Ich finde es gut, daß man auch Totgeburten, Frühchen, Frühverstorbene, still Geborene -man nenne es wie man mag- bestatten lassen kann. Die bisher oft gepflegte Praxis der Entsorgung über den Klinikmüll war nicht das, was ich mir unter dem würdevollen Umgang mit einem toten Menschen vorstelle. Immer wieder haben wir Fälle in denen bei einem verstorbenen Erwachsenen, den wir aus einem Krankenhaus abholen, ein kleines Bündel mit unten an den Füßen liegt, das wir ohne großes Theater einfach mitbestatten. Es ist dann so ein Wurm.
Ich stelle mir dann immer, leicht schöndenkend, vor, daß beide dann nicht so allein sind im Grab.
Es gibt ganz viele Fälle, da nimmt die Trauerarbeit bei den Eltern die einen solchen Verlust erlitten haben, eine dramatische Entwicklung, weil eine Abschiednahme und die eigentliche Trauerarbeit gar nicht vollzogen werden kann. In diesen Fällen ist es gut und wichtig, daß es jetzt immer mehr Möglichkeiten gibt, auch diese Kinder zu bestatten usw.
Hier im Weblog prallen derzeit zwei Strömungen aufeinander. Auf der einen Seite sind es die, die Totgeburten als Sternenkinderlein benennen und auf der anderen Seite die, die das als „esoterisches Geschwurbel“ abtun und sich gefallen lassen müssen, deshalb als Troll bezeichnet zu werden.
Es ist nunmal für einen Mann sowieso nicht nachvollziehbar, was in einer Frau vorgeht, wenn sie schwanger ist. Die Frau an sich zu verstehen, ist für einen Mann schon nahezu unmöglich; vollkommen unmöglich wird das, wenn der female Teil eines Paares hormonellen Schwankungen und Einflüssen ausgesetzt ist. Glücklicherweise kommt das ja nur einmal im Monat vor…
Ich habe insgesamt wirklich vollstes Verständnis für Mütter (und es sind vor allem die Mütter) die unter dem Verlust eines Kindes in besonderer Weise leiden. Und als Bestatter ist es meine Aufgabe, auch diese Menschen durch ihren Trauerprozess zu begleiten und alles so abzuwickeln, wie es sich der Kunde vorstellt.
Allerdings bin ich sowohl bei alten, wie auch bei jungen Menschen der Meinung: tot ist tot.
Ja, nur wer vergessen wird, der ist wirklich tot, alle anderen leben in unseren Erinnerungen weiter.
Nur, welche Erinnerungen hat man an ein Kind, das man -wenn überhaupt- nur ein paar Sekunden/Minuten gesehen hat?
Fassen wir also den Begriff ein wenig anders und sagen statt Erinnerung lieber Andenken. Man ehrt also das Andenken an einen kleinen Menschen, dem es nicht vergönnt war, lebend auf diese Welt zu kommen.
Für die weiteren Betrachtungen muß man aber nun wissen, daß es keineswegs so ist, daß nun alle Mütter/Väter/Eltern eine Bestattung ihres totgeborenen Kindes wollen. Doch recht viele Eltern wollen so schnell wie möglich damit abschließen und viele Frauen wollen das Kind auch gar nicht sehen.
Es wäre also falsch, es so darzustellen, als ob nun alle Eltern/Mütter von totgeborenen Kindern eine umfangreiche zeremonielle Trauerarbeit beginnen. Das ist nur ein Teil der Betroffenen und nur ein Teil derer wiederum nennt seine toten Kinder Sternenkinder usw.
Kommen solche Eltern zu uns, helfen wir ihnen, so gut wir können, müssen aber immer häufiger feststellen, daß sich manche der Betroffenen eine art pseudoreligiöse Gedankenwelt, aufgrund von Internetforen und -seiten, errichtet haben und bestimmten Vorstellungen und Pseudoriten folgen, die für einen Außenstehenden oft nur schwer nachvollziehbar sind. Wir versuchen uns immer, so gut es geht, darauf einzustellen, wie wir uns auf alle Sonderwünsche der Kunden einzustellen versuchen.
Man merkt es es sicher aus meinen Zeilen heraus, daß ich einerseits Sympathien hege, andererseits mit manchem was da getrieben wird, nicht viel anfangen kann.
Wie jemand um ein totgeborenes Kind trauert, das ist seine Sache. Aber grundsätzlich ist es doch so, daß man einen Vater, eine Mutter, einen Opa oder eine Großmutter durch nichts ersetzen kann.
Die gemeinsam erlebten Jahre sind alles was einem bleibt, wenn so ein Mensch stirbt und das was dieser Mensch für einen getan hat, wird er nicht mehr für einen tun können.
Wie ist vor diesem Hintergrund ein totgeborenes Kind zu sehen?
Schon wenn ein Ehepartner stirbt, merke ich dem Hinterbliebenen oft an und sie sagen es mir auch klipp und klar, daß ihr eigenes Leben doch weitergeht und sie sich nach Ablauf einer angemessenen Zeit wieder einen neuen Partner suchen wollen. Am Anfang sind die Besuche auf dem Friedhof noch häufig und irgendwann, ich sehe dann einen neuen Lebensgefährten an der Seite dieser Menschen, nimmt das ab. Die Gräber bleiben weiterhin schön gepflegt, aber man hat losgelassen.
Und genau so sollte es auch bei toten Kindern sein.
Aus dem Bauch heraus würde ich immer den Rat geben, es sobald wie möglich wieder zu versuchen, ein Kind zu bekommen und sollte das nicht gehen, soll man sich bemühen ein Kind zu adoptieren.
Aber es ist nix, wenn man seine Liebe auf den Friedhof trägt.
Die Liebe gehört den Lebenden! Den Toten gehört das Andenken.
Hashtags:
Ich habe zur besseren Orientierung noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels zusammengestellt:
Danke, Tom!
„Die Liebe gehört den Lebenden! Den Toten gehört das Andenken.“
Soviel Weisheit in einem Weblog, Hochachtung!!!!
>Aber es ist nix, wenn man seine Liebe auf den Friedhof trägt.
>Die Liebe gehört den Lebenden!
Dem ist nichts hinzuzufügen!
Ich denke, ein wesentlicher Teil der Problematik, wenn ein (gerade geborenes) Kind stirbt, ist neben der Trauer auch der Selbstvorwurf, bzw. der Schmerz, „es nicht richtig gemacht“ zu haben, einfach nicht das geschafft zu haben, was tagtäglich unzählige Frauen schaffen: ein lebendiges Kind zur Welt zu bringen. Von daher sind ausufernde Abschiedsrituale auch als eine Form von „Wiedergutmachung“ zu verstehen (der verzweifelte Versuch dessen, schon klar oder?) und natürlich als Versuch, das Kind noch ein bisschen länger zu behalten. Und wenn Eltern schon bei lebendigen Kindern esoterisch werden, Erkältungen wegpendeln und auf Impfungen verzichten, wie sollen sie es dann in einer emotionalen Grenzsituation wie dieser nicht werden? Veranlagungssache, nehme ich an.
Wenn’s hilft…
Der Kritiker hat im Kern durchaus Recht, allerdings sind auch nicht alle Eltern Spinner, die ihrem Kind etwas mit ins Grab geben. Die zynische, menschenverachtende Art des kritikers, der hoffentlich kein Gynäkologe ist, fand ich sehr fehl am Platz, und es hat mir sehr Leid getan für die Briefschreiberin, die mit ihrer Anfrage das Thema überhaupt erst angestoßen hat. Ich finde ihre Initiative gut. Jedem hilft etwas anderes, und sie hat offenbar eine Möglichkeit gefunden, Eltern ein Stück ihrer Bewältigungsarbeit zu erleichtern.
