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Gute Nacht, Freunde

Ewig lang hatte ich „Gute Nacht, Freunde“, geschrieben von Reinhard Mey und gesungen von Inga und Wolf schon nicht mehr gehört. Dann starb ein Mann von 51 Jahren an plötzlichem Herztod und seine Witwe wünschte sich für ihn dieses Lied bei der Trauerfeier.

Natürlich erfüllten wir den Wunsch und ich finde auch, daß die Textzeile „Gute Nacht, Freunde. Es wird Zeit für mich zu gehen…“ sehr gut zum traurigen Anlass passt.

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Aber an diesem Lied kann man nun wieder einmal schön erkennen, wie bestimmte Sachen ihre Runde machen. Kaum waren zwei Wochen vergangen, da wurde das Lied schon wieder auf einer Beerdigung gewünscht und ein paar Tage später erneut.

„Gute Nacht, Freunde“ ist nur ein Beispiel dafür, wie sich manchmal Dinge von Beerdigung zu Beerdigung weiterbewegen und damit die Chance haben, irgendwann einmal fest zur Bestattungstradition zu gehören.

Vor ein paar Jahren war der Nordweg auf dem Friedhof gesperrt; irgendeine Unterspülung mußte aufgefüllt werden, man nutzte die Gelegenheit, um gleich den ganzen Weg neu zu pflastern und das dauerte ein paar Monate. So kam es daß die Trauerzüge über den Friedhof einen kleinen Umweg nehmen mußten um von der Trauerhalle zu den Gräberfeldern zu gelangen. Auf diesem Friedhof gibt es zwei Trauerhallen und als wir eines Tages mit einer Trauergesellschaft zum Grab zogen, sah ich durch die Bäume hindurch, daß weiter unten gerade eine andere Trauergesellschaft, von der anderen Halle aus ebenfalls zum Grab marschierte. So ließ ich unseren Trauerzug kurz am großen Kruzifix am Platz in der Mitte des Friedhofes anhalten. Der Trauerredner überbrückte die kurze Wartezeit, indem er das „Vater Unser“ anstimmte und alle stimmten mit ein, dann war die andere Trauergesellschaft weg und wir zogen zum Grab.

Ein Vorfall den ich bestimmt bald vergessen hätte, wäre nicht eine Woche später eine Witwe gekommen und hätte gesagt: „Aber ich will, daß wir auch beim Herrn Jesus vorbeigehen und ein Vater Unser beten!“
Das ging dann wenigstens zwei Jahre so, obwohl der Nordweg längst wieder passierbar war, daß wir mit fast jedem älteren Verstorbenen am großen Kreuz vorbei mußten, dort ein Vater Unser beteten und dann erst zum Grab zogen.
Hätten die städtischen Mitarbeiter, die den Sargwagen schieben, sich nicht irgendwann meuternd an ihren Vorgesetzten gewandt, der diese „Umwege“ dann untersagte, wäre das bestimmt eine feste Tradition geworden.
Erst wollte ich mich dagegen auflehnen, aber dann ist die Sache auch wieder schnell in Vergessenheit geraten.

Ich erzähle das, weil ich zeigen will, wie schnell manchmal irgendwelche „Neuerungen“ von den Leuten angenommen werden.
Gleichzeitig überlegen sich Bestatter immer wieder Dinge mit denen sie die Trauerfeiern ihrer Meinung nach besonders und individuell gestalten wollen. Hier ist feststellbar, daß die Leute auf manchen bunten Zinnober ablehnend reagieren und lieber beim Althergebrachten bleiben.
Es ist also Aufgabe des Bestatters in die Leute hineinzuhorchen und genau aufzupassen was die Menschen haben wollen. Erfüllt er diese Wünsche, dann wird die Trauerfeier besonders und individuell.

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(©si)