Internes

Geheimnisvolle Pixel versteckt

In einem Kommentar schreibt ein Leser:

Tolle Geschichte und das an einem Tag. Aber sag mal, ohne deine Leistung schmälern zu wollen… warum soll die VG Wort wissen, dass ich sie gelesen habe? Ist damit jeder unter Generalverdacht, Texte zu stehlen oder missverstehe ich das heimliche Tracking hier?

Per Kontaktformular schreibt eine Leserin:

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Habe ich erstaunt festgestellt, dass in den Artikeln bisweilen versteckte Codes enthalten sind, die mein Nutzerverhalten an irgendeine Gesellschaft melden. Nachdem ich mich Sach kundig gemacht habe, kenne ich nun den Hintergrund. Du willst uns Leser auf diese Weise abzocken. Das finde ich unehrlich und gemein.

Und per Mail schreibt jemand:

„Als Betreiber eines öffentlich zugänglichen Blogs solltest Du wissen, dasswir als Leser schon genug für den Internetzugang bezahlen. Ich habe meine Ausgaben bereits getätigt, bevor deinen Blog überhaupt auf dem Monitor erscheint. Dass du jetzt auch noch Geld dafür haben willst ist nicht einzusehen. Du hast eben den Knall nicht gehört. Fürs Bloggen gibts kein Geld, fertig, aus, Schluss! Man bekommt alles überall kostenlos. Du fliegst also aus dem Feedreader. War schön hier! Aber so nicht!“

Damit nun auch die anderen Leser verstehen, um was es überhaupt geht, zeige ich Euch erst einmal einen solchen geheimnisvollen und versteckten Zählpixel. Hier ist einer:

Na, was gesehen?

Nein?

Und? Hat’s weh getan?

Auch nicht?

Also, was soll’s?

Fakt ist, daß es für die Kontrolle der Nutzung von musikalischen Darbietungen die GEMA gibt. Sie sorgt dafür, daß nach einem komplizierten Schlüssel, den Musikautoren Beträge ausgeschüttet werden, die sie anderenorts für die Aufführungsrechte in Rechnung gestellt hat.

So etwas gibt es auch für schreibende Autoren, nur heißt das da VG-Wort und für die VG-Wort zahlt sowieso jedermann irgendwie irgendwann.

Zitat Wikipedia:

Mehr als 325.000 Autoren und 7.800 Verlage haben Wahrnehmungsverträge mit der VG Wort abgeschlossen. Im Jahr 2005 lagen ihre Einnahmen bei rund 91 Millionen Euro, von denen nach Abzug der Verwaltungskosten 84 Millionen Euro ausgeschüttet wurden. Rund 35 % der Einnahmen stammten aus der Kopierergeräteabgabe, 24 % von Rundfunk- und Fernsehsendern. Seit 1. Januar 2008 müssen auch die Hersteller von Druckern eine Abgabe an die VG Wort entrichten. Allein dieser Posten wird auf jährlich zusätzlich 90 Millionen Euro geschätzt.

Einer von diesen 325.000 Autoren bin ich und damit auch die hier online und vollkommen kostenlos veröffentlichten Texte eventuell mal irgendwie von der VG-Wort vergütet werden, muß man so genannte „Zählpixel“ in seine Texte einbauen. Die sieht man nicht, aber sie zählen bei der VG-Wort jedesmal ein Pünktchen hoch, wenn ein neuer Leser einen Artikel aufruft.

Kassiert hat die VG-Wort schon bei Kopierern, Scannern usw. Jedesmal wenn man so ein Gerät anschafft, geht ein bestimmter Betrag an die VG-Wort.

Nur ist es ungeheuer schwierig, als Autor auch etwas von dem ganz schön fetten Kuchen abzubekommen.
Das gesamte System der VG-Wort ist nämlich so ausgeklügelt und kompliziert, daß die meisten Blogger schon nach wenigen Versuchen vollkommen entnervt das Handtuch werfen.

Ganz grob will ich das Verfahren mal schildern:

Nachdem man sich bei der VG-Wort qualifiziert und angemeldet hat, kann man sich für seine Online-Publikationen eben diese Zählpixel herunterladen. Im Grund ist das nichts weiter als ein unsichtbares Bild, das auf dem Server der VG-Wort liegt und bei jedem Aufruf des Artikels von dort geladen wird.