Dass sie sich solchen Attacken gegenüber sehen muss, hat sie nicht verdient.
so ähnlich habe ich auch immer Gedacht…bis ich selber eine Fehlgeburt hatte.auch heute ca.9 jahre danach und drei weiteren Kindern überkommt mich ab und an eine sagen wir irrationale Traurigkeit wenn ich an dieses kleine wesen denke…ich erinnere den Moment in dem mir mitgeteilt wurde:tut mir Leid Frau….und wie in dem Moment die Welt in sich selber implodierte
Danach wurde es rausgekratzt aus mir … andere müssen ihr totes Kind gebären auf dem „natürlichen Weg und mit allen Schmerzen gebären…Ob gerechtfertigt oder nicht …Welten liegen in Scherben
Ich denke für eine Frau ist das Kind bei seiner Geburt schon 9 Monate alte.
die Sorgen des anfangs,das ziehen hier und da ,die körperlichen Veränderungen…Das leise „Flattern“.daß sich irgendwann in deutliches Strampeln verwandelt…die Schluckaufs….Es ist schon da…“irgendwie“
mann hat mit ihm gelebt sich gesorgt,vielleicht die eigenen Lebenseise umgestellt,Einen Namen ausgesucht.Träume gehabt und Pläne gemacht, Kleidung liebevoll ausgesucht und Raum in der Wohnung gegeben.
Plötzlich ist alles anders…und nicht nur seelisch auch Körperlich kann es einbrechen…
Da ist es wichtig einen Ort der Trauer zu haben…Etwas in der Hand…Und sei es die Möglichkeit seiner kleinen unbekannten Liebe ein „Bettchen“ zu richten…Es wenigstens einmal schön zu kleiden…Es in Kissen zu legen…
und manchmal auch das Gefühl:Wenigstens Etwas für das kind getanhaben zu können…
Ich habe damals mit meinem Toten Kind im Bauch noch einen schönen Strampler besorgt…Den habe ich der Schwester die mich ins OP begleitet gegeben und gesagt“Gebt es „ihm“ dazu damit er nicht friert wo er hingeht…Natürlich ist das irrational,aber wann sind das Gefühle schon?…Wann ist es Trauer?
Die Krankenschwester hat mit mir geweint.Der Arzt hat mich zugesprochen…und das hat mich getröstet weil ich meine „Rationalität“ fallen lassen durfte.
(Ich war nicht bekloppt,ich DURFTE Trauer empfinden…)
Ich denke Gesten ausführen zu können und sei es „das Kind einmal zu Betten und zu kleiden“ hilft immens bei Verarbeitung Dieses „Eingriffs“ .
Mütter und ja, manchmal auch Väter die ein „ungeborenes“ Kind verloren haben bedürfen eines Ortes der Trauer…und keine Rationalen Erklärungen über Entwiklungsstadien von Föten…und wenn sich die ganze Welt dagegen stellt eine Trauer ist da!!! sie ist einfach da und es bedarf eines Ortes des Abschieds…und Raum dafür
Es geht nicht darum die Liebe zum Friedhof zu tragen und sie dort liegen zu lassen…vielleicht einen eigenen friedlichen Platz zu geben an der sie Ruhen kann um frei zu sein für Neues ,anderes…Ganz genauso so wie bei „normaler?“ Trauer…
und ja ich bin irrational
…Mein Kind hätte Aaron geheißen
LG Anouk
entschuldigt bitte die miese Rechtschreibung…*ompf*
Liebe Anouk,
jetzt hast Du mich zum Heulen gebracht…
@Agy: mich auch
„Die Liebe gehört den Lebenden! Den Toten gehört das Andenken.“
Genau so sollte es sein. Für viele Betroffene ist es deshalb wichtig, sich ein würdiges Andeken an ihr Kind zu bewahren.
Für die einen reicht es aus, sich im Kreissaal bei ihrem Kind zu verabschieden und bei anderen ist es wichtig, dass sie noch etwas für ihr Kind tun konnten.
Ich fühle mich vom „Gynäkologen“ nicht angegriffen. Es ist seine Meinung und es gibt viele, die diese vertreten.
Mir ist es nur wichtig, dass Eltern die Möglichkeit bekommen, sich von ihren Kindern so zu verabschieden, dass es ihnen möglich ist ihr Gewissen zu beruhigen und so wieder zurück ins Leben finden.
Anouk hat es gut beschrieben. Man verabschiedet sich von einem Teil seiner Hoffnungen, Träume und einem Menschen, der für Außenstehende noch gar nicht existent war.
Je mehr man den Eltern die Möglichkeit gibt, sich von diesem Kind zu verabschieden, desto schneller finden sie den Weg zurück in ihre Umwelt und das Leben um sie herum.
Naja, ich kann das schon verstehen. Es ist ja in der Regel nicht so, daß ein Kind völlig unbemerkt und plötzlich unverhoft auf die Welt kommt. Das ist ja schon ein paar Monate präsent, wenn auch nicht sichtbar.
Liebe Anouk,
wenn man Gefühle über einen Verlust mitteilt ist die Rechtschreibung doch nur nebensächlich.
Ich habe das auch vor 3 Jahren durch gemacht, mich aber dazu entschlossen meinen Sohn damals Anonym im Krankenhaus zu lassen nach der Geburt (20te Woche). Meine Welt brach damals so sehr zusammen, das ich mich von meinem Mann trennte und in ein tiefes Loch fiel. Heute habe ich meinen Mann wieder (nach vielen vielen gesprächen das es auch seine Trauer war und nicht nur meine), wir haben einen Sohn (und nein er heißt nicht so wie unser erster). Vor allem haben wir aber einen Raum der Ruhe gefunden für uns zusammen. Es ist außerhalb des Ortes auf einem Feld eine sehr alte Eiche. Wir sitzen dann darunter und lassen einfach nur die Seele baumeln.
Ein jeder geht mit Trauer anders um. Viele die damit beruflich zu tun haben, haben eine gewisse distanz und wissen nicht wie der persönliche Schmerz damit ist. Auch ich sah tote Menschen schon mit 15 Jahren, aber die Trauer über diese Menschen war sehr weit weg von mir. Für mich drehte sich die Welt weiter. Daher empfand ich auch teile vom „Gynäkologen“ als solches unangepasst.
Daher denke ich nur, wenn man nicht so ein Theater wie der „Dichter“ mit seiner Mutter macht http://bestatterweblog.de/archives/Schneewittchen-einst-im-Sarge-lag/146 , sollte doch jeder mit seiner Trauer umgehen dürfen und vor allem auch sollen wie es ihm beliebt.
In diesem Sinne
Kirstin
BTW…
[..] Immer wieder haben wir Fälle in denen bei einem verstorbenen Erwachsenen, den wir aus einem Krankenhaus abholen, ein kleines Bündel mit unten an den Füßen liegt, das wir ohne großes Theater einfach mitbestatten. Es ist dann so ein Wurm. [..]
Verstehe ich das richtig Tom, das Ihr auch die Anonymen totgeburten bei jemanden mit hineinlegt?
Ähhhhh Wissen beide Parteien davon? Ist nur so reine Neugierde die mir beim Lesen des Threads aufkam.
Frühchen kommen zwar zu früh zur Welt, leben aber noch. Mit der heutigen Medizin ist es möglich, selbst Kinder mit 500 Gramm (5 Tafeln Schokolade) durchzubekommen.
Danke für den Beitrag Tom…danke Anouk für Deine offenen Zeilen.
Systemisch gesehen ist bereits mit Nachricht über die Schwangerschaft eine neue Familienkonstellation entstanden, die durch eine todgeburt vorzeitig (und besonders brutal, da sie nicht zu erwarten war) auseinander gerissen wird. Eine solche Familie ist immer unvollständig, egal wie viele Kinder noch nachkommen (die zu Leugnen bedeutet nur Verdrängung. Nicht selten klärt sich für spätere Geschwister ihre ganze Kinderheit, wenn Sie erfahren, dass Sie eigentlich noch ein Geschwisterteil gehabt hätten)
Es sind nicht die gemeinsamen Erinnerungen sondern die Gedanken an die Zukunft, die das verbindende Element darstellen. Wenn jemand ein Bein bei einem Unfall verloren hat, so ist es ja nicht die tolle gemeinsame Zeit, die man mit dem abgetrennten Gliedmaßen verbracht hat, welche die Größe des Verlust ausmacht, sondern der Gegensatz zwischen dem Vorher- und dem Nachher und der Erkenntnis, dass alles, was man gestern noch geplant und gedacht hat, heute schon nicht mehr gilt. Wie groß muss dieser Verlust für jemanden sein, der gerade dabei ist, sein komplettes Leben für den eigenen Nachwuchs umzustellen und – zusätzlich durch Schwangerschaftshormone angeheizt – bereits Pläne für die nächsten 18 Jahre und darüber hinaus aufstellt.
