Menschen

Deckel zu, mal anders

Ganz normaler Sterbefall, Mann 78 Jahre, Witwe ist Auftraggeberin, Erdbestattung.

Der Sarg wird von uns zum Friedhof gebracht und in eine der Aufbahrungszellen gestellt, den Deckel nehmen wir ab und legen ihn auf das Gestell das an der Wand dafür angebracht ist. Den Verstorbenen richten wir dann nochmals, falls er beim Transport verrutscht ist. Die Decke wird schön ausgebreitet und falls gewünscht noch Blumenschmuck im Sarg angebracht usw.

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In den nächsten Tagen und am Tag der Bestattung können die Angehörigen Abschied nehmen. Wenn sie es dem Friedhofswärter sagen, ansonsten eine Viertelstunde vor der Bestattung wird der Deckel aufgelegt und zugeschraubt.

Alles ganz normal.

In diesem Fall kommt der Tag der Beerdigung, früh morgens geht die Witwe auf den Friedhof, um zu schauen, ob ihr Mann auch „schön im Sarg liegt“, wenn nachher die ganzen Leute kommen. Sie stellt aber fest, daß der Deckel auf dem Sarg liegt und zugeschraubt ist.
Der herbeigerufene Friedhofswärter ist sich keiner Schuld bewußt, er hat den Deckel nicht verschlossen. Aber er kann den Deckel nicht abnehmen, er KANN nicht. Der Deckel sitzt trotz gelöster Schrauben bombenfest auf.

Also ruft er uns an, ein Mann von uns fährt hin und stellt fest, daß der Deckel mit einem Klebstoff verschlossen worden ist.
Jemand hat den Deckel ringsum mit einer Wulst aus Silikonkleber (o.ä.) zugeklebt.

Unser Mann hat mehr als eine halbe Stunde gebraucht, um mit einem Teppichbodenmesser den Deckel wieder aufzuschneiden. Die Klebstoffwulst ließ sich dann recht einfach entfernen.

Es ist am Verstorbenen nichts zu erkennen, es fehlt nichts, es wurde nichts dazugelegt, aber es ist auch nicht zu erklären wer den Deckel (gestern?) und warum zugeklebt hat.

Da hat die Witwe wohl noch Aufklärungsarbeit in der Familie zu leisten, wozu sie fest entschlossen ist. Miss Marple, sozusagen.

Hashtags:

Ich habe zur besseren Orientierung noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels zusammengestellt:

#anders #deckel

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(©si)