„Chef, komm mal gucken!“ raunt Sandy mir zu und ich sehe an ihrem Gesicht, daß es etwas Wichtiges ist, das sie dazu treibt, mich aus der Trauerfeier herauszuholen. In unserer Trauerhalle findet gerade die Abschiedsfeier für Frau Silbernagel statt und etwa 70 Angehörige haben sich versammelt. Ich stehe ganz hinten, schaue nur zu und wartete auf das Einsetzen der Musik, um dann unbemerkt wieder den Raum verlassen zu können.
Durch Sandy alarmiert schlüpfe ich mit der Gewandtheit eines Aals Wals durch Türspalt und Sandy führt mich zu den Gästetoiletten, wo schon Frau Büser, Antonia und Nadine auf mich warten und betretene Gesichter machen. „Das ist ja voll eklig“, sagt Antonia, beißt ein Stück von einem Eierlikör-Berliner ab und die gelbcremige Füllung läuft ihr rechts am Mund herunter. „Mal abbeißen?“ fragt sie und hält mir das Berlinerfragment unter die Nase. Ich winke nur ab und schaue fragend in die Runde.
Frau Büser erbarmt sich endlich und erklärt mir, was das Missfallen der Bürodamen erregt hat: „Da hat jemand das Klo verstopft.“
Ich will so was gar nicht sehen. Um so etwas kümmert sich Manni und wenn der nicht mehr weiterkommt, dann rufen wir Carlos Gastropoda. Der braucht zwar für alle handwerklichen Einsätze immer ewig lange, aber er macht es sehr ordentlich und vor allem unter Berücksichtigung der in einem sehr menschenleeren, südwestlichen, ländlichen Bereich Portugals geltenden Sicherheitsnormen.
Aber gut, nun haben die Hühner mich als männliche Verstärkung gerufen und so öffne ich die Tür und schon läuft mir ein Rinnsal Wasser entgegen. Etwas weiter hinten gluckert es und ich sehe, daß in einer der Kabinen die Toilettenschüssel bis zum Rand mit Wasser gefüllt ist.
Vermutlich steckt nur etwas zu viel Toilettenpapier fest, deshalb drücke ich beherzt die Spülung, aber der Erfolg ist eher bescheiden, denn wo soll das Wasser schon hin, außer auf den Boden zu laufen? Inzwischen haben die Frauen ein paar Aufnehmer und Lappen besorgt und in die Pfützen gelegt.
Manni kommt hinzu, holt eine Drahtspirale, eine jener Spiralen für die Menschen jedes Jahr Millionen in den Baumärkten lassen und die in kaum einem Fall wirklich helfen. Entweder man kommt an die Stelle der Verstopfung gar nicht hin oder die Verstopfung ist so fest, daß die biegsame Welle nicht genug Steifigkeit hat, um sie zu durchstoßen.
Aber Manni ist ein Guter, er schafft es tatsächlich, daß es auf einmal erst etwas gluckert und dann der irgendwo in den Tiefen des Klos festsitzende Bollen unter lautem Gurgeln und Gluckern abgeht.
Alles wischt und putzt, wir wollen die Sauerei beseitigt haben, bevor die Trauerfeier zu Ende ist.
Wenig später steht Frau Büser an meiner Bürotür und sagt: „Schon wieder.“
„Was schon wieder?“
„Verstopft!“
„Vielleicht ist die Verstopfung nicht ganz weggegangen, vorhin.“
„Nee, das glaube ich nicht“, meint sie und winkt mir mit dem Finger zu, ich solle ihr doch bitte folgen.
In der Halle stehen noch Trauergäste, tragen sich in die Kondolenzliste ein, trinken bereitgestellten Kaffee und freundlich, aber zurückhaltend grüßend durchqueren wir die Halle.
Dieses Mal ist es das andere Klo und es läuft noch kein Wasser über. Eindeutig! Da hat jemand dieses Mal eine ganze Rolle Toilettenpapier in den Abfluss gestopft. Welcher Idiot macht denn so etwas?
Manni kommt auch schon wieder, die Spirale hat er dezent unter einem Kittel versteckt, aber wohl doch nicht dezent genug, als daß sie nicht von wenigstens einem Trauergast bemerkt worden wäre.
Der Mann, etwa Mitte Vierzig, folgt Manni, ist ganz blass und bleibt bei uns stehen: „Verstopft?“
Wir drehen uns um, nicken und sehen, wie der Mann die Hände vor den Mund hebt. „Um Gottes Willen, Irma!“ zischt er zwischen den Fingern hindurch.
