Frag doch den Undertaker

Diese Vorsorgen sind reine Abzocke!

orgel

Angeregt durch Deinen wirklich hervorragenden Blog, der meiner Meinung nach der beste überhaupt in Deutschland ist, habe ich meine Eltern (Vater 87, Mutter 83) nun dazu gebracht, Bestattungsvorsorgen abzuschliessen.

Ich will mich damit nicht meiner finanz. Verantwortung entziehen, bitte nicht falsch verstehen! Meine Eltern und wir verfügen über ausreichende Mittel. Nur wohnen wir etwas mehr als 400 Kilometer von den Eltern entfernt und wenn es dann mal passiert, werde ich mich nur schwerlich sofort selbst um alles kümmern können.

Mir geht es darum, dass alles beim Bestatter besprochen und besiegelt ist und die ersten Schritte mal vollautomatisch ablaufen.

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Deshalb ging zuerst meine Mutter zu einem Bestatter in ihrem Wohnort (eine große Stadt in Hessen).

Sie hatte sich ein Doppelgrab herausgesucht und zwar so ein kleines, in das nur zwei Urnen hinein passen. Dann hatte sie sich umentschieden und eine Waldhain-Bestattung gewählt. Das ist nichts als eine naturbelassene Fussgängerallee auf dem Friedhof, wo an den Bäumen ohne Namenstafel oder Einfassung einfach Urnen beigesetzt werden.
Kleine Trauerfeier, kein drum herum. Alles schlicht und einfach, billigster Sarg, dann Feier mit der Urne.

So, und nun kommt meine Mutter mit dem Angebot des Bestatters nach Hause und da steht als Endsumme doch tatsächlich 8.650 Euro. Das ist doch nicht zu fassen, ich finde das viel zu teuer.

Aber es kommt noch schlimmer! Mein Vater ist die Woche darauf dann zu einem anderen Bestatter gegangen und hat sich in etwa das Gleiche ausgesucht und von diesem Bestatter kam dann ein Angebot vom 9.129 Euro.

Diese Zahlen weichen so weit von dem ab, was ich hier immer lese, daß ich fast nicht mehr weiss was ich tun soll.

Ich habe beide Angebote hier vorliegen und mir stehen die wenigen Haare, die mir geblieben sind, zu Berge.
Aber zunächst müssen wir einfach festhalten, daß sich diese Kommune ihre „Waldhainbestattungen“ mehr als fürstlich bezahlen lässt. Allein an Friedhofsgebühren kommen inkl. dieser Grabstelle etwa 2.700 bis 3.000 Euro zusammen.
Die Kommune begründet das recht keck damit, daß zusätzlich zum reinen Grabpreis auch die „ewige Grabpflege“ (50 Jahre) beinhaltet sei. Dabei handelt es sich wirklich nur um einen langen Fußweg, der ohnehin vorhanden und notwendig ist, der auf beiden Seiten von Bäumen und Gras gesäumt wird.
Die Pflege (Baumschnitt und Rasenpflege) würde hier sowieso anfallen und es ist schlichtweg eine Frechheit, hier von evtl. mehreren hundert Angehörigen eine so hohe Summe für die „Grabpflege“ zu verlangen, zumal von den Gräbern an sich ja gar nichts zu sehen ist.
Es handelt sich hier um sog. teilanonyme Bestattungen, bei denen die Angehörigen zwar die Stelle der Beisetzung kennen und auch bei der Urnenbeisetzung dabei sein können, wo aber die Grabstätte an sich ungekennzeichnet bleibt und nur Stück einer großen Rasenfläche ist.

Aber einmal abgesehen von den exorbitanten kommunalen Gebühren, schlagen beide Bestatter recht kräftig zu. Allein die Beträge für die Särge und die fast 600 Euro für jeweils eine Urne sind unverschämt.
Auch alle anderen Rechnungspositionen deuten für mich darauf hin, daß ein gewiefter Geschäftsmann die Unerfahrenheit und die Unsicherheit älterer Menschen schamlos ausgenutzt hat.
Wenn, wie in diesem Fall, sowieso keinerlei Aufbahrung oder Abschiednahme gewünscht wird, braucht man keine Sarginnenausstattung für über 450 Euro. Wenn der Sarg sowieso vom Sterbeort direkt zum Krematorium gebracht werden soll, benötigt man auch keine „schwere Mahagonitruhe mit hohem Deckel und Schnitzungen“, da tut es der „Verbrenner“ für knapp 200 Euro auch.