Meine Schwägerin ist Hebamme in der Uniklinik. Wie es nun mal so ist, ist der Anteil der Problemschwangerschaften und Totgeburten dort höher als in einer normalen Geburtshilfestation. Sie ermöglicht den Eltern Abschied zu nehmen, das Kind wird gewaschen und versorgt, die Eltern können es in den Arm nehmen und so ihre Trauer beginnen und aus ihrer täglichen Arbeit weiß sie gut zu berichten, wie wichtig gerade dieser erste Schritt ist.
Leider kommen Fehlgeburten weit häufiger vor als man annimmt, fast jede dritte Frau hat schon eine erlebt.
Ich denke jeder sollte seine Trauer so verarbeiten, wie es am besten für ihn ist. Aber wie Tom schon richtig und viel besser, als ich es hätte ausdrücken können, gesagt hat, den Lebenden die Liebe, den Toten das Andenken. Das gilt nach meiner Meinung egal wie alt der Verstorbene/die Verstorbene war.
By the way @12, ist im Blog schon mal diskutiert worden. Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, ist es eher so, dass der Bestatter und die Eltern es wissen und es entweder bei dem, der dann etwas Gesellschaft hat, niemanden gibt, der es wissen müßte oder man auch nicht immer alles erzählen muss. Was man nicht weiß, macht einen nicht heiß. Also ich hätte nichts dagegen, weder als Verstorbener (wie auch?) noch als Hinterbliebener.
Irgendwie ist mir die Lust auf mein Brötchen jetzt vergangen.
Ich finde es gefährlich, wenn Mütter ihren ungeborenen Kindern schon feste Namen geben. In dem Moment wird das ungeborene Kind für die Eltern mehr zu einer Person, und wenn das dann schiefgeht, ist der Zusammenbruch noch schlimmer.
*facepalm*
Am besten man wartet mit der Namensgebung, dem Einrichten des Kinderzimmers, dem Kleiderkaufen, usw. bis das Kind geboren wurde. Ja? Weil bevor das Baby nicht lebend auf die Welt gekommen ist, kann es ja immer noch schief gehen.
Was ist eigentlich mit dem plötzlichen Kindstot, der ja auch während des ersten Lebensjahr passieren kann. Sollte man mit Namensgebung, Kinderzimmer, etc. nicht lieber bis zum ersten Geburtstag warten?
Zu der ganzen Trauer, den Vorwürfen und den körperlichen Schmerzen kommen beispielsweise auch noch die vielen Fragen und Gedanken, wie: „Was wäre aus meinem Kind später geworden? Wie hätte es später ausgesehen? Wie wäre sein Charakter, seine Eigenarten, sein späterer Beruf,…? Wie hätten seine/ihre Kinder ausgesehen?…“ Kein Kuscheln mit dem kleinen Baby, auf das man sich so gefreut und auf das man lange gewartet hat, kein Babylächeln, keine ersten Schritte, kein erstes Mal „Mama“, nur große kalte Leere.
Bei geliebten Menschen, die man verloren hat, bleiben immerhin Erinnerungen an eine schöne Zeit, die einem niemand nehmen kann. Auch das entfällt bei einem totgeborenen Baby…
Ich glaube, in diese Situation kann man sich nicht hineinversetzen, wenn man sie nicht selbst erlebt hat. Und selbst dann: jeder Mensch trauert eben anders und jeder muss selbst feststellen, wie er mit dieser schrecklichen Situation am besten umgehen kann.
„Nur, welche Erinnerungen hat man an ein Kind, das man -wenn überhaupt- nur ein paar Sekunden/Minuten gesehen hat?“
Tom – es hat was damit zu tun, dass eine Frau dieses Kind in ihrem Bauch hatte. Wochen, Monate. Das ist eine Beziehung, die ist so intensiv, dass es „von außen“ kaum vorstellbar ist. Dazu muss man das Kind nicht mit den Augen sehen.
Da kann man nachher nicht rational sagen „Naja, es war ja noch kein fertiges, geborenes Kind, was soll’s. Machen wir ein neues oder adoptieren wir eins.“ Dieses tote Kind war unmittelbarer Teil seiner Mutter. Und oft hat sich der Vater ja auch sehr darauf gefreut.
Ich bin nun kein Vater und will auch keiner werden. Und für mich liegt das Thema so zwischen Tom und Anouk. Sicherlich gehört die Liebe den Lebenden.. Das tut Anouk sicherlich auch mit ihren 3 lieben, denen sie sicherlich unwahrscheinlich viel Liebe schenkt. Aber Gefühle sind eben keine Schalter. Es sind Prozesse und ja, Anouk… sie sind irrational.
Gefühle brauchen Zeit und sei es ein toter Partner oder ein totes Kind, was man zu Grabe trägt. Aber man schafft es sich neu zu verlieben und wie Anouk die Liebe neu zu verschenken. Und das ist der Punkt wo Tom recht hat. Die Liebe gehört den Lebenden.
Das ist leider ein Thema, was viele nicht richtig verstehen bzw. erst verstehen, wenn sie selbst in der Situation sind, erstmal jahrelang darum kämpfen zu müssen, überhaupt schwanger zu werden. Wenn man alle möglichen Versuche unternommen hat und viel Geld ausgegeben hat, um überhaupt schwanger zu werden, schätzt man dieses Leben in sich mit Sicherheit völlig anders, als eine Frau, die mal eben die Pille absetzt und schwupps innerhalb von einem Jahr schwanger wird.
Und wenn man dieses Kind dann verliert, ist verständlicherweise die Trauer auch viel größer, weil man vorher viel mehr Energie darauf verwendet hat, es überhaupt zu empfangen.
Tom hat ganz sicher Recht, dass die Liebe den Lebenden gehören sollte, aber für eine Frau ist es (wie für einen Mann übrigen auch bzw. vielleicht sogar noch schlimmer für das männliche Ego) ein Gefühl des Versagens, kein Kind bekommen zu können und darüber wird auch eine Adoption nie richtig weghelfen können. Man bleibt, wenn vielleicht auch nur im eigenen Kopf, immer eine Frau zweiter Klasse.
Ich habe jetzt bewusst meinen Nick aus dem Kinderwunschforum verwendet. Bei uns hat es gar nicht geklappt. Ich habe vollstes Verständnis für alle, die um ihr Sternenkind trauern und einen angemessenen Abschied nehmen möchten. „Mal eben so ein neues Kind machen“ sagt sich so leicht. Bei jedem 6. Paar, das sich Kinder wünscht, klappt es gar nicht – oder nach zig Fehlgeburten.
Vorweg: Natürlich darf jeder über das Thema denken wie er möchte, insbesondere natürlich betroffene (Fast-)Mütter. Ich sehe das Thema aber etwas nüchterner.
Kurzfristiges Trauern (Wochen, Monate?) ist ja absolut in Ordnung. Insbesondere wenn Frauen viele Wochen und Monate mit der Schwangerschaft verbracht haben und quasi ein Teil ihres Lebens (bzw. ihrer Lebenszeit) für die biologische Entwicklung eines Kindes eingesetzt haben, was sich dann plötzlich als verlorene Zeit (im biologischen Sinne) herausstellt.
Was soll aber das Suchen einer Schuld? Man hat doch keinen Knopf am Bauch, mit dem man dem wachsenden Kind einen Todesstoß versetzen konnte. Und es gibt genug Frauen, die während der Schwangerschaft einen regen Alkohol- und Zigarettenkonsum praktizieren (und das ist jeder Konsum über Null!) und dennoch lebende Kinder bekommen. Sind diese Frauen besser? Nein! Also sollte man auch nicht versuchen irgendwelche Kleinigkeiten als möglichen Grund zu suchen. Nach heutigem Wissensstand ist es absolut zufällig und unvorhersehbar, ob eine Frau eine Totgeburt erleidet oder nicht. Natürlich mag es biologische Gründe geben, vielleicht spielt auch die Frau-Mann-Kombination eine Rolle, aber die Chancen sind nie bei 0 oder 100%.
Totgeburten hat es immer gegeben und wird es vermutlich immer geben. Noch vor einigen Generationen war es absolut üblich z.B. 10 Kinder zu bekommen, weil man sich sicher sein könnte, dass nur ein Teil davon das Erwachsenenalter erreichen wird. Ich schätze Totgeburten sind dabei statisch sogar oft unter den Tisch gefallen, man hatte oder wollte schließlich noch andere Kinder um die man sich kümmern musste.
