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Herr Volkerts

„Geh mich weg mit die Eventbestatters!“ sagt Herr Volkerts von der Friedhofsverwaltung zu mir und ich weiß was er meint. Volkerts ist einer von den Guten, bei ihm haben wir Bestatter immer das Gefühl, daß er auf unserer Seite steht. Bei der Friedhofsverwaltung ist er der Mann, der die Termine für die Trauerfeiern vergibt und der somit unser erster und direkter Ansprechpartner ist. Klar, auch er kann nicht raus aus seiner Haut und obwohl es dafür natürlich keine offizielle schriftliche Dienstvorschrift gibt, vergibt er am Wochenanfang die besten und beliebtesten Beerdigungstermine pauschal an das städtische Bestattungsinstitut, egal, ob die so viele Sterbefälle haben und alle diese Termine benötigen oder nicht.

Aber so manche geschriebene oder ungeschriebene Regel wirft er dann doch mal über den Haufen, wenn man ihn anständig fragt. Das war nicht immer so. Ich erinnere mich daran, daß Volkerts vor noch neun Jahren sogar zu den Hardlinern gehörte und die Meinung vieler seiner Kollegen teilte, daß private Bestatter nur lästiges Geschmeiß sind und dem einzigen wahren Bestattungsinstitut, nämlich dem städtischen, nur im Wege sind. Das änderte sich, als seine Mutter starb und er sie vermeintlich besonders kostengünstig ‚übers Amt’ bestatten ließ.
Ich habe die Verstorbene damals gesehen und weiß warum er so etwas nie wieder machen würde. Mit halb offenen Augen lag die Frau im Sarg, der Mund verschmiert mit Lippenkleber, das Gebiß nicht eingesetzt und die Haare lieblos über die Decke und nicht über den Hinterkopf gekämmt. Mit anderen Worten: Hätte man die Tote einfach aus dem Krankenhaus auf den Friedhof gefahren, hätte sie nicht schlechter ausgesehen, aber vielleicht hat man auch genau das gemacht, wer weiß?

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Schlechte Bestatter betten einen Verstorbenen in weniger als 5 Minuten komplett ein. Von der Trage in die Kiste, Talar drüber, Mund zugeklebt, Hände gefaltet, Decke drüber, fertig.
Auf die Frage, was denn ein Leichenwäscher verdiene, schrieb ich, daß es den Beruf des Leichenwäschers als solches im Bestattungsgewerbe gar nicht gibt und daß man, entgegen der landläufigen Meinung, die Toten nicht baden oder waschen muß. Damit vertrete ich eine Meinung, die ein Großteil meiner Kollegen teilt. Ein Verstorbener, der bis zur letzten Minute gepflegt wurde, ist gewaschen und nahezu steril sauber. Insbesondere dann wenn er uns bereits angekleidet von der Familie übergeben wird oder bereits vom Pflegepersonal mit einem Talar bekleidet wurde und sonst nichts für eine Waschung spricht, dann lassen wir das auch. Kommt es im Zuge des Transports oder bei der Umlagerung zu entsprechenden Verschmutzungen, so werden diese beseitigt.

Das bedeutet aber nicht, daß Verstorbene grundsätzlich nicht mehr gewaschen werden. Genau das Gegenteil ist der Fall. Vor allem dann, wenn jemand Opfer eines Unfalls geworden ist und entsprechend mit Blut bedeckt ist, wenn jemand direkt schmutzig von der Arbeitsstelle geholt wird, wenn er auf dem OP-Tisch verstirbt oder –was sehr häufig vorkommt- heftig einkotet, dann wird immer ordentlich gewaschen. Viel lauwarmes Wasser, milde Substanzen und eine vorsichtige Trocknung gehören dazu. Man kann sich vorstellen, daß das immer eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt.
Aber selbst wenn dieser Punkt nicht so umfangreich ausfällt, ist stets noch genügend an der Person zu tun, sodaß ein guter Bestatter immer eine gewisse Zeit für die Herrichtung und Einbettung benötigt.

Volkerts hat den beschriebenen Unterschied direkt zu spüren bekommen und das hat mitgeholfen, sein Herz auch ein wenig für die privaten Bestatter zu öffnen. Warum die Leistung mancher kommunaler Bestatter und mancher Konzernbestatter so schlecht ist, kann man vielleicht mit dem ‚Peter-Prinzip’ erklären. Der einzige fachgeprüfte Bestatter bzw. die einzige ausgebildete Kraft überhaupt wird schnell der Einäugige, der bekanntlich unter den Blinden König ist und auf einen Platz in der Verwaltung/Geschäftsleitung befördert, wo er selbst vielleicht sogar überfordert ist, aber in jedem Fall nicht mehr für den Bereich zur Verfügung steht, in dem er seine Ausbildung bekommen hat. Die fachlichen Arbeiten werden dann von angelernten Hilfskräften durchgeführt.

Was das Ganze mit Eventbestattern zu tun hat? Nun, das schreibe ich dann im nächsten Artikel, der hier ist schon lang genug.

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Ich habe zur besseren Orientierung noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels zusammengestellt:

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