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Die Liebe gehört den Lebenden!

Ich finde es gut, daß man auch Totgeburten, Frühchen, Frühverstorbene, still Geborene -man nenne es wie man mag- bestatten lassen kann. Die bisher oft gepflegte Praxis der Entsorgung über den Klinikmüll war nicht das, was ich mir unter dem würdevollen Umgang mit einem toten Menschen vorstelle. Immer wieder haben wir Fälle in denen bei einem verstorbenen Erwachsenen, den wir aus einem Krankenhaus abholen, ein kleines Bündel mit unten an den Füßen liegt, das wir ohne großes Theater einfach mitbestatten. Es ist dann so ein Wurm.

Ich stelle mir dann immer, leicht schöndenkend, vor, daß beide dann nicht so allein sind im Grab.

Es gibt ganz viele Fälle, da nimmt die Trauerarbeit bei den Eltern die einen solchen Verlust erlitten haben, eine dramatische Entwicklung, weil eine Abschiednahme und die eigentliche Trauerarbeit gar nicht vollzogen werden kann. In diesen Fällen ist es gut und wichtig, daß es jetzt immer mehr Möglichkeiten gibt, auch diese Kinder zu bestatten usw.

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Hier im Weblog prallen derzeit zwei Strömungen aufeinander. Auf der einen Seite sind es die, die Totgeburten als Sternenkinderlein benennen und auf der anderen Seite die, die das als „esoterisches Geschwurbel“ abtun und sich gefallen lassen müssen, deshalb als Troll bezeichnet zu werden.

Es ist nunmal für einen Mann sowieso nicht nachvollziehbar, was in einer Frau vorgeht, wenn sie schwanger ist. Die Frau an sich zu verstehen, ist für einen Mann schon nahezu unmöglich; vollkommen unmöglich wird das, wenn der female Teil eines Paares hormonellen Schwankungen und Einflüssen ausgesetzt ist. Glücklicherweise kommt das ja nur einmal im Monat vor…

Ich habe insgesamt wirklich vollstes Verständnis für Mütter (und es sind vor allem die Mütter) die unter dem Verlust eines Kindes in besonderer Weise leiden. Und als Bestatter ist es meine Aufgabe, auch diese Menschen durch ihren Trauerprozess zu begleiten und alles so abzuwickeln, wie es sich der Kunde vorstellt.

Allerdings bin ich sowohl bei alten, wie auch bei jungen Menschen der Meinung: tot ist tot.
Ja, nur wer vergessen wird, der ist wirklich tot, alle anderen leben in unseren Erinnerungen weiter.
Nur, welche Erinnerungen hat man an ein Kind, das man -wenn überhaupt- nur ein paar Sekunden/Minuten gesehen hat?
Fassen wir also den Begriff ein wenig anders und sagen statt Erinnerung lieber Andenken. Man ehrt also das Andenken an einen kleinen Menschen, dem es nicht vergönnt war, lebend auf diese Welt zu kommen.

Für die weiteren Betrachtungen muß man aber nun wissen, daß es keineswegs so ist, daß nun alle Mütter/Väter/Eltern eine Bestattung ihres totgeborenen Kindes wollen. Doch recht viele Eltern wollen so schnell wie möglich damit abschließen und viele Frauen wollen das Kind auch gar nicht sehen.

Es wäre also falsch, es so darzustellen, als ob nun alle Eltern/Mütter von totgeborenen Kindern eine umfangreiche zeremonielle Trauerarbeit beginnen. Das ist nur ein Teil der Betroffenen und nur ein Teil derer wiederum nennt seine toten Kinder Sternenkinder usw.

Kommen solche Eltern zu uns, helfen wir ihnen, so gut wir können, müssen aber immer häufiger feststellen, daß sich manche der Betroffenen eine art pseudoreligiöse Gedankenwelt, aufgrund von Internetforen und -seiten, errichtet haben und bestimmten Vorstellungen und Pseudoriten folgen, die für einen Außenstehenden oft nur schwer nachvollziehbar sind. Wir versuchen uns immer, so gut es geht, darauf einzustellen, wie wir uns auf alle Sonderwünsche der Kunden einzustellen versuchen.

Man merkt es es sicher aus meinen Zeilen heraus, daß ich einerseits Sympathien hege, andererseits mit manchem was da getrieben wird, nicht viel anfangen kann.
Wie jemand um ein totgeborenes Kind trauert, das ist seine Sache. Aber grundsätzlich ist es doch so, daß man einen Vater, eine Mutter, einen Opa oder eine Großmutter durch nichts ersetzen kann.
Die gemeinsam erlebten Jahre sind alles was einem bleibt, wenn so ein Mensch stirbt und das was dieser Mensch für einen getan hat, wird er nicht mehr für einen tun können.

Wie ist vor diesem Hintergrund ein totgeborenes Kind zu sehen?

Schon wenn ein Ehepartner stirbt, merke ich dem Hinterbliebenen oft an und sie sagen es mir auch klipp und klar, daß ihr eigenes Leben doch weitergeht und sie sich nach Ablauf einer angemessenen Zeit wieder einen neuen Partner suchen wollen. Am Anfang sind die Besuche auf dem Friedhof noch häufig und irgendwann, ich sehe dann einen neuen Lebensgefährten an der Seite dieser Menschen, nimmt das ab. Die Gräber bleiben weiterhin schön gepflegt, aber man hat losgelassen.

Und genau so sollte es auch bei toten Kindern sein.
Aus dem Bauch heraus würde ich immer den Rat geben, es sobald wie möglich wieder zu versuchen, ein Kind zu bekommen und sollte das nicht gehen, soll man sich bemühen ein Kind zu adoptieren.
Aber es ist nix, wenn man seine Liebe auf den Friedhof trägt.
Die Liebe gehört den Lebenden! Den Toten gehört das Andenken.

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Ich habe zur besseren Orientierung noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels zusammengestellt:

#gehört #lebenden! #liebe

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