Und heute? Wie gesagt, wenn Frauen Kinder verlieren, dann haben sie (mehr als Männer) ein Teil ihrer Lebenszeit dafür verloren. Aber das rechtfertigt nicht sein komplettes restliches Leben zu opfern, nicht bei sich selbst, dem Partner oder anderen Menschen des eigenen Umfelds. Der Blick muss nach vorne gerichtet sein.
Angenommen all die schönen Vorstellungen wären Realität. Sie wären dann aber erst beim nächsten Kind Realität. Und all die schöne Zeit mit einem lebenden und gesunden Kind, und vielleicht noch einigen Geschwistern, würden nicht stattfinden, wenn man sich dauerhaft in Trauer und Enthaltsamkeit verkriecht.
Der Artikel ist interessant und gut geschrieben, aber der Satz… ist einfach sowas von wahr! Auch wenn es zu bestimmten Situationen nicht leicht ist, daran festzuhalten.
@Stella38: Jedes 6. Paar? Woher haste die Zahl, das wage ich jetzt mal stark zu bezweifeln. 🙂
@ Nr. 15 Micha:
Ich habe keine Kinder und will auch keine, von daher ist mein Risiko, eine Fehlgeburt zu erleiden, wohl eher gering einzuschätzen…
…Aber ich kann mir nicht vorstellen, schwanger zu sein und dem Kind _nicht_ schon einen Namen zu geben. Es ist doch völlig normal, dass das Kind schon vor der Geburt seinen Namen hat.
Man kann doch nicht 9 Monate durch die Gegend stapfen mit dem Gedanken im Hinterkopf: „Das Wesen in mir könnte womöglich als Fehlgeburt enden, also gebe ich ihm keinen Namen und sehe es nicht als Person. Es ist ein „es“, bis es auf die Welt kommt.“
Ich hatte im März eine Fehlgeburt. Ok..ich war damals erst im 3ten Monat, aber selbst in der Frühschwangerschaft freut man sich ja auf sein Kind.
Ich habe trotzdem, so sehr ich mich auch freute immer daran gedacht, dass häufig etwas schiefgeht und eine Fehlgeburt auftreten kann.
Als es dann so kam, war ich enttäuscht und grauste mich vor der nachfolgenden Krankenhausbehandlung….aber die Trauer war und ist (schließlich ist das erst 2 Monate her) erträglich.
Ich denke das liegt daran, dass ich mich „hobbymäßig“ gerne mit Tod, Friedhöfen, Krankheiten, etc. beschäftige….und das ich durch meine Behinderung und die damit verbundenen Folgen immer einen Hang zur Morbidität hatte.
Jetzt werde ich noch ein paar Monate warten und es dann wieder versuchen.
@21
wahre Worte.
Allerdings haben manche schon bei Verstorbenen, die laenger auf der Welt waren, ein massives Problem, mit ihrer Trauer umzugehen.
In einer noch extremeren Situation wird das wahrscheinlich nicht leichter…
So gibt es eben Menschen, die ganz unterschiedlich reagieren: solche, die den Tod eines Kindes verkraften und verarbeiten und ihr Leben weiterfuehren und solche, die am Tod eines „aelteren“ Angehoerigen zerbrechen und nie wieder zurueck ins Leben finden.
Ob das Veranlagungs- oder Erziehungssache ist?
Ich weiss es nicht.
Tom hat die Waage gut gefunden, wie ich finde.
Das Wort „Trauer“ ist für mich auf lange Zeit mit der Schwiegermutter meiner Schwester besetzt. Die war, frisch verwitwet, auf dem Friedhof – und hat so ein unglaubliches Schmierentheater abgezogen, das war schon nicht mehr feierlich.
Sich auf dne Sarg geworfen mit den Worten „LAss mich nicht alleine“, standesgemäßer Zusammenbruch am offenen Grab, alle Sprüche von wegen „mein Leben ist von mir gegangen“ und lauter Schluchzer – und man hat die ganze Zeit deutlich gemerkt, wie sehr sie es genossen hat, im Mittelpunkt zu stehen (ich kenn sie was länger, die hat getrauert, ja. Aber nicht so).
So in etwa stell ich mir das vor, wenn jemand um ein Kind trauert, dass noch nicht geboren wurde. Ich will keinem was unterstellen – naja, vielleicht doch. Aber auch wenn man etwas monatelang im Bauch mit sich trug, wer zu lange um ein Kind trauert, wer das Kind nicht loslassen kann, der sollte meines Erachtens mal seine (oder ihre) grundsätzliche Enstellung zum Leben überdenken.
Es klingt durch die Bank hart, wenn man sagt, dass Leben geht weiter. Aber das tut es. Und wenn man sich so sehr auf _dieses_ eine Kind versteift, dass man nicht mehr in der Lage ist, die Realitäten des Lebens zu sehen, sollte man eine Behandlung erwägen.
Ich kann das bis zu einem gewissen Gad alles nachvollziehen, aber eben diese immense Trauer, als würde die Welt untergehen – die nicht.
Das Leben geht weiter. Jeden Tag. Und es nimmt wenig Rücksicht auf übertriebene Trauer. Und ja, die gibt es. Nämlich immer dann, wenn die Trauer zum Selbstzweck wird und man sich selbst als Trauernde das Recht nimmt, Dauerbedauert zu werden.
Das ist im höchsten Maße ungesund. Und tut auch meist den Beziehungen nicht sonderlich gut.
@22
Ja, jedes 6. Paar. Viele davon geben ein Vermögen aus, um überhaupt schwanger zu werden. Aber da verhält es sich leider genau so, wie mit den Früh-, Fehl- und Todgeburten.
Man schweigt es lieber tot.
Ich mag selbst keine Euphemismen – auch in meinem Gebiet, der Pflege, nervt es mich. Ob ich „füttere“ oder „essen reiche“, hängt nicht vom Wort ab, das ich dafür benutze. Es liegt an der Einstellung, die ich dazu mitbringe.
Mag sein, dass jemand sich etwas Schreckliches durch Worte wie „stillgeboren“ und „Sternenkind“ schönredet. Es entscheidet doch aber bitte noch jeder selbst, wann der Zeitpunkt gekommen ist, sich mit der Realität auseinder zu setzen.
http://www.aktionkinderwunsch.de/unerfuellter_kinderwunsch.html
sorry, habe den Link vergessen. Da ist die Rede von jedem 7. Paar. Dazu kommen noch die Paare, die sich z.B. aus ethnischen Gründen gegen eine Behandlung entschließen.
Ich würde mich eher zu der Fraktion zählen, die „esoterischen Quatsch“ spöttisch belächelt, aber ich bin dennoch froh, dass es so etwas gibt. Jeder so, wie er mag. Ich habe bestimmt auch ANgewohnheiten an mir, wofür ich belächelt werde. Es kommt lediglich darauf, wie man damit umgeht. Im Übrigen finde ich es sehr gut, dass man Frühgeburten, etc. „ordentlich“ begraben kann. Unabhängig davon welchen Sinn Betroffene dahinter sehen.
Als eine Kusine von mir eine Totgeburt hatte, fand ich ebenfalls, dass sie viel zu sehr trauerte – ich hatte es nicht verstanden.
Dann wurde ich selbst schwanger und merkte, dass ich mehr Kontakt mit dem ungeborenen Kind in mir aufbaute, als ich mir jemals vorstellen konnte. Es ist nicht so – wie ich es mir vorher immer vorstellte – dass das Kind erst „da“ ist, wenn es geboren ist. Es ist vorher schon da, und es war ein tolles Gefühl – ich wusste immer, wie es dem Baby in mir ging. Als mein Sohn auf die Welt kam, freute ich mich – aber ein bisschen von dem Kontakt ging auch verloren, und das fand ich auch ein wenig schade (auch wenn es sehr erleichternd ist, den Bauch loszuhaben…)
Mein Sohn hatte seinen Namen erst im Krankenhaus bekommen (die Schwestern waren schon genervt, weil wir so lange brauchten) – aber ich hätte auch ohne Namen sehr um ihn getrauert, wenn er tot gewesen wäre.
Ich glaube mann kann das vielleicht nie zu 100% verstehen (damit möchte ich niemand Gefühle absprechen!!!) und frau auch nicht, wenn sie noch nicht schwanger war.
Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass man um ein totgeborenes Kind trauert wie um einen Menschen, der einen schon länger begleitet hat. Allerdings finde ich es schade, wenn diese Trauer übermässig lange andauert und sehr schlimm, wenn da noch Geschwister sind. Eine gute Freundin hat ihr 3. Kind verloren und ist in tiefste Trauerwelten abgetaucht. Die zwei älteren Kinder (5 und 3) hatten keine Chance mehr bei ihr. Sie waren zu jung, um alles so genau zu verstehen – für sie war es wie ein Versprechen, das halt nicht eingelöst wurde. Jedoch gab ihnen die Mutter unbewusst das Gefühl, nichtig zu sein im Vergleich zu ihrem Brüderlein, das sie doch nie gekannt hatten. Der Vater hat sich schliesslich getrennt von ihr, weil er es nicht mehr ausgehalten hat und hat die Kinder mitgenommen. Die ganze Situation war sehr schlimm mitanzusehen.
@23, NastyKitten
Ja, natürlich macht man sich über das Kind Gedanken. Auch über den Namen. Aber es ist eine geistige Abgrenzung, zu wissen „wenn er geboren wird, dann nenn ich ihn Jörg, wenn es ein Junge wird, und Christina, wenn es ein Mädchen wird“,
oder aber schon in der Schwangerschaft bei jeder Bewegung bei jedem Gedanken den Namen zu benutzen („Der kleine Jörg hat mich grad wieder getreten“), also direkt schon mit dem Namen an das Kind zu denken.
Das ist ein Unterschied, und zwar ein gravierender. In dem einen Fall wird die Bindung an das Kind, an das Kind als Person, noch viel enger.
Natürlich ist im Fall einer Totgeburt der Kummer in beiden Fällen groß. Aber eben im ersten Fall schwieriger zu verarbeiten.
Weil die Bindung, die zwangsweise gelöst werden muss, enger war.
Darum würde ich mit der Namensgebung bis nach der Geburt warten.
DAs hast Du wunderschoen gesagt.
„Die Liebe gehört den Lebenden! Den Toten gehört das Andenken.“
@ Micha:
-du würdest mit der Namensgebung bis nach der Geburt warten….- daraus schliesse ich mal dass du noch keine Kinder hast.
Ich erwarte mein 3tes.
(Dazu muss ich erklären: das Erste wurde aus verschiedenen Gründen abgetrieben. Aber ich war schon 3mal schwanger.)
Meine Große ist jetzt über 3 und ich bin nun im 5ten Monat.
Ich WEISS dass es ein Junge wird, Weiss durch 4D Ultraschall wie er aussieht, sehe sein Herz schlagen, spüre ihm kräftig treten und viel mehr…..
Durch meine „Erfahrung“ als Mama kann ich wohl sagen dass es NORMAL ist dem Baby einen Namen zu geben wenn es noch im Bauch ist.
Es ist Normal die Spieluhr, die man ins Kinderbettchen legen will, schon jetzt an den Bauch zu halten damit es das Baby mitbekommt.
Es ist ebenso NORMAL ab dem KA 5-6 monat das Kinderzimmer im Kopf einzurichten und langsam dann die ersten Dinge kauft.
Ebenso NORMAL ist es wenn man ein Kind ohne Leben zur Welt bringen muss, um es trauert.
Ich habe das Gefühl hier wird sehr viel zum Thema Trauer und Totgeburt vermischt.
Es gibt aber tausende (ok, evtl. nur hunderte) Unterschiede.
Das Thema Totgeburt wird total vermischt.
Ab wann sprechen hier einige von Sternenkindern, Totgeburten ….?
Fakt ist doch wohl das es ohne Leben zur Welt kommt. Dies kann gleich am Anfang sein, wobei man hier wohl eher von Fehlgeburt spricht; mitten drin wo es schon komplett ausgebildet ist und „nur“ noch wachsen muss oder eben (einen Tag) vor Entbindungstermin.
Der Unterschied liegt einfach an der Trauer selbst.
Wann gesteht man sich selbst ein zu trauern. Wann die Gesellschaft? Wie lang DARF man traurig sein?
Wer hat das Recht einem dies vorzuschreiben?
Ich will nicht abstreiten das es Leute gibt die sich wirklich viel zu sehr hinein steigern, sogar über mehrere Jahre hinweg.
Aber ich denke dies sind Ausnahmen denen man aber als „Gesellschaft“ dringend helfen sollte.
Wenn man einmal in dem Kreis der Trauer so tief gefangen ist kommt man kaum mehr allein da raus. Ich denke dass es dann unsere Pflicht ist der Person zu helfen, ihr Kontakte zu vermitteln, sie stützen, für sie da sind… aber nicht nur blöd daher reden, im beisein der Trauernden „schön“ reden und sie dann doch hängen lassen.
Auch ich habe vor 20 Jahren ein Kind verloren. Obwohl ich jetzt zwei gesunde Kinder habe, war das ein sehr einschneidendes Erlebis. Ich bin im Prinzip ein sehr rational denkender Mensch – aber wie schon in einigen Kommentare erwähnt, kann dies nur jemand nachvollziehen, der das selbst erlebt hat. Und in solchen Momenten muss man überhaupt nicht auf andere hören und wirklich „alle Rituale durchziehen“, die einem selbst helfen. Eine Verurteilung von Aussenstehenden ist absolut überheblich.
VIOLETTA
@Salat: Das hast Du sehr schön beschrieben!
Und ich bin sicher, Gynäkologe, du wirst *persönlich* dafür sorgen, daß allen diesen Eltern mit dem Holzhammer klargemacht wird, wie sie zu trauern haben. Nämlich hart, unnachgiebig und ohne die geringste tröstliche Verklärung.
Es kotzt mich ganz ehrlich an, wenn hier Menschen glauben, sie dürften sich ein Urteil über die Trauer von anderen Menschen erlauben. Ein Kind zu verlieren ist das Schlimmste, was es gibt, schlimmer, als den Lebenspartner oder die Oma. Und ja, da darf getrauert werden, und da darf sich auch geflüchtet werden in was für Konzepte auch immer. Ganz davon zu schweigen, daß es für viele Eltern ein elementarer Schritt zum Loslassen ist, wenn sie ihr Kind noch auf eine weiche Decke betten können. Wenn sie es begraben können. Wenn nicht die halbe Umwelt sagt: ja, das Kind ist tot, nu ist aber gut, das hast du doch gar nicht richtig gekannt. DAS ist nämlich totschweigen und Trauerarbeit verhindern.
Es ist vielleicht hundert Jahre her, da hieß es, man solle Säuglinge bloß nicht zu sehr hätscheln, damit sie einem nicht so sehr ans Herz wachsen und der Schmerz nicht so groß ist, wenn sie dann früh sterben.
Es gibt immer noch Kulturen auf der Welt, in denen die Kindersterblichkeit so hoch ist, daß Kinder VOR DEM DRITTEN LEBENSJAHR überhaupt keinen Namen bekommen – denn, korrekt, sich an Klein Mahahanu zu erinnern ist individueller als „an den dritten Säugling, der starb – oder war es der vierte?“
Heute und in dieser Industriekultur werden Kinder seltener, und es wird auch seltener, daß Kinder sterben. Umso größer die Tragödie, wenn es doch passiert. In der heutigen Gesellschaft mit ihren medizinischen Möglichkeiten „darf“ kein Kind sterben, genauso wenig, wie Kinder behindert zur Welt kommen „dürfen“. Und ja, Eltern von behinderten wie von toten Kinder fragen sich tatsächlich: wieso wir? Wieso ich? Habe ich es irgendwie ausgelöst? Hätte ich es ändern können, wenn nur..? Schaut euch doch um in den zielgruppengerechten Werbespots. Lauter gesunde, fröhliche, glückliche Babies. Keine kranken. Keine toten. Keine behinderten.
Und zuletzt: das englische stillborn kommt urspünglich aus dem Deutschen, von dem „still geborenen“ Kind, und ist damit tatsächlich Denglisch – allerdings in der Gegenrichtung.
Salat
Mit manchem fehl- oder totgeborenen Kind stirbt auch ein Traum. Und ein nachfolgendes Kind ersetzt das tote Kind nicht.
Eine Bewertung, wann und wie man über ein fehlgeborenes Kind zu trauern hat oder nicht, finde ich sehr anmaßend.
