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Der alte Friedhof

orgel

Hallo Tom!

Dein Hinweis auf das Entwidmen von Friedhöfen war mein Stichwort.

Mit meiner Frau bin ich Anfang des Jahres endlich ins Eigenheim gezogen.
Direkt an einem entwidmeten Friedhof. „80 Nachbarn, alle ruhig“ wie der
Vorbesitzer den Friedhof kommentierte.

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Der Friedhof liegt zentral in einem Dorf mit knapp 1100 Einwohnern. Der
neue Friedhof liegt am Ortsrand.

Eines morgens kam ich mit dem Hund nachhause und traf den Rentner der
sich derzeit um den alten Friedhof kümmert. Da ich neu im Dorf bin,
nutzte ich die Gelegenheit zu einem kleinen Plausch.

Nach gut einer Stunde hatte ich dann eine Führung über den Friedhof
bekommen und u.a. den Schuppen besichtigt, in dem der Rentner alte
Grabsteine aufhebt.

Vielleicht sind ja einige meiner Eindrücke für Dich interessant:

Der Rentner hatte kein Problem damit, dass mein Hund schnuppernd über
den Friedhof lief. Ich hielt den Hund zwar bei mir. Aber wie sagte er“
Es ist doch kein Friedhof mehr….“
Naja ich sah das etwas anders.
Auch wenn der Friedhof entwidmet ist, stehen immer noch 40 bis 50
Grabsteine dort und einige der verbliebenen Gräber sind auch gepflegt.

Die Gemeinde hat wohl vor einigen Jahren die Angehörigen der Gräber
angeschrieben, und zur Zahlung einer gewissen Summe aufgefordert bzw.
bei Nichtzahlung zur Räumung des Grabes aufgefordert.

Da die Summe nicht gerade niedrig war, wurden einige Gräber
geräumt. Anschliessend hat der Rentner wohl einen Grossteil der Gräber
auf Sich bzw. die Ortsgruppe der CDU überschreiben lassen. (geht das
überhaupt?) Und nun kümmert er sich um die Gräber.

Die letzten Beerdigungen waren in den 1960er Jahren, aber da wurden nur
noch Familiengräber „nachbesetzt“. Den neuen Friedhof gab es da schon
längere Zeit.
Auch holt der „Pfleger“ mittlerweile die Grabsteine vom neuen Friedhof,
wenn die Gräber abgelaufen sind, auf den alten Friedhof, um eine Art
Familienzusammenführung durchzuführen.
Er selber hat wohl als Kind die letzten Beerdigungen auf diesem Friedhof
als Messdiener begleitet. (Toller Nebeneffekt: Schulfrei in der ersten
Stunde…) Und es finden sich viele der Namen der „grossen“ Familien des
Dorfes. Und die möchte er erhalten.

Er erzählte, dass in unserer Gemeinde Kinder, im Einsatz gefallene
Soldaten und Priester ein ewiges Liegerecht haben. Alle Drei Gruppen
sind aus Kriegszeiten in grösseren „Mengen“ vertreten. Ihm sei noch
nicht klar, wie die Gemeinde denn dann den Friedhof auflösen wolle.

Die gefallenen Soldaten stammen wohl zum Großteil aus dem Notlazarett,
dass damals in der Grundschule eingerichtet war. Hier wurden Soldaten
verarztet, die in der Schlacht im Hürtgenwald verwundet wurden.

Betroffen gemacht hat mich das Grab einer unbekannten Polin, die auch
zu Kriegszeiten im Dorf als Haushälterin oder so tätig war, und von der
nur der Vorname bekannt ist. Ich finde es schade, dass da evtl.
Verwandschaft nicht informiert werden konnten. Aber wahrscheinlich hatte
man damals andere Sorgen.

Ein Familie hat sich ein grösseres Grab geleistet, und der katholischen
Kirche einige Hektar Land vermacht unter der Auflage, dass die Familie
dort ein ewiges Liegerecht erhält und die Kirche sich genauso ewig um
die Grabpflege kümmert. Seitdem der Friedhof entwidmet ist, sagt die
Kirche, es gibt nichts mehr, was gepflegt werden müsse.

Kannst du zu diesem Ewigen Liegerecht ein bisschen mehr erzählen?

Außerdem erzählte mein Führer, dass es wohl lange üblich war, das
monatlich eine Summe für den Grabstein zurückgelegt wurde, damit man
irgendwann dann nen ordentlichen Stein bekommt. Das war aber auch noch
in seinen Jugendzeiten.
Zu den Steinen und ihren Materialien hat er auch einiges erzählen
können, aber das habe ich mir nicht alles gemerkt. Aber es waren einige
schöne Steine dabei. Ich war kurz davor zu fragen, ob ich einen für mich
haben könne, habe mich dann aber nicht getraut. Er sprach von sich aus
davon, dass einige der Steine noch gross genug wären, um wiederverwendet
werden zu können.

Früher war der Friedhof ein richtiger Kirchhof, man kann an der Form
noch sehen, wo die Kirche stand, dort läuft der Friedhof spitz zu.
Da man es auf Googlemaps leider nicht gut erkennen kann spare ich mir
den Link.

Für mich war diese Stunde auf dem Friedhof hoch interessant.
Ich hoffe, ich konnte ein wenig davon weitergeben.

Viele Grüße

Christian

PS: Veröffentlichung ist natürlich kein Problem wenn du willst. Kürzen
ist für mich auch kein Problem und Ergänzungen deinerseits sowieso nicht.

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