Dann schiebt er uns alle in die Damentoilette und zieht die Tür etwas zu. „Bitte kein Aufsehen! Kein Theater! Keinen Skandal!“
„Was ist denn los und wer ist Irma?“ frage ich und er antwortet:
„Irma ist meine Frau. Wenn sie Stress hat, dann macht sie so was.“
„Was?“
„Alles Mögliche. Lippenstifte klauen, Klos verstopfen, fremde Mäntel mitnehmen, alles eben.“
Manni greift einfach ins Klo, zieht die vollgesogene Klorolle heraus und wirft sie in einen Eimer. Mit ein paar Lappen wischt er das wenige dabei vertropfte Wasser auf, Sandy sprüht mit Badreiniger und wischt nach.
Herr Silbernagel, der Mann von Irma und ein Neffe des Witwers, sitzt inzwischen bei mir im Büro und nippt an einem Cognac.
„Haben Sie Herztopfen?“ hatte er kurz zuvor gefragt und dabei mit Daumen und zwei Fingern das Trinken eines Schnapses angedeutet.
„Ich war schon bei allen Ärzten und Irma ist seit Ewigkeiten in Behandlung, sie ist ja sonst auch eine ganz Liebe, aber wehe wenn sie Stress hat. Was meinen Sie, was mich diese Eskapaden schon gekostet haben. Was meinen Sie, was wird das heute hier kosten?“
Ich kann den Mann beruhigen, er muß nichts bezahlen, wofür auch? Wir haben den Mist ja auch so beseitigen können. Herr Silbernagel ist froh, bedankt sich artig und legt zwei Euro für den Cognac auf meinen Schreibtisch.
Wenn er meint…
Hauptsache er nimmt Irma mit und es stirbt so schnell keiner mehr aus seiner Familie.
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hehehe … Irgendwie ne lustige Marotte… wenn auch bitter für den Mann.
Und am Rande.. es sind Pfannkuchen.. keine Berliner 😉 😛
>> Und am Rande.. es sind Pfannkuchen.. keine Berliner
Es sin Kräppel, Kräppel, Kräppel
@ Ickedette
Es sind Berliner – Wobei sie mit Eierlikörfüllung „Bonner“ heißen.
Und Tom, hast du eigentlich schon mal Hausverbot erteilt? Björn macht das ja alle Nase lang. Aber im Bestattungshaus Hausverbot? So wie Johannes Heesters.
Gruß
Geschichtenblogger
@3, Joe: Es stimmt schon, Pfannkuchen sind das nicht. Wer füllt schon Pfannkuchen mit Eierlikör *Bäääh*. Da muss Pflaumenmus rein!
Bei Tom wäre ein Hausverbot fatal, wenn er die Person auf dem letzten Weg begleiten will. Sowas passiert Björn nicht.
Ich denke mal, es gibt schlimmeres, als Papier ins Klo zu stopfen:
http://www.bild.de/BILD/regional/ruhrgebiet/aktuell/2010/02/17/hier-baut-ein-brandstifter-richtig-scheisse/erst-machte-er-vor-den-aufzug-dann-legte-er-feuer-im-fitness-studio.html
dafür gibt es aber kaum was schlimmeres für Papier, als es mit der BLÖD-Zeitung vollzudrucken…… Ab ins Klo damit!!
Hausverbot beim Bestatter? Wozu das denn? Wenn ein unliebsamer Kunde irgendwann wieder mal vorbeischaut, dann doch meistens so tot, dass er nicht mehr viel Ärger machen kann 😉
Schlimmer?
Schlimmer war der Pferdeknecht, der sich an Weihnachten in dr Kneipe derart vollaufen ließ, daß er das Papier gar nicht erst in die Finger bekam. Dafür glitt ihm sein Verdauungsendprodukt direkt durch die Finger, woraufhin der die Masse gleichmäßig in der Kabine verteilte.
Mütter und viele Väter können mir da sicher nachempfinden, wieviel Freude mir das Putzen an dem Abend gemacht hat.
Ist das eigentlich noch pc, Berliner Pfannkuchen einfach Berliner zu nennen, oder beleidigt man damit eventuell Berliner, wenn man sie mit so einem rundem fettigen übersüßten Etwas in Verbindung bringt? 😉
Sowas gibt es jetzt schon als Dienstleistung: http://www.stupidedia.org/stupi/Kurtis_Flurschissagentur
@8 Undertaker J. A. Fox
Neee du, ick kann dir da vollends beruhigen. Wir nehmen dis nich so Böse wenn die Pfannkuchen woanders eben berliner heißen.
Wat würden sonst die Fastfood Dinger tun mit den Hamburgern???
Aber ick bleib dabei des sind schon immer Pfannkuchen gewesen. 🙂 🙂
Wahnsinn, was es für Streß – Reaktionen gibt. „Irma“ hat Glück, daß ihr Mann so zu ihr hält, viele lassen ihren Partner in solchen Situationen fallen. Hut ab vor „Hr. Silbernagel“!!!