Ich begleite aus beruflichen Gründen häufig Frauen und Paare durch die schweren Stunden der Diagnose der Totgeburt, der Totgeburt selbst und die Trauerphase danach – hautnah, direkt. Das sind dramatische, traumatische Erlebnisse, die mir emotional und persönlich nahe gehen, die ich aber professionell bewältigen muß. Gerade deshalb sträuben sich meine Nackenhaare, wenn diese Dramen als „Stillgeburten“ verniedlicht, das tote Kind zum „Sternenmäuschen“ verschwurbelt werden. Die armen Eltern brauchen professionelle Trauerbegleitung, und keine dummdeutsche Weichspülpackung in Esoterik XXL mit oberflächlichen Trauerritualen und Pseudospielchen. So ein Ereignis kann nicht verniedlicht werden, auch nicht wenn die niedliche Maus mit der Kuscheldecke beerdigt wird. Man kann sich, und dieser Illusion erliegen Außenstehende, „Freunde“ gern, dieses Drama schönschwurbeln indem man die erwähnte Kuscheldecke, das esoterische Pseudoritual als Zuckerkruste einsetzt. Aber wenn die Erkenntnis des tatsächlichen Verlustes, die gnadenlose und bis ins Mark bittere und schmerzhafte Erkenntnis zuschlägt, daß das Kind eben NICHT still, sondern TOT geboren wurde, daß es nicht rosaplüschig kuschelt, sondern beerdigt wurde, dann sind die Internetforen, die Esoterikscheißelaberer und Kuscheldeckennäher weg, und es bleibt eine trostlose, einsame Welt in der niemand was zu bieten hat außer wohlfeilen Neologismen und süßlichen, hohlen Sternenkinderphrasen. Und dann sind die Eltern nicht nur mit der Trauer und mit dem Verlust, sondern auch unter der Last der Trauerarbeit allein, und die Gelegenheit des tatsächlichen Abschiednehmens ist vorbei – zuschmissen unter Gummibärchentüten, Kuscheldecken und anderen nichtssagenden Surrogaten. Für manche Eltern mag das Goldene-Blatt-der-Frau-Geschwafel ausreichend sein, manche schaffen es wohl auch nie aus der Esoterikecke heraus in die Wahrheit und wollen das vielleicht auch nicht, aber ich persönlich glaube, daß vielen Eltern durch dieses Dummdeutsch-Ersatzritual-Kuschelhysterie-Getue die einzige Gelegenheit zur abgrundtief traurigen, aber REALEN und unwiederbringlichen Abschiednahme genommen wird.
@Gynäkologe
Abgrundtief grausam empfand ich nach der Geburt meines Sohnes in der 21 SSW das Verhalten des Gyn und der Hebamme.
Mein Kind wurde in ein altes Spucktuch und dann in eine Nierenschale gelegt und irgendwohin transportiert.
Bis heute gehe ich davon aus, dass man es in den Klinikmüll geworfen hat!
Ich wusste nicht, dass es überhaupt möglich ist mein Kind bestatten zu lassen.
Tröstende Worte, oder Beistand habe ich nur bei selbst betroffenen gefunden.
Könnte ich die Zeit zurück drehen, würde ich ihm auch gerne etwas „persönliches, von mir ausgesuchtes“ geben und ihn darin betten.
Die Realität kommt! Sie kommt hammerhart und es ist nicht angenehm zu wissen, dass das eigene Fleisch und Blut in einem lumpigen „Spucktuch“ entsorgt wurde.
Deines ist nicht jedermanns Weg und meines auch nicht. Man sollte jedoch den jeweiligen Eltern die Möglichkeit geben, für sich selbst eine Entscheidung zu treffen.
LG Nine
Was
Ist so schwer daran zu verstehen, dass ein ungeborenes Kind bereits lebt(e)?
Und zwar natürlich im Körper der Frau?
Durch die Begattung (und hoffentlich einfühlsame Beziehung zum/) vom Manne?
Als Idee des sich liebenden Paares noch viel früher?
Rein technisch verliert sie Masse, einen Teil ihres Körpers, der dazu bestimmt ist „mehr“ zu werden, zu wachsen.
Das ist schon rein physikalisch brutal.
Das Babuschka-Prinzip stellt die Eltern/Kinder Frage in Sterbenssachen einfach dar:
Eltern sterben gefühlt außen (Schutzhülle), Kinder innen (Kern).
Mir ist schon klar dass der emotionale Gehalt des männlichen Besamungsvorgangs nicht prädestiert dafür ist sich mit einem eventuellen Verlust späterer Nachkommen zu befassen.
Und das dann angemessen „Anzudenken“.
Zu verkraften, pardon.
Aber der Bogen sollte sich doch für jeden Simpel spannen lassen.
Die naturgegeben hohe Bindungsaffinität der weiblichen Entität ist vorsorglich bereits latent im Zyklus vorhanden und schmerzt (auch schon emotional) , so sie nicht „erfüllt“ wird (= das Nest ist gemacht, das Ei wird nicht befruchtet, die Frau verliert blutend das potenzielle Kind ((=Nest+Ei-Spermium).
Tiefe Liebe, Hoffnung, Verlust, Trauer – jeden – achtundzwanzigsten – Tag – seit – dem – fünfzehnten – Lebensjahr im Leben eines weiblichen Menschen.
Das hat vielleicht mit Sicherheit spirituelle Ausmaße, aber gewiss keine esoterischen.
Die Fähigkeit zum Verlustschmerz bezüglich dieses Themas (Erinnerung/Trauer von Ungeborenen) geht für die männliche Entität über die Beziehung zum Weiblichen.
Entweder in sich selbst oder via „funktionierenden“ Frauen die weise teilhaben lassen mögen (an eben diesen weiblichen emotionalen Interna, Letztere übrigens einem einfachen, immer gleichen, verlässlichen biologischen Rhythmus folgend).
Die qualität der Beziehung und ein entsprechendes, modernes Verständnis vom Vatersein/Partnersein (von „auch ein bisschen mitschwanger“ über „bestmögliche Unterstützung der Kindsmutter“ oder „echtes Interesse am Nachwuchs von Anfang an“) kann ihn das lehren.
Vorausgesetzt er will das.
Oder er wurde bereits als Bub so umsichtig sozialisiert, das Weibliche und die Qualität seiner eigenen Herkunft nachempfinden zu können.
Dann ist der Rest – wie o.g. Artikel –
auch keine Überraschung mehr.
Vor über 10 Jahren habe ich, wie es so schön medizinisch heißt, eine Fehlgeburt gehabt. Ich habe mein Baby tot auf die Welt gebracht. Später wurde mir erst klar, daß ich nicht wußte, wie das Kleine beerdigt oder entsorgt wurde. Ich hab’s nur gesehen und dann wurde es weggebracht. Durch den Schock war ich nicht in der Lage an eine Art Beerdigung zu denken.
Das Baby war nicht schwer genug, um als eigenen Leichnam zu gelten. Daher tröstet mich der Gedanke, daß solche Babies, auch wenn sie nur kurze Zeit im Mutterleib gelebt haben, zu jemandem im Grab gegeben werden. Jedenfalls besser als die Entsorgung über den medizinischen Abfall, denn das Wesen ist ein Mensch in einem frühen Stadium.
In Deutschland müssen Kinder, die außerhalb des Mutterleibes Lebenszeichen gezeigt haben oder über 500 g wiegen, individuell bestattet werden. Kleinere Kinder, d.h. Kinder unter 500g die keinerlei Lebenszeichen hatten, können von den Eltern individuell bestattet werden. Falls die Eltern das nicht wünschen, werden diese Kinder anonym sammelbestattet. Mit dem Klinikmüll oder dem Pathologieabfall entsorgt werden nicht mal die Embryonen aus den Abtreibungen – auch diese werden zwar anonym, aber auf jeden Fall bestattet.
„Mit dem Klinikmüll oder dem Pathologieabfall entsorgt werden nicht mal die Embryonen aus den Abtreibungen – auch diese werden zwar anonym, aber auf jeden Fall bestattet.“
Setzen, 6!
Oder mal in die Kliniken gehen und mit den Hebammen ins Gespräch kommen.
@Salat… eine Totgeburt ist was schlimmes. Deine Superlativinflation von wegen „das Schlimmste“ ordne ich unter der Rubrik „Esogeschwurbel Sternenkindlein“ ein und hoffe, daß Du noch was dazulernst. Wo Du Härte, Unnachgiebigkeit und Holzhammer herhaben willst verstehe ich nicht – das habe ich zumindest mit professioneller, empathischer Begleitung nicht gemeint. Und was die heile Kuschel-Werbewelt mit mir zu tun hat ?! Du feindest mich doch gerade dafür an, daß ich den Trauernden die „heile Sternenkindleinkuschelwelt“ angeblich vorenthalten will… Naja.
