Anruf im frühen Morgengrauen (4.52 Uhr):
Anruferin: „Ja, Hallo, hier ist Frau Kunze.“
Ich: (verschlafen, kriege kaum die Zähne auseinander, meine Zunge klebt am Gaumen): „Grüß Gott Frau Funke, was kann ich für Sie tun?“
„Ich habe doch so eine Vorsorge bei Ihnen abgeschlossen.“
„Schon möglich.“ (Ich habe ja nicht alle Namen im Kopf)
„Keine Angst, ich bin noch nicht gestorben.“ (lacht sich kringelig)
„Ja und, was bringt Sie dazu, mich anzurufen.“
„Können Sie mal meine Akte zur Hand nehmen, mit meiner Vorsorge?“
„Nein, die habe ich im Büro, im Stahlschrank.“
„Und was, wenn ich jetzt gestorben wäre?“
„Dann hätte ich die Akte natürlich geholt.“
„Gut, dann machen Sie das jetzt mal!“
„Wozu, Sie leben doch noch.“
„Ja, aber ich will was ändern.“
„Was denn?“
„Ich hatte doch gesagt, daß bei meiner Beerdigung in der Trauerkapelle das ‚Ave Maria‘ gespielt werden soll…“
„Schon möglich.“
„Jetzt habe ich mir überlegt, dass ich lieber ‚So nimm denn meine Hände‘ haben möchte.“
„Okay, machen wir.“
„Haben Sie sich das auch ganz bestimmt jetzt aufgeschrieben?“
„Ganz bestimmt!“
„Dann lesen Sie mal vor.“
„So nimm denn meine Hände.“
„Prima.“
„War es das? Oder kann ich sonst noch was für Sie tun?“
„Nein, das war es, aber das hat mir jetzt auf der Seele gelegen.“
„Ich hab’s ja jetzt aufgeschrieben.“
„Fein. Ach noch was…“
„Ja?“
„Dass Sie um diese Zeit noch wach sind. Sie sind ein so fleissiger Mann.“
„Gute Nacht!“
„Gute Nacht.“ (legt auf)
Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:
Schlagwörter: fleissiger, mann
*lach*
Und ich dachte nur unsere Kunden nutzen das Bereitschaftstelefon aus 😀
Was bleibt einem da noch viel zu sagen… außer vielleicht: Mein Beileid.
Uaaahhh… ich weiß, Bestatter sollen nicht nachhelfen, aber ich glaube, ich hätte der Frau irgendwas über den Schädel gezogen. Echt.
Und an sowas denkt die um 5 Uhr morgens. Wer weiß, was die sonst noch um diese Uhrzeit macht.. Apfelkuchen backen, Socken stopfen. Aber süß klingt sie schon.
Senile Bettflucht? Was heißt denn hier "dass Sie um diese Zeit NOCH wach sind?"
Nur der frühe Vogel fängt den Wurm! Um 4:52 Uhr heute morgen war ich auf dem Weg zum Bahnhof, den 5:07 Uhr-Zug erwischen. Doof in der Gegend rumliegen tut man NACH der Beerdigung … 😉
Auf "hier ist Frau Kunze" antwortest Du mit "Grueß Gott, Frau Funke"? War wirklich frueh, mh? 😉
Nachtrag:
Juristisch wird die Nachtzeit/Unzeit wie folgt definiert:
21 Uhr bis 4 Uhr (April – September)
21 Uhr bis 6 Uhr (Oktober – März)
Also wäre Frau Kunze auch 52 Minuten früher noch im grünen Bereich gewesen … 😉
@spam
Also bei mir wäre die gute Frau auch noch 52 Minuten später noch längst nicht im grünen Bereich gewesen …
Kann man eigentlich wirksam testamentarisch verfügen, daß man im Morgengrauen beerdigt werden möchte, um den Bestatter und die bucklige Verwandtschaft zu ärgern? 😉
Ich glaub ich hätte sie erschlagen…. 4:52Uhr? Da schlafen andere ja noch.
Auch mein "Beileid" 😉 und meinen Respekt für den tollen Umgang mit einer wirklich WUNDERSAMEN Kunden!
