Allgemein

Der Schnitzelfriedhof

Ich treffe tagtäglich auf Menschen, auf viele Menschen. Manche von ihnen haben lange Nasen, viel zu große Ohren, krumme Beine. Andere schielen, haben eine komische halbseitige Glatze oder ein Kinn wie König Drosselbart. Sehr viele haben eine Ansammlung von Zähnen im Mund, die die Bezeichnung Gebiss gar nicht verdienen und wieder andere schmücken sich mit einer Kakophonie aus Haaren und nennen das dann auch noch Frisur.

Als diese Leute begegnen mir und ich bin nett und freundlich zu ihnen, niemals käme ich auf die Idee, sie auf ihre besonderen Merkmale anzusprechen.

Warum aber glaubt nun jeder, er dürfe mich einfach so auf meinen Bauch ansprechen?

Werbung

„Wann ist es denn soweit?“ ist noch die blödeste aller Fragen, mit der auf mein Bärenstübchen hingewiesen wird und manch einer fühlt sich sogar dazu eingeladen, mir mit der flachen Hand auf mein Delikatessgewölbe zu klopfen und irgendeinen noch blöderen Kommentar dazu abzugeben.

Die Neureiters gehören zu diesen Leuten. Bei ihnen war ich gestern und schon beim Türöffnen kam von ihm der erste Spruch: „Vorsicht, erst kommt ein Bauch, dann kommt ein Mann!“
Und sie fällt meckernd in sein Gelächter ein, sagt abmildernd: „Ein Mann ohne Bauch ist wie ein Fisch ohne Fahrrad“, lacht wieder meckernd und fügt dann noch hinzu: „Männer mit Bauch sind immer so gemütlich.“

Gemütlich? Ha! Wenn die wüßte, daß ich zwischen Kleinhirnrinde und Großhirn imaginär schon die Messer schleife und mir Gedanken darüber mache, wie ich die beiden hinterher zerteilen werde…

Die stempeln mich also gleich ab. Nehmen allein mein Äußeres, meinen es sei angebracht, sich darüber auszulassen und ich müsse das klaglos hinnehmen. Dabei sieht sie aus wie ein Eimer und er wie ein Jutebeutel, scheiße eben.

„Wir haben ja enorm abgenommen! Also wir essen seit anderthalb Jahren keine Kohlehydrate mehr. Ich keine Kohlehydrate und er nur Kohlehydrate und dafür kein Fett. Ich ess‘ ja auch keinerlei Fleisch mehr und der darf Fleisch ohne Ende. Ich trinke bis zu 3 Liter Fencheltee am Tag und mein Mann darf überhaupt nur Ziegenmilch aus den Pyrenäen, dafür aber kein einziges Ei. Ich dürfte Eier, aber weil die vom Tier sind, ess ich die auch nicht. Sie glauben ja gar nicht wie eklig so Sachen vom Tier sind, wenn man sich mal dran gewöhnt hat. Ich koche jetzt viel bewußter, manchmal stellen wir uns schon um 9 Uhr in die Küche, damit wir um 12 Uhr fertig sind. Nur noch Frischeprodukte aus regionalem Anbau und alles ökologisch biologisch und nachhaltig. Sowieso, nachhaltig ist ganz wichtig. Nur nichts aus der Fabrik, das macht uns krank.“

Och, da hab ich lieber einen Bauch.

Hashtags:

Ich habe zur besseren Orientierung noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels zusammengestellt:

Keine Schlagwörter vorhanden

Lesezeit ca.: 4 Minuten | Tippfehler melden | Revision:


Hilfeaufruf vom Bestatterweblog

Das Bestatterweblog leistet wertvolle Arbeit und bietet gute Unterhaltung. Heute bitte ich um Deine Hilfe. Die Kosten für das Blog betragen 2025 voraussichtlich 21.840 €. Das Blog ist frei von Google- oder Amazon-Werbung. Bitte beschenke mich doch mit einer Spende, damit das Bestatterweblog auch weiterhin kosten- und werbefrei bleiben kann. Vielen Dank!




Lesen Sie doch auch:


(©si)