doch gehört haben! Elfriede, die ist doch schon lange tot, die hatte schon ihr Jahresamt. Die liegt auf dem Friedhof.“

Ich war baff: „Das gibt’s doch nicht, davon habe ich wirklich nichts gehört und dabei komme ich doch so oft auf den Friedhof. Woran ist sie denn gestorben?“

„Die liegt ja auch auf dem Waldfriedhof in der Nachbarstadt und es heißt, die habe einen Schwächeanfall gehabt und sei daran gestorben.“

„An einem Schwächeanfall?“

„Ja, die war bei ihrer Schwester oben zu Besuch und als sie wieder runterging, ist ihr auf der Treppe schwindelig geworden und dann ist sie die Treppe runtergefallen, direkt auf den Kopf, die war sofort tot.“

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