Der eine Bestatter berechnet vorsichtshalber gleich vier Überführungen zu 199 Euro.
Da frage ich mich erstens, wo er denn den Verstorbenen noch überall hinfahren möchte und frage mich dann, wofür denn diese 199 Euro sein sollen, wenn er jedesmal auch noch 149 Euro für Benutzung des Leichenwagens und das Personal berechnet.
Man muss sich das mal auf der Zunge zergehen lassen: Der berechnet fast 1.400 Euro nur dafür, daß der Verstorbene am Sterbeort abgeholt und zum Krematorium gebracht wird.

Der andere Bestatter hat nicht ganz so hohe Fahrtkosten. Bei ihm käme man mit „nur“ 940 Euro für die Fahrerei weg; dafür berechnet er aber kühne 10 Tage Kühlkosten zu je 70 Euro.
Kühlung ist teuer, aber der Kollege signalisiert schon im Angebot, daß er nicht preiswert und zügig arbeitet, sondern auf teure Langzeitkühlung baut.

Ganz besonders witzig finde ich die Eigenart beider Bestatter, die Rechnungspositionen munter und bunt auf „Bestatterrechnung“ und „durchlaufende Posten“ zu verteilen.

Wir wissen, daß eine ordentliche Bestatterrechnung aus einem Teil besteht, der die Leistungen und Lieferungen des Bestattungshauses widerspiegelt. Im zweiten Teil der Rechnung wird dann zusammengefasst, was sonst noch alles an Fremdkosten vom Bestatter übernommen wurde. Das reicht von kirchlichen Gebühren über kommunale Gebühren bis hin zu den gesamten Grab- und sogar den Grabsteinkosten, sowie den Zeitungsanzeigen, Blumen usw.)

Um ihren Anteil an der gesamten Summe klein zu halten und so zu tun, als seien sie ganz günstig und die Kommune (sowie die anderen Zulieferer) ganz teuer (was im übrigen ja auch meisten wirklich so ist), schiebt man schnell mal eben die Hälfte der Fahrtkosten, das Grabkreuz und etliche weitere Positionen in den Bereich der „durchlaufenden Posten“.

Ganz frech: Der eine Bestatter berechnet 249 Euro für „Verwaltung des Sterbefalls“.
Das könnte ein durchaus angemessener Preis für die „komplette Abwicklung der Formalitäten“ (wie wir es nennen) sein, wenn da umfassende Arbeit geleistet wird.
Allerdings schreibt dieser Beutelschneider tatsächlich noch einmal als letzte Position unter die „durchlaufenden Posten“: „Berechnung und Verauslagung der Fremdkosten 332 Euro“.

Das heißt, der Schnabelkasper will über 330 Euro dafür, daß er die verauslagten Beträge untereinander schreibt und einen Strich drunter zieht.
Absolute Frechheit!

Denn: Der Bestatter wird nur in seltenen Fällen diese Kosten im Voraus bezahlen müssen und er kassiert ja, was an sich durchaus legitim ist, später noch Provision von Gärtner, Zeitung und Steinmetz.

Beide Bestatter haben nur gesehen, daß da alte wacklige Leute kommen, die unsicher sind, sich nicht auskennen und ein prall gefülltes Sparbuch vorweisen können.
Soviel wie da ist, wird auch ausgegeben bzw. berechnet…

Weg da!
Geht woanders hin!
Als Tochter solltest Du mitgehen oder jemanden mitschicken, der kritisch aufpasst.

Das ist Abzocke! Ich benutze dieses abgegriffene Wort nicht gerne, aber beide Angebote sind reine Abzockerei!


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Lesezeit ca.: 8 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 29. März 2011 | Revision: 2. Juni 2012

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