Allgemein

Ich geh da doch nicht dran

Ein paar Mal habe ich ja schon davon berichtet, daß wir im Zusammenhang mit der Abwicklung eines Sterbefalls auch die Ab- und Ummeldungen vornehmen. Ganz selbstverständlich gehört die Meldung an die Krankenkasse, Pflegeversicherung und Rentenstelle dazu. Außerdem beantragen wir für die Angehörigen eventuelle Lebensversicherungen und bieten an, Vereinsmitgliedschaften, Clubzugehörigkeiten usw. zu kündigen oder -je nach Wunsch- auf die Witwe umzumelden.

Im günstigsten Fall bringt uns der Hinterbliebene einen sorgfältig geführten Ordner mit allen notwendigen Dokumenten, manchmal hat der Verstorbene auch eine Liste mit entsprechenden Hinweisen hinterlassen, aber in den meisten Fällen ist es doch eher eine Schublade aus dem Wohnzimmerschrank oder ein Pappkarton voller ungeordneter Unterlagen, die uns da gebracht werden.

Werbung

Wir wühlen uns dann geduldig da durch, erfassen alle Mitgliedschaften und Verträge und besprechen dann mit der Familie, was behalten und was abgemeldet werden sollte.

Seit ein, zwei Jahren gehören da verstärkt auch Handy-Verträge dazu. Wir können ein Lied davon singen, wie schwer sich manche Netzbetreiber und Mobilfunkanbieter damit tun, ihre Kunden -wiewohl verstorben- aus den Verträgen zu entlassen. Oft stellt man sich, trotz zugesandter Sterbeurkunde, einfach taub und versucht, noch zwei, drei Rechnungen mit Grundgebühren einzufordern. Oft dreht es sich aber um die Problematik, daß der Verstorbene vor nicht allzu langer Zeit ein neues kostenloses Handy bekommen hat und sich verpflichtet hatte, zwei Jahre lang weiterhin Kunde bei diesem Anbieter zu bleiben.

Nu isser aber tot und kann aus durchaus nachvollziehbaren Gründen seinen allfälligen Gesprächsverpflichtungen in Form von etwaigen Mindestumsätzen nicht mehr nachkommen. Das sehen manche Anbieter durchaus ein, verzichten auf alle weiteren Ansprüche und beenden den Vertrag. Andere allerdings möchten dann gerne von den Hinterbliebenen zumindest eine anteilige Kaufpreisentschädigung für das Handy. Das bedeutet im Klartext, daß man sagt, der Kunde habe das an sich 490 Euro teure Handy gratis bekommen, könne die Monatsgebühren ja nun nicht mehr entrichten, also müsse man noch 200 Euro Abstandssumme zahlen.

Es ist oft sehr viel Hartnäckigkeit vonnöten, um da das gewünschte Ergebnis zu erzielen.

Im Falle des verstorbenen Metzgermeisters Franz Grobschlacht lief es etwas anders. Da wollte die Witwe Grobschlacht zuerst, daß wir den Vertrag kündigen, sie selbst brauche gar kein Handy, dann kam aber der Sohn und holte Handy samt SIM-Karte ab, das habe er mit seiner Mutter so besprochen.

Ich hatte diesen Vorgang schon längst wieder vergessen, da kommt -Wochen später- die Witwe Grobschlacht zu mir, um wegen der Grabpflege etwas zu besprechen. Das Gespräch geht recht zügig vonstatten und wir sind schnell durch. Doch obwohl eigentlich alles besprochen ist, bleibt sie sitzen und druckst herum. Ich merke, daß da noch was ist und erkundige mich.

Sie schaut mich an, zückt ein Stofftaschentuch aus ihrer Handtasche, putzt sich etwas umständlich das frisch gepuderte Näschen und sagt: „Sie dürfen mich aber nicht für verrückt halten.“

„Wieso sollte ich das?“

„Nun, es ist so, wenn ich das jemandem erzähle, dann erklärt man mich sofort für verrückt.“

„Was haben Sie denn auf dem Herzen?“

„Ich kann ja noch nicht einmal mit meinem Sohn darüber sprechen, der ist ja ständig beruflich unterwegs und ruft mich sonst einmal pro Woche an. Aber jetzt hat er wohl viel zu tun und meldet sich einfach nicht.“

„Was ist denn das Problem?“

„Es ruft bei mir an!“

„Wer oder was ruft bei Ihnen an?“

„Mein Telefon klingelt und ich sehe in diesem Anzeigefenster am Telefon, daß mein Mann dran ist.“

„Wie bitte? Ihr Mann ist doch tot.“

„Guter Mann, das weiß ich auch, oder meinen Sie, ich sei senil? Aber im Display steht ‚Franz‘.“

„Ja und wenn Sie rangehen, wer spricht dann da?“

„Ich geh da doch nicht dran!“

„Aber anders können Sie nicht herausfinden, wer da anruft.“

„Das weiß ich doch, es ist Franz.“

„Wir sind uns doch aber darüber einig, daß Ihr verstorbener Mann nicht bei Ihnen anrufen kann.“

„Einerseits weiß ich das aber andererseits steht da eindeutig Franz am Telefon.“

In diesem Moment kommt mir die Erleuchtung: „Wann ist denn früher diese Anzeige ‚Franz‘ am Telefon angegangen?“

„In dem Fenster stehen immer die Namen der Anrufer, das hat mein Mann alles noch einprogrammiert. Ja und Franz stand da immer, wenn er mit seinem Handy angerufen hat.“

„Dann weiß ich, wer da anruft.“

„Ehrlich?“

„Ja, Ihr Sohn! Der hat nämlich das Handy Ihres Mannes übernommen.“

Frau Grobschlacht schaut mich mit großen Augen an, putzt sich nochmals die Nase und sagt:

„Aber warum steht denn dann da nicht Dieter, sondern Franz?“

Es dauerte eine Weile, bis ich es ihr erklärt hatte und ich bin mir nicht sicher, ob sie mich richtig verstanden hat, aber immerhin hat sie mir versprochen beim nächsten Anruf des ‚Franz‘ an den Apparat zu gehen. Ich denke, ihr Sohn wird sich freuen…

Hashtags:

Ich habe zur besseren Orientierung noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels zusammengestellt:

#doch #dran #nicht

Lesezeit ca.: 6 Minuten | Tippfehler melden


Hilfeaufruf vom Bestatterweblog

Das Bestatterweblog leistet wertvolle Arbeit und bietet gute Unterhaltung. Heute bitte ich um Deine Hilfe. Die Kosten für das Blog betragen 2025 voraussichtlich 21.840 €. Das Blog ist frei von Google- oder Amazon-Werbung. Bitte beschenke mich doch mit einer Spende, damit das Bestatterweblog auch weiterhin kosten- und werbefrei bleiben kann. Vielen Dank!




Lesen Sie doch auch:


(©si)