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Der Bestatter wartet auf sein Geld: Mörder kann nicht bezahlen und Behörden trödeln

Ein Bestatter hält eine Rechnung in Händen. Im Hintergrund eine nicht näher erkennbare Person. Das Bild zeigt in phanatsievoller Zusammenstellung einen Gefängnishof und einen Friedhof gleichzeitig.

Folgendes ist in Göttingen passiert: Ein Mann bringt seine Frau um und kommt ins Gefängnis. Ein Bestatter übernimmt die Bestattung der Getöteten und bleibt nun vorerst auf den Kosten sitzen.

Die Sachlage ist recht klar, der Täter muss die Kosten tragen: https://bestatterweblog.de/muss-ein-moerder-die-beerdigung-seines-opfers-bezahlen/
Das muss er, weil er der Verursacher ist und in diesem Fall auch, weil er der nächste Angehörige ist.

Doch der Mann sitzt in Haft, es ist unklar ob, wie und wann er in der Lage sein wird, überhaupt etwas zu bezahlen. So wendet sich das Bestattungsinstitut an die Behörden und bittet frühzeitig um gute Zusammenarbeit und möglichst rasche Erledigung.

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Dem Webdienst MSN ist das eine Meldung wert:

Nach gewaltsamen Tod (sic!) von vierfacher Mutter: Streit um Beerdigungskosten

Mehr als zwei Monate nach dem gewaltsamen Tod einer 34-jährigen Mutter von vier Kindern in Göttingen wartet das Bestattungsunternehmen immer noch darauf, dass das Sozialamt der Stadt Göttingen ihm die Kosten für die Beerdigung erstattet.
Der tatverdächtige 39-jährige Ehemann wurde nach dem Femizid festgenommen und sitzt seither in Untersuchungshaft.

Der Bestattungsunternehmer bat am 13. Mai bat in einer E-Mail, sowohl das Jugendamt als auch das Sozialamt um „Feedback und gegenseitige Unterstützung“ bei der Bearbeitung des Antrags auf Kostenübernahme.
Sieben Wochen später erhielt er die Auskunft, dass das Jugendamt bislang dem Sozialamt nicht geantwortet habe. Auch drei Wochen später ist immer noch nichts entschieden: Der Antrag befinde sich noch in der Bearbeitung.

Das Hinauszögern der Erstattung sei nicht akzeptabel, meint die eingeschaltete Rechtsanwältin Helen Wienands. Aufgrund der Bestattungspflicht habe sich das Beerdigungsinstitut entgegenkommenderweise dazu bereit erklärt, die Getötete zu bestatten. „Das Unternehmen hat Mitarbeitende zu bezahlen und kann nicht weitere Monate auf die ihm zustehenden Gebühren verzichten.“ Die Anwältin hat jetzt dem Sozialamt eine Frist gesetzt. Sollten bis dahin die Gebühren nicht beglichen werden, werde sie rechtliche Schritte einleiten.

Dabei ist dieses Ereignis eigentlich nichts Besonderes und ringt erfahrenen Bestattern nur ein müdes Gähnen ab.

Wartezeiten von über einem Jahr, bis das Sozialamt oder eine andere Behörde endlich dem Bestatter den Rechnungsbetrag überweist, sind in manchen Regionen überhaupt keine Besonderheit.
Ein gutes halbes Jahr ist eher die Normalität, als eine Besonderheit.

Für den Bestatter ist neben der langen Zeit, in der er Tausende Euro vorstrecken muss, auch die Ungewissheit belastend, denn oft genug weigern sich die Behörden oder schieben sich gegenseitig die Verantwortung zu.

Neben dieser behördlichen Vertrösterei haben Bestatter auch immer wieder mit Kunden zu tun, die sich nach Erhalt der Rechnung einfach nicht mehr daran erinnern mögen, dass sie vor wenigen Wochen noch gesagt haben: „Geld spielt keine Rolle, wir zahlen alles.“

Die allermeisten Kunden zahlen anstandslos und pünktlich. Aber das ist ja auch im Grunde etwas, das gar nicht erwähnt werden muss, weil es einfach selbstverständlich und grundlegender Bestandteil des abgeschlossenen Geschäfts ist.
Bemerkenswerter ist die steigende Zahl von Zahlungsausfällen.

Es gibt ja durchaus Gründe, die dazu führen können, dass am Ende doch nicht so viel Geld zur Verfügung steht, wie der Auftraggeber es in seiner Trauer ursprünglich mal gedacht hat. Sei es, dass er auf dem Konto des Verstorbenen fette Kohle wähnte, die nicht da ist. Sei es, dass er die Kosten in ihrer Gesamtheit aus den Augen verloren hat oder sei es, dass es in der Familie hinterher Streit gibt. Es mag noch viele andere Gründe geben, manche davon sind besser und nachvollziehbarer, andere wiederum eher nicht.

Wie dem auch sei: Der Bestatter kann am wenigsten dafür, muss aber in der Gesamtheit oft bis zu sechsstellige Beträge „schieben“.

Tritt ein solcher Umstand ein, der einen daran hindert, die Bestatterrechnung ganz oder teilweise zu bezahlen, sollte man sich sofort an den Bestatter wenden und die Sache nicht aussitzen.
Viele Bestatter bieten Ratenzahlungsmöglichkeiten an oder finden gemeinsam mit den Betroffenen eine andere Lösung.

Vor diesem Hintergrund ist es übrigens auch nicht verwunderlich, dass immer mehr Bestattungsunternehmen dazu übergehen, ihre Rechnung an Factoring-Unternehmen „zu verkaufen“.
Der Bestatter tritt hierbei seine Rechnung an diesen Finanzdienstleister ab. Er erhält sofort seinen Rechnungsbetrag abzüglich einer gewissen Bearbeitungsgebühr.
Danach hat er mit der Rechnung nicht mehr viel zu tun: Das Factoringunternehmen kümmert sich um die Realisierung des Rechnungsbetrages. Auch diese Unternehmen bieten zumeist eine Ratenzahlungsmöglichkeit an und im Zweifelsfall sind sie in der Durchführung von Mahnverfahren sehr gewieft.

Bildquellen:
  • goettingen: Peter Wilhelm ki


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Lesezeit ca.: 6 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 20. August 2024

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