So, wir leben im 21. Jahrhundert und man müßte annehmen, daß das jetzt alles war.
Die VG-Wort hat nun genaue Erkenntnisse, wie oft die Artikel eines bestimmten Autors gelesen worden sind.
Demnach könnte sie am Jahresende nach ihrem komplizierten Verteilverfahren auch die ganzen, mit Zählpixeln versehenen, Artikel berücksichtigen und den Bloggern sagen wir 15 oder 20 Euro pro Artikel ausschütten.

Aber leider macht man das nicht so. Und daß man es nicht so macht, das hat seinen Grund: Ich behaupte, die machen das deshalb nicht so, weil sich auf diese Weise zu viele Autoren an dem System beteiligen würden und der schön gefüllte Topf geschröpft würde.

Nein, man muß es nämlich so machen:

1. Ich lade zu einem Artikel ein Paket mit Zählpixeln herunter.
2. Datei öffnen und erstes Zählpixel kopieren.
3. Artikel öffnen, Zählpixel hineinkopieren.
4. Artikel abspeichern
5. Zurück in die Zählpixeldatei und beim Zählpixel (in Excel z.B.) vermerken, welcher Artikel mit welcher URL dieses Pixel bekommen hat.
6. Zählpixeldatei mit diesen Daten abspeichern.

7. Einmal jährlich muss man sich dann bei der VG-Wort einloggen.
8. Dort darf man dann in der Datenbank jeden einzelnen der o.g. Artikel suchen.
9. Neben dem Zählpixel steht in der Zählpixeldatei auch ein persönlicher und für jede Datei unterschiedlicher ID-Code. Den muss man nun bei der VG-Wort wiederum eingeben.
10. Daraufhin bekommt man angezeigt, ob sich der Artikel in diesem Jahr überhaupt für die Teilnahme an der Ausschüttung qualifiziert hat, das heißt, ob er oft genug aufgerufen worden ist und ob er lang genug ist.
11. Trifft das zu, darf man den KOMPLETTEN TEXT in eine VG-Wort-Maske hineinkopieren.
12. Die URL muss man auch in die Maske kopieren
usw.

Das alles mache ich dann für rund 1.000 Texte pro Jahr?
Der Aufwand liegt für mich bei etwa 10-15 Minuten pro Text. Man muß so oft zwischen den Programmen und Masken hin- und herspringen… Sagen wir also es sind etwa 12,5 Minuten oder 750 Sekunden.
Bei 1.000 Artikeln allein in diesem Blog sind das also 750.000 Sekunden oder 12.500 Minuten oder 208 Stunden.
Auf Tage umgerechnet sind das 26 volle Arbeitstage zu 8 Stunden, in denen man nichts anderes macht, als Zählpixel einbauen und bei der VG-Wort zu melden.

Gut, nicht alle meine Texte sind lang genug und deshalb müsste man sich die Arbeit nicht für jeden Text machen, man bekäme im Laufe der Zeit eine gewisse Routine usw.
Aber dennoch: Im Grunde muß man VÖLLIG UNNÖTIGERWEISE eine Zeit, die ungefähr einem ganzen Jahresurlaub entspricht, opfern, damit am Ende des Jahres mal etwas dabei herausspringt.

Bis jetzt ist übrigens noch nie etwas herausgekommen. Selbst bei sorgfältigster Erfüllung aller Bedingungen und penibelster Einhaltung der oben beschriebenen Schritte ist alles was ich regelmäßig von der VG-Wort bekomme, die Einladung zur Jahreshauptversammlung.

Theoretisch müßte da ein Betrag von fast 20.000 Euro jährlich realisierbar sein. Man müßte jemanden haben, der das alles für einen macht und den mit sagen wir 10% daran beteiligen. Für eine internetbegeisterte Hausfrau oder so wäre das eine Kleinigkeit, aber als Berufstätiger und Autor so etwas nebenbei auch noch zu leisten… Unmöglich.

Es sollte da Agenturen geben, die so etwas erledigen, das wäre noch DIE Geschäftsidee. Aber vielleicht gibt es das ja schon und ich weiß es bloß noch nicht.

Nur: Wenn man als Autor verzweifelt versucht, aus dem großen Topf, in den sowieso irgendwie jeder etwas bereits eingezahlt hat, etwas abzuschöpfen, dann sind Mails und Kommentare, die das Vorhandensein dieser Zählpixel noch als Zumutung empfinden, die eigentliche Zumutung.

Hashtags:

Ich habe zur besseren Orientierung noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels zusammengestellt:

Keine Schlagwörter vorhanden

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