Gynäkologe geht seitlich ab und hofft, noch viele Tage erleben zu dürfen bevor er wieder mit einer Mutter, einem Paar, die schmerzlichen Tage einer Totgeburt miterleben und mitbegleiten muß.
Gynäkologe,
danke für Deine ehrlichen, klaren und hilfreichen Worte zum Thema. Mutmaßlich wirst Du noch reichlich Prügel einstecken müssen – wie kannst Du Nur – hast Du denn kein Herz – muß man in diesen schweren Stunden denn: Weil du mußt, und gerade weil du hast, ja, gerade dann muß man.
Meine Frau (Prof. Dr. mit 34) hat diesen Albtraum durchlebt und sogleich eine Schar von Angehörigen der einschlägigen Betroffenheitsindustrie schmeißfliegengleich um sich gehabt; den Spendenblock nur notdürftig versteckt.
Die Gutmenschen mit der Zuckergußspritze sind die Pest des 21. Jahrhunderts.
Hallo Schatz,
Alles Gute zum Geburtstag 5 Jahre sind ne lange Zeit nächstes Jahr würdest Du in die Schule kommen, Du bist jetzt auch ein großer Bruder ….
Aber du wurdest in der 22. SSW Woche still geboren/tot geboren/fehl geboren, egal wie man es nennen mag oder dreht und wendet es ändert nichts daran das Du tot bis. Nach 15 Stunden schmerzenden, eingeleiteten Wehen ändert es nichts daran das Du Namenlos geblieben wärst wenn wir Dir keinen gegeben hätten, es ändert nichts daran das Du Gesichtslos geblieben wärst hätten wir Dich nicht angesehen. Aber Dein Tod ist real. Für andere magst Du nicht existent gewesen sein so klein aber doch schon alles dran was man zum Leben bräuchte. Aber für uns bist Du es und dein Tod ebenso. Du wirst nie älter werden. Nie anfangen zu lächeln, nie brabbeln und dich auf die Seite drehen, nie dich hochziehen und sitzen nicht anfangen zu laufen und zu reden, keine Tränen kann ich dir wegküssen und ich kann dich nicht auf den Arm nehmen und festhalten. Du bist tot. Nur ein wirklich dummer Mensch muss glauben das uns Dein Tod nicht wirklich ist, das Dein Tod als Sternchen weniger real erscheinen kann.
Man kann der Sache viele Namen geben aber es ändert nicht daran das wir lernen mussten damit zu leben. Du bist unter meinem Herzen gewachsen, ich habe Deine Tritte gespürt ich habe dich in meinen Armen gehalten und doch hast Du mich nicht angesehen, hab Dein Herzchen nicht schlagen gefühlt und Du konntest meine Stimme nicht hören. Und wir haben getrauert jeder auf seine Weise. Mit allem was dazugehört. Niemand sollte seine Kinder beerdigen müssen. Andere gingen an das Kinderbett wir gingen an Dein Grab. Wir trauerten um die verpassten Chancen, die ungelebten Momente. Tod und Trauer waren unserer ständiger Begleiter und wir haben sie Zeitweise genauso gerne bei uns begrüsst wie gehasst. Das Leben ging weiter aber nicht mehr so wie vorher, alles war entrückt! Du wurdest nicht wie Müll entsorgt sondern liegst mit anderen Sternchen an einem schönen Platz.
Alles Liebe Mamma, Papi und Deine kleine Schwester.
Wir haben zwei Kinder eins im Himmel und eins hier bei uns. Wir trauern heute nicht mehr wir leben mit Erinnerungen um geliebte Menschen und leben im hier und jetzt und hoffen auf ein Wiedersehen. Dafür gibt es keine Garantie aber deswegen ist der Gedanke nicht weniger schön wenn auch nicht rational aber das ist ja scheissegal : -)
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Zu anderen Personen nur folgendes…Woher kommen die Weisheiten, wo lernt man das? Der 10 Punkteplan und dann ist es auch mal gut. Brauchst Deinem Kind nichts mitzugeben, und bei den Großen machen wir das nun auch nicht mehr, wird dann immer noch billiger, gleich nackt in die Kiste, verfault eh alles in der Erde!? Das Dir der Gedanke hilft ist nicht rational. Kind ist tot tot tot… Sternchen gibt es nicht, leben nach dem Tod auch nicht, alles so Sinnlos. Trostlos weil es keinen Trost gibt. Realer als mit dem Tod meines Babys war der Tod nie, wie könnte er auch.
[quote=gynäkologe]
Ich schreibs hier nur noch mal ganz knapp: wer eine Totgeburt durchmachen und verarbeiten muß, hat eine der schlimmsten Tragödien erlebt (und durchlebt) die man sich nur vorstellen kann. [/quote]
Deine Worte, Gyn. Aber ich kann mir vorstellen, daß es dir unangenehm ist, wenn ich sie wiederhole… Ist schon irgendwie ärgerlich, wenn man andere in die „Esogewschwurbelecke“ drängen möchte und schon selbst drin steht…
Salat
Das Einzige, was mich an Gynäkologes Einlassungen stört, ist seine überdeutliche Sprache. Ansonsten kann ich ihm in den meisten Punkten nur voll zustimmen. Obwohl (oder vielleicht auch weil) ich eine Frau bin, 2 Kinder geboren habe, eine Fehlgeburt in der 11. SSW hatte und jahrelang in einer Notaufnahme gearbeitet habe…
Das Dilemma unserer Zeit ist, dass Frauen schon 2 Tage nach Ausbleiben ihrer Menstruationsblutung einen Schwangerschafts-Test machen können, obwohl sich zu diesem Zeitpunkt noch viele (50%) der befruchteten Eizellen nicht in der Gebärmutterschleimhaut einnisten. Da werden unzählige Ultraschallbilder produziert, da wird viel zu früh das Geschlecht des Fötus verkündet, und, und, und…
Meine Kinder hießen bis zur Entbindung nur Murkel und ich habe Freundinnen, bei denen war es stattdessen Plautze oder Beule… Ich habe das Geschlecht meiner Kinder ganz bewusst erst nach der Entbindung erfahren.
In der NA hatte ich einen Fall, da musste ich eine Frau mit dem Rolli vom Parkplatz abholen, da sie nach Aussage des Gatten eine Fehlgeburt habe, nachdem sie ein halbes Jahr zuvor eine Totgeburt hatte. Schrecklich, da fühlt man mit jeder Faser mit.
Fakt war: Die Frau hatte 2 Tage zuvor einen Schwangerschaftstest gemacht und wähnte sich schwanger, beim Arzt war sie noch nicht. Die angebliche Fehlgeburt war eine verspätet (5 Tage!) einsetzende Monatsblutung. Die Totgeburt offenbarte sich als Fehlgeburt in der 7. SSW. Sorry, aber eine derartige Verkennung der Realität….
Nachdem das Thema Sternenkinder hier aufkam, hab ich ein bisschen im Netz rumgeguckt und musste entsetzt feststellen, dass es da auch (nicht zu wenige) Gedenkseiten für tot geborene Kinder gibt, die z.B. in der 10. SSW verstorben sind und denen noch nach 10 Jahren exzessiv nachgetrauert wird. Die bekommen von ihren Eltern ein Geschlecht und einen Namen zugewiesen… Das gruselt mich eher, als dass es mich dauert.
Nichtsdestotrotz finde ich eine Auseinandersetzung der Eltern mit dem Tod ihres Kindes UND vor allem ihrer Träume völlig in Ordnung. Wenn dazu eine Einschlagdecke gehört, kann das durchaus ok sein, WENN der dazugehörige Verarbeitungsprozess nicht ausufert und abgleitet. Von einer Decke allein würde ich das nicht abhängig machen.
Mein Tipp zum Ursprung der Diskussion:
Molton (aufgerauhte Baumwolle, auch als Biber bekannt), sieht ebenfalls kuschelig aus und ist abbaubar.