“Keine Angst, ich bin noch nicht gestorben.” hätte ich geantwortet "aber gleich wird soweit sein". Um die Uhrzeit anzurufen… Autsch
muhaha wie geil…bist aber auch ein fleissiger 🙂 schöner blog übrigens 🙂
So höflich geblieben? Respekt!
Sorry aber manche Leute sind doch echt durch 😀
Was soll man denn machen? Die Frau ist alt, sie ist vermutlich einsam und fühlt sich bei uns gut aufgehoben. Wahrscheinlich denkt sie, dass auch wir Tag und Nacht nur an ihren Vorsorgevertrag denken und quasi die ganze Firma seit Jahren nichts anderes tut, als ihres baldigen Todes zu harren.
Ich werde ja oft zu ungewöhnlichen Zeiten angerufen, deshalb ist das an sich ja nichts Ungewöhnliches, nur eben waren hier in diesem Fall die Prioritäten etwas verschoben.
@Hannes: Wow, das ist Dir aufgefallen? 🙂 Ja, war wirklich so. Ich muss dazu sagen, dass beide Namen aus verständlichen Gründen erfunden sind, aber ich habe wirklich ihren Namen falsch gesagt. Ich war noch völlig verpeilt. War spät gestern 🙂
Aber sie hat es gar nicht gemerkt. Allerdings meine Frau, die neben mir lag, die merkt sowas sofort.
Übrigens: Dieses "Grüß Gott" sage ich nicht nur aus religiöser Überzeugung, sondern es ist ein Gruß, der sich deutlich von "Guten Tag usw." unterscheidet. Man kann ja einer Frau, die vielleicht soeben Witwe geworden ist, schlecht einen guten Tag wünschen.
Ich hab damals Vorsorgeverträge GELIEBT! Vor allen Dingen, wenn die schleichenden Erben dann völlig entsetzt waren, harr harr.
(Hab ich mich gerade in meinem Blog drüber ausgelassen)
Erzähl doch mal ein paar Anekdoten von gierigen Hinterbliebenen, die ständig rumschachern und den letzten Willen der Verstorbenen ignorieren (wie auch die Verstorbenen selbst, solange sie noch lebten), damit sie mehr vom Erbe abgreifen können…
Sowas würde mich auch mal brennend interessieren.
Ich hau mich weg. "SIe leben ja noch" *weglach*…………. wie geil
Vielleicht solltest du so ein Telefon einrichten. Bestattungsinstitut … . Ist soeben jemand gestorben drücken sie die 1, sonst rufen sie ab 8.00 Uhr noch einmal an.
ich weiß es ist warscheinlich zu unpersönlich)
@Biene: Es darf nichtmals ein Anrufbeantworter drangehen, schon legen die Leute auf und der Auftrag ist futsch. Wir halten immer mehrere Leitungen offen, sodass jeder durchkommt.
"Grüß Gott"? – wäre das nicht eher was für den Verstorbenen, als für die Hinterbliebenen? 😀
Auch wieder wahr 🙂 Ansonsten steht ein Stück weiter oben in den Kommentaren, warum wir das sagen.
Als meine Oma starb kam ich auch auf die beknackte Idee mich zu fragen, wie die von dem Bestattungsinstitut am Telefon rangehen.
Bei uns ist es aber wieder so, dass kein Mensch "Grüß Gott" sagt. Die haben sich wohl auch am Telefon mit "Guten Tag" gemeldet, wobei ich ja schon sarkastisch finde.
Wenn ich im Norden – nicht aus kulturimperialistischen Beweggründen, sondern schlicht aus Gewohnheit – "Grüß Gott!" sage, ist die häufigste Reaktion "Wenn ich ihn sehe…". Inzwischen verzichte ich meistens darauf, die Leute über die wahre Bedeutung dieser Formel aufzuklären.
Wobei für mich "Guten Tag" eigentlich auch mehr eine eingebürgerte Grußfloskel ist als der wirkliche Wunsch an den anderen, dieser möge einen guten Tag haben.
Vielleicht hat sie eigentlich auch nur angerufen, um rauszufinden, wann der Undertaker wieder für sie da ist?
Ich hab auch schon nachts um drei wo angerufen, weil ich davon Ausging, den AB mit den "Öffnungszeiten" an den Apparat zu bekommen…
In Gegenden mit Bergbau(-vergangenheit) ist ein "Glück Auf!" auch nicht fehl am Platze.