Menschen

Der Held

„Geht da noch was am Preis?“

Ich schaue den Kunden zunächst nur verwundert an, es kommt zwar immer mal wieder vor, daß jemand verhandeln möchte, aber ehrlich gesagt ist das in unserer Branche doch noch eher die Ausnahme. Obwohl…
Hinterher wenn dann die Rechnung kommt, dann fragen die Leute doch schon mal, ist ja auch ihr gutes Recht, es geht ja auch um eine Menge Geld.

Aber der Kunde steht da vor einem Sarg in den in einer halben Stunde seine Mutter eingebettet werden soll und will wissen ob er statt der ausgepreisten 750 Euro nicht auch nur 500 bezahlen kann. Nö, kann er nicht, bis 699 wäre ich runtergegangen, aber unter Wert mag ich auch nicht verkaufen.

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Erstaunlicherweise gibt er beim Sarg sofort auf, akzeptiert mein Nein und versucht es dann bei der Urne erneut: „Aber die krieg ich jetzt für 50.“

Die Urne kostet im Einkauf 29 Euro, ich habe sie für 50 da stehen, das heißt er bietet mir genau den Preis, den wir auf das Preisschild geschrieben haben. Deshalb deute ich auf die Urne, um ganz sicher zu gehen, daß er auch wirklich die meint und frage: „Die hier?“

Er nickt und fragt nochmals: „Geht die für 50?“

Ich bin immer noch verwundert und bestätige unsicher lächelnd: „Ja sicher, die kostet genau 50.“

„Sehen Sie, es geht doch!“

„Aber Ihnen ist schon aufgefallen, daß die sowieso 50 kostet, oder?“

Der Mann geht gar nicht darauf ein, sondern steuert auf die Decken und Kissen zu. Er entscheidet sich für etwas dicker Gepolstertes in weiß mit schönen schrägen Steppnähten. Verkaufspreis 87 Euro.

„Was geht denn da noch runter?“

Ich seufze, aber ich seufze vor allem weil ich immer noch nicht kapiert habe, was der Mann für ein Spiel mit mir spielt. Will der mich auf den Arm nehmen? Bis jetzt hat er noch keinen einzigen Cent Rabatt herausgeschlagen.
Doch mein Seufzen reicht, er gibt schon wieder auf.

„Na, lassen wir es mal gut sein“, sagt er, „Sie sind mir ja schon genug entgegengekommen.“ Er setzt eine Gönnermiene auf.

Wir gehen zurück ins Beratungszimmer wo seine Frau bei Sandy sitzt und die erforderlichen Angaben für die Erledigung der Formalitäten macht. Sie wollte nicht mit ins ‚Sarglager‘, „Puh, da graust’s mir.“

„Und?“ fragt die Frau ihren Mann und er reckt den Daumen der rechten Hand nach oben: „Hab kräftig verhandelt, passt schon!“

Es war also alles nur ein Scheingefecht, um seiner Frau sagen zu können, wie heftig er verhandelt hat, im Grunde waren ihm die Preise egal. Ich beschließe, noch eins drauf zu setzen und wische mir gespielt den nicht vorhandenen Schweiß von der Stirn und sage zu der Frau: „Meine Güte, so einen harten Verhandlungspartner hatte ich selten, ein harter Brocken, ihr Mann!“

Sie strahlt und ihre Augen leuchten, als sie ihren Mann anschaut.

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(©si)