@Tom „Die Liebe gehört den Lebenden! Den Toten gehört das Andenken.“
@18 guggug
Zum Glück ist Liebe unbegrenzt verfügbar und muss nicht zwischen tot und lebend aufgeteilt werden. Liebe empfinde ich zu lebenden und zu verstorbenen Menschen. Trauern bedeutet doch, sich zu erlauben die tiefe Liebe zu spüren, die mich mit dem anderen verbindet. Der oder die gestorben ist, gehört weiter zu meinem Leben dazu, ob neun Monate im Bauch, eine Stunde aus dem Bauch oder 90 Jahre alt geworden. Ich kann sie oder ihn lieben, auch wenn ich weitergehe und mich dem Leben und dem Alltag wieder zuwende.
@49 Emz:
Mir ist des Gynäkologen allgemeine Verdammung aller Ausdrucksweisen, die man durchaus als Euphemismus bezeichnen kann, schon unschön aufgefallen. Ja, irgendwann sollte man schon loslassen, da stimme ich zu. Und eine späte Regel ist eben erst mal eine späte Regel und 7. SSW ist idR eine biologische Notbremse. Aber wie bellenoir (47) schon schrieb – nur weil man nicht Totgeburt sagt oder vom Tod des Kindes redet, sondern Sternenkind oder von still geboren – den meisten auch derer, die sich so ausdrücken, dürfte völlig klar sein, um was es geht. Sie wollen es nur nicht so gefühllos ausdrücken – denn ja, die neutralen Formulierungen wirken kalt. Ich glaube, ich würde jemand, der mir meine Ausdrucksweise in dem Fall zum Vorwurf macht, ziemlich unfreundlich anreden.
Ich kann nur nochmal betonen – die Bezeichnung per se hat nichts damit zu tun, ob man (zu) viel trauert oder nicht. Und meiner Meinung nach ist es völlig normal, zu einem Kind auch schon vor der Geburt eine Bindung aufzubauen. Bei uns ging zum Glück alles gut, aber wir waren um jede Woche froh, die ohne Unglück vorbeiging und ja, wir haben auch gewagt, uns schon lange Zeit vor der Geburt auf unseren Sohn zu freuen, auch wenn wir zB die ersten 12 Wochen extra mehr emotionellen Abstand gehalten haben. Die Wahrscheinlichkeit für eine Intervention der Natur, weil nicht alles in Ordnung ist, war uns durchaus bekannt.
Im Rückblick auf die Schwangerschaft und wenn ich mir vorstelle, in sagen wir der zweiten Hälfte (irgendwann um den Dreh oder etwas später würde ich von Fehl- zu Totgeburt wechseln) wäre noch etwas passiert, kann ich nicht ganz nachvollziehen, warum der Gynäkologe so auf den Worten herumhackt. Ich habe mit Esoterik herzlich wenig am Hut, habe aber Verständnis, wenn Eltern eines tot geborenen Kindes oder einer Fehlgeburt das unsachlicher bezeichnen als jemand, der das Thema aus Berufssicht betrachtet. Ein Arzt braucht denke ich schon aus Selbstschutzgründen eine gewisse Distanz zu seinen Patienten. Er sollte das aber nicht zwangsweise auf eben seine Patienten im Verhältnis zu ihrer Familie erweitern.
Achtung Sarkasmus inbegriffen:
Die Vermeidung dummdeutschen Sprachmülls und die Verachtung der Schmeißfliegen aus der esoterischen Gutmenschen-Betroffenheitsindustrie haben mit Distanz nichts zu tun. Im Gegenteil. Ich bin hautnah dran, ich nehme das verstorbene Kind mit meinen Händen und gebe es der Mutter. Die Esoterikszene distanziert sich mit den billigen, dümmlichen Sternenmäuschen-Sprüchen, verniedlicht das Problem und verschwafelt das Leid. Aber wer da noch glaubt, einer Mutter, die ihr Totgeborenes betrauert, mit einer inhaltsleeren Worthülse und einer zusammengekloppten Synthetikdecke signifikant zu helfen, der glaubt auch dem Privatfernsehen. Da fallen nach dem Tod naher Angehöriger schon mal Dialoge wie „Nun schlafen Sie erst mal drüber, Frau Meyer, morgen sieht die Welt schon wieder ganz anders aus“, vulgo: „Die Sternenkindlein-Kuschelmaus hats schön warm im Gräbelein“. Der Zuckerspritzen- Gutmensch sonnt sich im Licht seiner Großherzigkeit und Anteilnahme, schmeißt die Fleecedecke ins Grab, dreht sich rum und ist so herrlich betroffen, so gnadenlos ateilnehmend – innerlich sieht er sich schon in der Volkshochschule, einen Kurs für Betroffenheit, Dummgeschwätz, Trauerarbeit und Sternenkindleinbegleitung geben. Ist er nicht toll, der hobbybetroffene Gutmensch? Ihm gehts ja gut, und wie es in den Eltern des toten Kindes aussieht kann ihm ja egal sein, denn er hat seinen Teil ja billigst und wohlfeilst geleistet.
Jetzt werd ich wohl gesteinigt….
Sarkasmus off
(Danke an Yves@46)
Eigentlich wollte ich auf meinen Fingern sitzen bleiben….
„Vermeidung dummdeutschen Sprachmülls und die Verachtung der Schmeißfliegen aus der esoterischen Gutmenschen-Betroffenheitsindustrie …“
Noch einmal. Ich werbe nicht damit, dass betroffene Eltern zu mir kommen sollen und was bestellen, damit ich mich dann im Ruhm sonnen kann! Von einer Freundin wurde ich um diesen „Gefallen“ gebeten und das Letzte, was ich machen würde, wäre es diesen Wunsch abzulehenen, oder dafür Geld zu verlangen!
„Da fallen nach dem Tod naher Angehöriger schon mal Dialoge wie „Nun schlafen Sie erst mal drüber, Frau Meyer, morgen sieht die Welt schon wieder ganz anders aus“
Tut mir leid, aber diese dummen Sprüche hat keine der Betroffenen von mir gehört. Im Gegenteil! Ich musste mir das vom Krankenhauspersonal anhören, als ich in dieser Lage war.
„Ist er nicht toll, der hobbybetroffene Gutmensch? Ihm gehts ja gut, und wie es in den Eltern des toten Kindes aussieht kann ihm ja egal sein, denn er hat seinen Teil ja billigst und wohlfeilst geleistet.“
Von billig kann wohl nicht die Rede sein, nur weil ich eben nicht damit gerechnet habe und somit kein „exklusiv – öko – was weiß denn ich – Stoff“ lagernd war.
Dass meine Freundin eine weitere Bekannte zu mir schickt, damit hab ich ebenfalls nicht gerechnet. Und dass es immer mehr werden liegt auch nicht an meiner Werbetrommel, da ich wie bereits mehrmals erwähnt – nichts daran verdiene!
Und eben weil es MIR wichtig ist, dass die Stoffe, die verwendet werden auch verwendet werden dürfen, habe ich Tom diese Frage gestellt.
Ich will keine Lobeshymnen, keinen Ruhm und kein Geld! Ich will nur weiterhin betroffenen Eltern diesen Wunsch erfüllen können, wenn sie auf mich zukommen!
LG Nine
Ich verstehe, dass Gynäkologe gegen Ausuferungen von Kreisen mit selbstgestrickten Trauerbewältigungen wettert, die der Frau nicht helfen loszulassen, sondern die Probleme regelrecht herbeireden und festigen. Gerade in solcher Situation sind Betroffene oft sehr empfänglich für „Zuckerguß“.
In einigen Kommentaren der letzten Tage in verschiedenen Beiträgen tauchte auch wieder die Bemerkung auf, dass eine Frau ihr totes Kind unter Schmerzen lange Stunden danach auf natürlichem Weg zur Welt bringen mußte.
Was wäre die Alternative dazu?
Bei vorzeitigen Holen dürfte der Körper warscheinlich nicht mehr unversehrt sein. Was hätte man da gewonnen? Was gäbe es dann noch einzubetten oder in den Arm zu nehmen? Fällt also aus.
Kaiserschnitt? Auch nicht Vorteilhaft, denn jede OP birgt Gefahren für die Frau, und auch für spätere Schwangerschaften.
Ausserdem ist sie dann erst mal mind. eine Woche in stationärer Behandlung. Kommt sie dann nach Hause, ist die Beerdigung meißt schon gelaufen. Erfolgt die Geburt jedoch auf natürlichem Weg, so kann sie meißt am Folgetag schon nach Hause in den Kreis ihrer Familie.