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Im Adamskostüm auf Torf gebettet?

Zu einem anderen Artikel schrieb ein Kommentator:

Das Adamskostüm hat ja ein Feigenblatt. Ich habe mich schon immer gefragt, ob man nicht so etwas wie Torfmatratzen (oder besser Humusmatratzen) in den Sarg legen könnte um das Verrotten vielleicht zu beschleunigen? Mittlerweile gibt es ja den Entwurf von Bestattungskleidung mit Pilzen drauf. Aber Adam auf einer Humusmatratze und mit Herbstlaub bedeckt wäre eine schöne öklologische Variante vom “Erdbettchen”. (Und dem Angler werden als letzten Gruß dann die Reste vom lebenden Fischfutter mit reingekippt *schüttel, würg*

Die normalen Sargmatratzen sind mit einem Füllstoff ausgepolstert, der aus allen möglichen Materialien bestehen kann. Das reicht von Papierschnipseln über Holzwolle bis hin zu zerkleinerten Textilfetzen.
Die wichtigste Aufgabe der Sargmatratze ist weniger das bequeme Liegen, was angesichts des eingeschränkten Empfindungszustandes eines Verstorbenen, ja sowieso für ihn selbst kaum von Bedeutung sein kann, sondern mehr die Erfüllung der gesetzlichen Vorschriften, daß eine saugfähige Unterlage verwendet werden muß, die zusammen mit der Auskleidung des Sarges wirkungsvoll den Austritt von Flüssigkeiten aus dem Sarg verhindert.

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Sehr intensiv haben wir uns seinerzeit mit der Frage beschäftigt, ob es hierzu nicht eine Alternative geben kann.
Wir haben viele natürlich Materialien ausprobiert. Mir persönlich hat eine Mischung aus Torf und Rindenmulch sehr gut gefallen. Der an Waldboden erinnernde Duft überlagerte so manchen leichteren Leichengeruch perfekt.
Ein saugfähigeres Material als Torf kann man kaum finden.
Nur gab es keine leeren Matratzen zu kaufen, die entsprechende Fabrik wollte uns auch keine solchen Hüllen verkaufen, sondern lieber die mit der eigenen Füllung vertreiben.

Wir sind dann eine ganze Zeit lang dazu übergegangen, unten im Sarg eine 10 cm hohe Schüttung aus Torf und Rindenmulch einzubringen und mit einer einteiligen Sargbespannung abzudecken, die dann ringsherum festgetackert wurde.
Oft wurde das auch noch mit einer dickeren Lage Papierschnipseln überpolstert, je nachdem wie hoch wir den Verstorbenen im Sarg betten wollten.

Im Herbst hat Manni auch oft Laub verwendet, eine weitere Lösung, die mir recht gut gefiel. Im Grunde genommen kann man fast jedes Material verwenden, wichtig ist nur daß es einen saugfähigen Anteil gibt.

Daß Personen ganz ohne Kleidung bestattet werden sollten oder wollten, kam gar nicht so selten vor.
Der Großteil der Verstorbenen bekam einen Talar an, weil das oft die einfachste und für die Angehörigen günstigste Lösung war. Vor allem machte unser Krematorium in diesen Jahren sehr viel Theater um Kunstfasern und eigene Kleidung, sodaß sehr lange die Verwendung von etwas anderem als den materialgenormten Talaren für Feuerbestattungen ausgeschlossen war.
Direkt danach folgte in der Häufigkeit mit fast gleich großem Anteil die eigene Alltagskleidung, also vorzugsweise das Kleid für Damen und der Anzug für den Herrn.
Es folgten die spezielleren Kleidungswünsche wie z.B.: „Mein Vater will in seinem Jogginganzug beerdigt werden“ oder „Der Dress von seinem Lieblingsverein muß es sein.“

Jäger, Polizisten, Militärangehörige, Schützenbrüder usw. bevorzugen auch gerne mal die Uniform ihrer „Zunft“.

Ganz selten gab es Leute, die in einer bestimmten Berufskleidung bestattet werden wollten, einmal ein Metzgermeister in blauweiß gestreiften Hosen und weißer Küchenjacke, ein einziges Mal ein Mann, dem wir eine Kochmütze in die Hände legten.
Zum Schmunzeln fanden wir den Wunsch einer Frau, die ihren Mann in seiner (so wörtlich) Berufsuniform beisetzen lassen wollte. Was er denn von Beruf gewesen sei, lautete unsere Frage und sie antwortete, er sei Realschullehrer gewesen und habe sich nur für den Unterricht immer mit Hemd, Krawatte, Pullunder, einer glänzend speckigen Cordhose und einer Salz-und-Pfeffer-Jacke mit aufgenähten Lederflicken an den Ellenbogen bekleidet. Das müsse er nun auch im Sarg tragen.

Und die Nackten?
Zwei-, dreimal eine Frau, ansonsten fast nur Männer haben diesen Wunsch geäußert.
Bei den Damen und einigen Herren war es eine nudistisch und naturnahe Einstellung, die diesen Wunsch mit sich brachte.
Ansonsten überwog die Aussage von Männern: „Wenn ich mal tot bin, dann will ich nackt und ohne irgendein Brimborium irgendwo verscharrt werden, macht bloß kein großes Theater um mich!“

Ich bin der Überzeugung, daß solche Aussagen eher daraus erwachsen, daß Männer sich ganz besonders wenig mit der eigenen Endlichkeit beschäftigen wollen und die vor der Hand als weibisch empfundene Trauer für sich nicht gelten lassen wollen.
Der Wunsch, man möge sie „irgendwo im Wald verrotten lassen“ oder „auf dem Friedhof auf den Kompost werfen“, spiegelt also oftmals nicht wirklich das wider, was diese Leute möchten, sondern ist nur Ausdruck der Tatsache, daß sie selbst mit Trauer und Abschied nicht gut umgehen können und das auch ihren Angehörigen ersparen wollen. Vergessen wird dabei aber oft, daß Beisetzungen, Trauer und Abschiednehmen nur zu einem geringen dem Verstorbenen selbst gelten, sondern vielmehr wichtige Elemente der Loslösung seiner Angehörigen von ihm sind, die mithelfen, diesen Verlust zu verarbeiten.
Auch dem Selbstmitleid und dem Verlustschmerz der Hinterbliebenen muß Raum gegeben werden, um abgearbeitet werden zu können.


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Lesezeit ca.: 6 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 29. Oktober 2014

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Josef
9 Jahre zuvor

Eine Interessante Idee! Also erst die Folie, zehn Zentimeter Schüttung Mulch und Torf abgedeckt von einem Deckelraffer/ Papierschnipsel oder Holzwolle und dann den Deckelraffer auf dem der Verstorbene gebettet wird. Habt ihr diese Methode bis zum Schluss durch gezogen oder seid ihr irgendwann wieder zu üblichen aufsaugenden Füllungen zurückgekehrt? (Späne, Holzwolle, Sargmatrtzen?)
Wie war eigentlich der Abschied von deinen Mitarbeitern, wo du das Bestattungsunternehmen aufgegeben hast, und was ist aus den Leuten geworden? Würde mich mal interessieren!
Danke für die interessanten Artikel und alles Gute!
Josef




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