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Der Pfarrer, der kost‘ nix!

orgel

Zu meiner Kostenaufstellung, die auch Gelder und Trinkgelder für Pfarrer/Redner enthält, merkt Leser Tim an:

Pfarrer kosten nix! Redner schon (hier in Berlin um die 150 €, inkl. Vorgespräch). Und Pfarrer nehmen auch kein Trinkgeld. Sind aber für eine Spende zugunsten eines wohltätigen Zweckes der Kirchengemeinde durchaus dankbar!

Dazu ist allerdings zu bemerken:

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Das ist eine Fehleinschätzung, die ich schon sehr häufig gehört habe.
Es ist durchaus richtig, daß Pfarrer zunächst einmal normalerweise für ihre Bemühungen anläßlich des Todesfalles eines Gemeindemitgliedes keine Bezahlung erhalten. Jedoch gibt es zahlreiche Modelle, die dafür sorgen, daß die Pfarrer doch eine gewisse Form der Entschädigung erhalten. Ob sie diese nun für eigene Zwecke oder für Zwecke der Gemeinde verwenden, entzieht sich meiner Kenntnis. Ebenso kann kein Mensch wirklich überprüfen inwieweit derartige Zahlungen -wie oft behauptet- immer ganz freiwillig und aus eigenem Antrieb von den Angehörigen geleistet werden.

Sehr beliebt, vor allem im südlichsten Deutschland, ist das Lesen von Messen. Wer da nicht gleich beim ersten Trauergespräch eine gewisse Anzahl von Messen für seinen lieben Verstorbenen „bucht“, der darf sich -wie mir eindrücklich mehrfach berichtet wurde- einer besonders fürsorglichen Behandlung oft nicht sicher sein.

Anderswo schlägt ein „Kirchgeld“ zu Buche, das sind Beträge zwischen 80 Cent und 50 Euro für das Läuten der Glocken, das Aushängen von Partenzetteln am Kirchenschaubrett oder das Erwähnen des Todesfalles in den Gemeindeneuigkeiten.

Sehr bekannt ist auch das „süddeutsche Taxigeld“; hier verlangen ganze Heerscharen von Pfarrern Beträge zwischen 30 und 50 Euro für ihr Wegegeld. Sie fahren damit entweder Taxi oder lenken selbst und stecken das Geld ein. Begründung eines Pfarrers: Er müsse sich auf der Fahrt im Taxi noch mental auf die Trauerfeier einstellen, das könne er im eigenen PKW nicht. Erstaunlicherweise läßt sich, und das weiß ich aus eigener Anschauung aus einer völlig anderen Region, ein Pfarrer sogar mit dem Taxi von seiner Wohnung zum Friedhof fahren, obwohl es nur gut 300 Meter sind.

Untergekommen ist mir persönlich auch schon ein Vertreter des geistlichen Standes der in meinem Beisein den Angehörigen die Frage stellte, ob sie eine „normale Trauerrede 08/15“ wollen oder lieber eine „liebevoll ausgearbeitete und sehr persönliche Ansprache“. Von Kosten sagte er natürlich nichts, aber es kam natürlich sofort von Seiten der Angehörigen die Frage, wo den da rein finanziell der Unterschied sei. Die Antwort lautete sinngemäß, daß man für die Trauerpredigt nichts nehme, es aber durchaus üblich sei, daß die Familie was gibt: „Jeder so wie er es kann.“

Ein anderer Pfarrer sagte einmal nach der Trauerfeier auf die Frage hin, ob er denn auch was annehme: „Solange es nicht klimpert, sondern knistert…“

Es ist durchaus auch vollkommen falsch, daß Pfarrer kein Trinkgeld annehmen. Sicherlich halten sie nicht die Hand auf und verstellen den Angehörigen den Weg, so wie es manche Friedhofsmitarbeiter schon getan haben, aber ich habe es oft genug selbst gesehen, daß sie von kleinen Klimpergeld bis hin zu großen Scheinen Geld angenommen haben.

Dies soll überhaupt keine Schimpfe oder Bloßstellung sein. Ich sage es immer wieder: Jede Mühe verdient ihren Lohn. Und wenn jemand mit einer Dienstleistung, auch wenn sie an sich kostenlos ist, sehr zufrieden war, warum sollte er sich nicht auch finanziell dafür erkenntlich zeigen? Es geht darum, aufzuzeigen, daß es Quark ist, wenn da behauptet wird, Pfarrer bekämen nichts, forderten nichts, nähmen nichts.

Ich weiß, daß das sehr vielen Pfarrern -jeglicher Konfession- sauer aufstößt, wie sich manche Amtsbrüder da verhalten. Bei ihnen stoßen diese Praktiken auf Unverständnis und großes Kopfschütteln. Mag sein, daß die hier aufgezählten und erlebten Praktiken nur die schwarzen Schafe anbetrifft, kann aber auch sein, daß das nur die Spitze des Eisberges ist, ich weiß es nicht.

Ich lasse es nach wie vor dahingestellt, wie die Pfarrer das eingenommene Geld verwenden, darüber weiß ich nichts.

Überdies kenne ich Pfarrer, die sämtliche Beerdigungen in ihrer eigenen Gemeinde kostenfrei abhalten, gerne aber auch in andere Gemeinden gehen und dann sozusagen als freie Trauerredner fungieren und sich das mit bis zu 350 Euro bezahlen lassen.
Abgerechnet wird das über das Bestattungshaus, der Pfarrer nimmt das Wort Euro gar nicht in den Mund, das erledigt sowohl bei der Preisabsprache, als auch beim Kassieren alles der Bestatter.

Wenn da was genommen wird, dann ist das in meinen Augen vollkommen okay. Wenn da jemand etwas geben will, dann finde ich das auch in Ordnung. Mich ärgert nur manchmal diese Scheinheiligkeit mit der nach außen hin so getan wird, als sein man ein Gottesmann, der quasi nur für Gotteslohn und Kirchensteuer arbeite und hinterher sind diese sanften Brüder dann bei uns Bestattern hinter 12,50 Euro her, wie der Teufel hinter der armen Seele.

Hashtags:

Ich habe zur besseren Orientierung noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels zusammengestellt:

#kost' #nix! #pfarrer

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(©si)