In Diepholz streitet man sich derzeit um Grabsteine. Die Diepholzer Auseinandersetzung könnte maßgebende und weitreichende Bedeutung auch für andere Friedhöfe in ganz Deutschland haben. Deshalb wollen wir einmal gemeinsam überlegen und diskutieren, um was es da eigentlich geht.
Grabsteine werden nach bestimmten Richtlinien des Steinmetzhandwerkes gefertigt. Demnach müssen die dazu verwendeten Teile eine bestimmte Stärke haben. Jetzt hat aber ein Steinmetz auf einem Grab in Diepholz ein Grabmal montiert, das aus zusammengeklebten 2 cm starken Platten besteht. Diese dünneren Platten sind im Vergleich zum dickeren Material günstiger, leichter zu transportieren und zu verarbeiten und könnten theoretisch auch von Nichtsteinmetzen montiert werden.
Das passt natürlich der Konkurrenz des in Rede stehenden Steinmetzes nicht und deshalb streitet man sich jetzt in Diepholz um die Frage, ob eine dicke Grabsteinplatte aus dickem massivem Material bestehen muß oder auch aus mehreren dünneren Platten zusammengeklebt werden darf.
Überlegen wir doch einmal:
Der Grabstein, das dazugehörige Fundament und die Einfassung des Grabes, das sind Positionen, die lange Zeit nach der Bestattung noch einmal für gehörige Kosten sorgen. Manche Familien müssen für die Anlage des endgültigen Grabes noch einmal soviel aufwenden wie für die komplette Bestattung.
Kein Wunder, daß es immer mehr Gräber gibt, auf denen jahrelang die provisorischen Holzkreuze des Bestatters stehenbleiben und es immer mehr Kunden gibt, die sich dieses Kreuz noch einmal frisch beschriften und lackieren lassen, weil sie einfach das Geld nicht haben, um 2.000 oder 4.000 Euro für ein Grabmal auszugeben.
Wie schön und praktisch wäre es da, wenn es ein Grabmal aus vorgefertigten, leicht handhabbaren Teilen gäbe, das folgende Bedingungen erfüllt:
1. Die Grabmale sind aus 2 cm starken Platten vorgefertigt, die durch eine Klebetechnik an den entsprechenden Stellen zu 4 oder 6 oder 8 cm starken Platten zusammengefügt werden.
2. Die Bauteile sind so günstig, daß die Kosten hierfür unter denen von Grabsteinen liegen die in Indien von Kindern gefertigt werden müssen.
3. Da das Grabmal nicht mehr aus dem Vollen, dem massiven Stein gefertigt wird, ist sie Teil der Plattenproduktion und -verarbeitung, die z.B. auch Fliesenleger beherrschen.
4. Die Grabsteine könnten kostengünstig aus Resten von nicht mehr benötigten Plattenabschnitten der Großplattenproduktion gefertigt werden.
5. Baubetriebe, Bestatter, Friedhofsgärtner, Landschaftsgärtner, Bausteinmetze, Friedhofsmitarbeiter und andere Firmen des Bau- und Baunebengewerbes können diese Grabmale montieren.
6. Die Grabmale können quasi als vorgeschnittener Bausatz vertrieben werden und sogar von Nichtsteinmetzen aufgebaut werden.
7. Beschriftungen können durch Gießereien für Metallschriften oder geklebte Einzelbuchstaben leicht hergestellt werden.
8. Es ist sogar ein Vertrieb über das Internet, Baumärkte und Gärtnereien denkbar.
Hier ein grafisches Beispiel, auf dem man deutlich erkennen kann, wie beispielsweise eine Grabumrandung aus mehreren dünneren Streifen zusammengefügt wurde:
Nun streitet man sich also in Diepholz und zwar dergestalt, daß es der Friedhofsverwaltung zunächst einmal egal zu sein scheint, ob die erforderlichen Zentimeter für einen Grabstein nun aus dem Vollen ‚geschöpft‘ wurden oder aus mehreren dünnen Platten zusammen’gestoppelt‘ werden.
Dem hält aber nun ein Sachverständiger allerlei Bedenken entgegen. Vor allem moniert er, entspreche dieses Verfahren nicht der Handwerkskunst der Steinmetze.
Leider wird ihm von der zunftoberen Vereinigung der Steinmetze der Wind aus den Segeln genommen, die auch keinen Verstoß erkennen kann.
Was bedeutet das für den Kunden?
Nun, im Endeffekt könnte es tatsächlich einmal soweit kommen, daß man Grabsteine erheblich günstiger bekommen kann.
Man darf einfach mal gespannt sein, was bei der Sache herauskommt.
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Da erfährt man aus dem großen weiten anonymen Internet, was die Bürokraten der Heimat wieder verbocken…
Endlich Multiplexkanten am Grabstein. Und wenn man den Kleber wieder lösen oder die Platten auch verschrauben könnte, müsste man nur die beschriftete Platte austauschen oder gar nur wenden, um den Stein wiederzuverwerten. Aber weshalb nur Platten? Warum nicht verklebte oder auf Seile oder Stangen aufgereihte Pflastersteine mit Einzelbuchstaben? Oder dreidimensionale Mosaiken aus Kieseln oder Schotter? Oder ein mittels Kunstharz ausgehärteter Sandkasten mit Handabdrücken der Hinterbliebenen? Etwas mehr Phantasie bitte!
Ich empfehle http://www.selezione.ch/friedhof.htm „Ruhe sanft aus Kinderhand“ und ähnliche Seiten über den Einsatz von Kindern bei der Stzeinherstellung in Indien.
Ein Steinmetz. der dieses Material nicht einkauft, ist nicht konkurrenzfähig und kann gleich zumachen.
Trotzdem sperren sich unsere Kommunalpolitiker aus entgegenkommendem Gehorsam gegenüber den Steinmetzen, alternative Matzerialien zuzulassen.
Über den verfügten Abbau von Edelstahlgrabmalen gab es ja hier bereits mehrere Beiträge.
ich finde die Idee gut! Ein guter Steinmetz wird sich allerlei gestalterische Möglichkeiten ausdenken. Freistellungen in der vordersten Platte, Relieffe, was weiß ich. Neuerungen gibt es in jedem Handwerk, und immer ist es so, daß die einen den Teufel darin sehen, und die anderen erkennen die neuen Möglichkeiten. Wenn der Wind weht, bauen die einen Mauern und die anderen Windmühlen, oder so ähnlich.
.. oder ist das gar nichts aus Diepholz und „das“ Diepholz heisst in Wirklichkeit Stenkelfeld? 🙂
Naja..selbst aufstellen wird wohl trotzdem schwer durchführbar sein. Man darf das Fundament nicht vergessen.
Ich spreche mal meinen Bruder auf das Thema an, seines Zeichens Steinmetz. Mal sehen was der dazu sagt.
@hajo: Nene, Diepholz (meine alte Kreisstadt) gibts und ist wirklich so. Ich musste ein wenig schmunzeln, denn die Stadt und deren „oberen 10000“ hat es in den letzten 30 Jahren hinbekommen, wirklich nahezu alles, was mit der Stadt zu tun hat per Bürokratie und Kungelei herunter zu wirtschaften. Da ist diese kleine Geschichte sehr amüsant und passt gut ins Bild.