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Hauen und Stechen 2

Was Hans Richter da hat, ist ein kleines Bestattungsinstitut in einer größeren Stadt. Er wickelt so an die 200 Sterbefälle im Jahr ab und das schon seit vielen Jahren. Eigentlich hat er mal Autoschlosser gelernt, übernahm dann aber gemeinsam mit seiner Frau ein Blumengeschäft in Friedhofsnähe. Als eine benachbarte Bestatterin aus Altersgründen ihren Betrieb zum Verkauf anbot, ging er bei ihr ein gutes Jahr in die Lehre und übernahm dann das Beerdigungsinstitut.

Das muss so vor 16 oder 17 Jahren gewesen sein und wenn ich mir das Geschäft von Hans so anschaue, dann ist das schon ein alter und sehr biederer Laden, der auch heute noch ohne Computer auskommt und lange nicht so viel Möglichkeiten bietet, wie etwa unser Geschäft. Aber ihm und seinen Kunden reicht es, er gilt gemeinhin als fleissiger, ruhiger und grundehrlicher Mann.

200 Sterbefälle, das ist nicht die Zahl, die großen Neid bei der Konkurrenz auslösen könnte, wenngleich das auch keine schlechte Zahl ist. Und dennoch hat sein Betrieb Begehrlichkeiten geweckt, was meiner Meinung nach an der guten Lage und der langen Tradition des Hauses liegt.
Direkt neben dem Friedhof, gegenüber dem Zufahrtsweg zu einem Seniorenstift und nicht weit von zwei Krankenhäusern entfernt, das ist wahrlich keine schlechte Lage für ein Beerdigungsinstitut.

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In der Stadt, in der Richter arbeitet, haben sich drei Bestatter zu einer Aktionsgruppe zusammengetan, treten in der Zeitungswerbung gemeinsam auf und betreiben einen gemeinsamen Fuhrpark. Alle anderen kleineren Kollegen mutierten quasi über Nacht von geduldeten Mitbewerbern zu lästigen Konkurrenten.

Richter bekam das zuerst dadurch zu spüren, daß eines Morgens die Fassade seines Hauses mit Farbe beschmiert war. Jemand hatte „Wichser“ und „Betrüger“ darauf geschrieben. Eine Anzeige bei der Polizei erbrachte gar nichts, man hatte nichtmal die Spur eines Verdachts.

Immer häufiger kam es vor, daß an seinem Bestattungswagen etwas zerstört wurde. Mal steckten abgebrochene Zahnstocher in den Schlössern, mal war ein Reifen zerstochen, ein anderes Mal gab es einen langen Kratzer über die Länge des ganzen Fahrzeugs.
Zu diesem Zeitpunkt ahnte Richter, eher als dass er es wirklich wusste, daß dafür seine Konkurrenz verantwortlich sein könnte. Am ehesten glaubte er noch, ein bestimmter Kunde, mit dem er vor Gericht im Streit lag, könne das gewesen sein oder einer der Mieter eines seiner Wohnhäuser, dem er gekündigt hatte.

Daß die Sache etwas mit seinem Beerdigungsinstitut zu tun haben könnte, wurde ihm erst bewußt, als sich Vorfälle häuften, die sich so gestalteten, daß Särge die er auf den Friedhof gebracht hatte, in den Tagen bis zur Beerdigung beschädigt wurden. Auch hier gab es lange Kratzer, aber es wurden auch Griffe abgeschraubt oder Sargfüße abgeschlagen.

Besonders ärgerlich war ein Vorfall, bei dem Unbekannte in einen Sarg eine Stinkbombe gelegt hatten. Der Gestank war so unerträglich, daß der Friedhofsverwalter Richter zu sich bestellte und verlangte, daß er den Sarg des „verwesenden“ Toten schließen solle, obwohl eigentlich eine offene Aufbahrung gewünscht war.

Langsam begann es sich herumzusprechen, daß die Särge vom Richter Schrott seien, da fielen sogar die Griffe und Füße ab und es wurde getuschelt, er würde die Toten nicht richtig lagern, weil „die immer so stinken“.

-Fortsetzung folgt-

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