„8“ Untertaker J. A. Fox
Kann ich mir nicht vorstellen das die da beleidigt sind. Haben doch sowas als Oberbürgermeister!
Tolle Geschichten, Danke, ich lese hier schon lange mit, aber heut musste ich mal schreiben, weil ich bei den KOmmentaren Hunger bekommen habe…..
Berliner sind diese dicken runden Fettgebäcke mit Pflaumenmus, allenfalls mit Marmelade; aber nur außerhalb Berlins, in Franken/Hessen heißen sie Kräppel.
In Berlin heißen sie Berliner Pfannkuchen.
Außerhalb Berlins sind Pfannkuchen „dicke Crepes“ oder vergleichbar mit nicht-zerrissenem-Kaiserschmarrn.
Und aus dem Berliner Pfannkuchenteig frittierte Ringe oder Achten nennt man u.a. Prilleken.
Guten Hunger
Solang das Gebäckstück noch schmeckt, kanns ja so schlimm nicht sein 😀
@ 13: Rucksack: Tolle Erklärung, danke! Ich nehm dann von jedem 1 Stück und zwar in der aufgeführten Reihenfolge!!! 🙂
Es heißt „Krapfen“ !! Zumindest bei uns in Bayern.
LG Andrea
@ Undertaker J. A. Fox.
Das war dann wohl PO(P)ART, mich hat`s beim Lesen schon gehoben, trotz „Stinke-Windel-Erfahrung“.
Bei uns heißen die fetten Teilchen übrigens „Kreppel“, wird beim Bäcker und anderen Backwarendealern sogar so geschrieben.
Und volle Toilettenpapierrollen ins WC stopfen ist gängige Schülerpraxis an hessischen Schulen, das hat dann wohl nix mit Stressbewältigung oder Demenz zu tun.
B. A.
Jetzt wüsste ich aber doch gerne, wie man in Berlin zu richtigen Pfannkuchen (Ö: Palatschinken) sagt, wenn die Kreppel/Krapfen/Berliner dort ebenfalls so heißen.
Berliner, Kräppel, Kreppel..ist doch egal, wieso versuchen immer irgendwelche Leute die bei ihnen gebräuchige Bezeichnung dafür in den Sprachgebrauch der restlichen Welt zu hauen?
Die Diskussion mit den „Pfannkuchen“ hatte ich schonmal, zu einem Ergebnis kam es nicht. Frage: Wenn Berliner (Kräppel, Kreppel, whatever) bei euch Pfannkuchen heissen, dann heissen die Mehl/Eier-Pfannkuchen Omelettes, wie nennt ihr dann reine Eieromelettes ohne Mehl?
Mei, das Thema um die gefüllten und fritierten Hefeteigkugeln ist nun aber schon sehr oft hier im Blog durchgekaut wurden.
Es sind und bleiben Pfannkuchen, da sie früher als man sie erfunden hat in einer Pfanne mit heißem Fett ausgebacken hat. Also Kuchen aus der Pfanne = Pfannkuchen. Basta. Ende der Durchsage und keine Wiederrede.
Übrigens die meisten Bäcker machen die nicht mehr selber. Die kaufen die Pfannkuchen fertig und gefroren in großen Mengen, dann legen sie diese in den Backofen und erwärmen sie nur noch.
Nur gute alte Bäcker machen die Pfannkuchen noch selber! Das schmeckt man dann aber auch.
@ 19 Iceflame,
was du als Omelette bezeichnest sind Eierkuchen oder Plinsen.
Und Omelettes sind dünne „Eierkuchen“ ohne Mehl nur aus gequirltem Ei und etwas Sahne und Gewürzen. Auch lecker.
🙂
Also Berliner sind die ungefähr faustgroßen mit (Erdbeer-)Marmelade gefüllten Teile mit Zucker oder Puderzucker oben und unten drauf/dran. (Zur Fasnet gibts die dann auch mit Eierlikör- oder Puddingfüllung und auch mit Zuckerguß, Schokolade oder Zuckerstreuseln oben drauf).
Krapfen gibts nur während der Fasnet. Heißen aber eigentlich Fasnetsküchle. Sind praktisch Berliner, nur etwas flacher, ohne Füllung und ungleichmäßiger gefüllt.
Die Teile rund und mit Loch in der Mitte sind Donuts. Lecker mit Vanillecreme, Apfelmuß, Schokosoße, …
Crêpes sind dann hauchdünne Gebilde, die mit einem Holzspatel in der heißen Crêpespfanne verteilt werden. Perfekt mit Banane und Nutella. Aber auch herzhaft mit Salami, scharfem Chilipulver, