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Die ersten Stunden und die Leere

Wir erinnern uns noch an Frau Schaltrunk und ihren Käsekuchen.
Am Rande erzählte ich von ihrem Bedürfnis, in diesen schweren Stunden nicht allein sein zu wollen. Das aber kommt gar nicht so selten vor und wird mir von vielen Witwen und Witwern als ganz besonders schwere Zeit geschildert. Auf einmal kommt der Anruf vom Krankenhaus, daß der Ehepartner verstorben ist oder er stirbt gar zu Hause und dann sitzt man da und weiß im ersten Moment überhaupt nicht, wie es weitergehen soll.

Und das bezieht sich auf das gesamte Leben, die komplette Lebensperspektive und natürlich auch auf die ersten Schritte, die jetzt nötig sind.
Viele alten Leute, aber durchaus auch nicht ganz so alte, sind heute alleine und haben niemanden, der ihnen hierbei wirklich zur Seite stehen kann. Die Kinder und anderen Verwandten leben oft weit weg und so ist man beinahe ohne jede Unterstützung.

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Manche kommen dann auf die abenteuerlichsten Ideen und entwickeln einen Aktionismus, der für Außenstehende nur schwer zu verstehen ist. Möglicherweise hat man sich über Wochen und Monate intensiv um den Lebenspartner gekümmert, ihn gepflegt und versorgt und nun entsteht eine Leere; man kann für ihn nichts mehr tun.
Jetzt muß doch aber irgendwas geschehen, irgendetwas muß man doch machen…

Eine Witwe ist vor geraumer Zeit mitten in der Nacht zum Bahnhof gegangen und wollte 300 Kilometer weit mit dem Zug in die Geburtsstadt ihres Mannes fahren, weil sie dort beim Standesamt die Geburtsurkunde abholen wollte. Eine andere Frau klingelte mitten in der Nacht den Hausmeister der Schule aus dem Bett, in die ihr Mann vor über 60 Jahren mal gegangen ist; sie wollte die Namen der Klassenkameraden erfragen, um denen einen Totenbrief schicken zu können. Ein Mann verständigte immerhin ganze 13 mal die Polizei und ließ sich auch durch die wirklich geduldigen Worte des Beamten am Telefon kaum beruhigen.

Wenn jemand gestorben ist, muß ein Arzt den Tod feststellen und bescheinigen. Im Krankenhaus und Pflegeheim wird das automatisch durch die Pflegedienstleitung veranlasst, zu Hause muß man selbst den Hausarzt oder den ärztlichen Notfalldienst (nicht den Rettungs-Notarzt!) verständigen. Man sollte bitte davon absehen, vor dem Eintreffen des Arztes irgendwelche Maßnahmen am Verstorbenen vorzunehmen.
Einerseits sollte vor dem gerne von Hauspflegeschwestern empfohlenen Zubinden des Mundes und Abdecken des Gesichtes mit einer Bettdecke sichergestellt sein, daß derjenige dem das widerfährt, auch wirklich ganz tot ist und andererseits würde etwa das Ankleiden des Toten mit seinem besten Anzug etc. die noch ausstehende sorgfältige Leichenschau erschweren.

Ist der Arzt da gewesen, bei Tod im Krankenhaus auch früher, kann man einen Bestatter seiner Wahl anrufen, der einen durch die nächsten Tage begleiten kann. Fühlt man sich hilflos und alleingelassen, sollte man als eines der wichtigsten Kriterien bei der Auswahl des Bestatters darauf achten, ob der einen gut in die nächsten Schritte einbindet und alles erklärt.

Für mich ist es mittlerweile etwa ein Viertel meiner Tätigkeit, den Hinterbliebenen Beistand zu leisten und immer wieder alles zu erklären, zuzuhören, selbst zu erzählen und Transparenz zu schaffen.
Alles was für uns aufgrund unserer Routine vollkommen normal ist, lohnt mit den Hinterbliebenen besprochen zu werden. Sie erleben das oft zu ersten Mal, wissen überhaupt nicht was hinter den Kulissen jetzt passiert und haben immer wieder Leerlauf, nach dem sie dann mit fertigen Ergebnissen konfrontiert werden.

Es kann durchaus sein, daß das genau das ist, was die Familie will. Sie bezahlt für eine Dienstleistung und möchte nur die Erledigung sehen und mit den Einzelheiten gerade nicht belastet werden. Aber oftmals ist es eben auch ganz anders. Da muß man hinschauen und zuhören, um herauszufinden, was da jeweils besser ist.

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(©si)