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Guckguck

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Wieviel Särge hat man so im Angebot? Es mögen mal 20 verschiedene Modelle sein, mal mehr, mal weniger.
Aufgrund der Tatsache, daß es einige Modelle beim Großhändler auch in unterschiedlichen Holztönen gibt und man dann theoretisch noch die unterschiedlichsten Griffe dranschrauben kann, auch noch die Wahl hat, ob man lieber vier oder sechs Griffe möchte und auch noch entscheiden kann, ob an eines der fünf verschiedenen Deckelkreuze haben möchte oder nicht… es ergeben sich unzählige Varianten.

Vielleicht mag das ja mal jemand ausrechnen:
24 verschiedene Modelle
3 Farbmöglichkeiten (natur lackiert oder hell bzw. dunkel gebeizt)
6 verschiedene Griffgarnituren (die 4- oder 6-teilig montiert werden könnten; es geht auch ganz ohne Griffe)
5 Deckelkreuze zur Auswahl und die Option „kein Kreuz“

Auf jeden Fall dürfte es normalerweise kaum einen Sargwunsch geben, den man nicht erfüllen kann. Zusätzlich wäre es ja beispielsweise auch noch möglich einen gänzlich unlackierten Sarg von den Angehörigen selbst bemalen oder bekleben zu lassen.

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Doch manchmal hilft alles nichts:

Herr Franz Makowiak und seine Frau Hildegard tragen Partnerlook. Scheinbar haben sie eine Vorliebe für Trachtenmode, denn sie sind grüngrau gekleidet und tragen im Wesentlichen das Gleiche. Grünliche Kniebundhosen (in weiten Teilen Westfalens auch als „Sechswochenklosett“ bekannt), hellgraue Stricksocken in klobigen Lederschuhen mit schräg heraushängender Zunge; oben herum weißes Hemd bzw. Bluse und er mit einem schmalen Doppelbinder und sie mit einem gleichfarbigen Tuch um den Hals geknotet.
Über den Schultern hängt grünes Loden, man kann nicht erkennen, ob es Mäntel oder nur Umhänge sind.

Makowiak geht gewiss zum zwanzigsten Mal die Reihe mit den ausgestellten Särgen entlang und schüttelt den Kopf: „Da will mir ja so gar nichts gefallen, aber wirklich so gar nichts.“

Seine Frau Hildegard ist etwas entschlussfreudiger und hatte sich Minuten zuvor für eine große Kuppeltruhe in Eiche altdeutsch entschieden.
„Aber nein, überleg doch mal, Hildchen, die passt weder zum Vater noch zu seinem Geschmack.“

„Der hat doch aber auch ein Wohnzimmer in Eiche altdeutsch gehabt.“

„Das ist aber einen Hauch heller, nur einen Hauch, aber es ist eben heller.“

Ich wende vorsichtig ein, daß das auch am Licht liegen könne und es später dann in der Trauerhalle auch eher dunkel sein würde, doch das will Herr Makowiak nicht wissen. „Bitte beeinflussen Sie mich nicht, ich verstehe ja, daß Sie einen teuren Sarg verkaufen wollen, aber der ist eben zu hell.“

„Für den Eichensarg hatte sich Ihre Frau entschieden, ich wollte nur helfen“, wehre ich mich, doch er winkt nur ab.
Seine Frau hat nun ein anderes Modell gefunden: „Schau mal, der hier ist zwar in Grau, aber es ist so ein schönes Grau.“

„Grau ist Grau.“

„Aber schön isser.“

„Sicher, schön isser, aber nicht für meinen Vater.“

„Und der hier, guck mal, der ist in ganz dunkel, guck, doch mal, Mensch Franz, jetzt guck doch mal.“

„Ich guck doch.“

„Du guckst aber nicht richtig.“

„Tu ich doch.“

„Ja und?“

„Und was?“

„Wie find’sten den?“

„Auch nicht schlecht, aber nicht für meinen Vater.“

„Du hast gar nicht richtig geguckt.“

„Also gut, welchen meinst Du?“

„Den hier.“

„Ach, den da?“

„Ja, nun guck doch mal.“

„Ich guck doch, die ganze Zeit guck ich schon.“

„Dann sag doch mal was.“

„Was soll ich denn sagen?“

„Ob der Dir gefällt.“

„Hmmm…“

„Hmmm, was?“

„Is‘ nicht schlecht.“

„Dann könn’wer den doch nehmen.“

„Da muß ich mir den aber noch genau angucken.“

„Ich denk‘ Du hast gerade geguckt.“

„Hab ich ja auch, nur nicht richtig.“

„Wie guckt man denn richtig? Und wie guckt man falsch?“

„Ich gucke ja schon!“

„Na also. Mann oh Mann oh Mann!“

„Den nehmen wir.“

„Siehste!“

„Was?“

„Du hast gesagt ’siehste‘. Was soll ich mir ansehen?“

„Nichts.“

„Dann is‘ ja gut.“

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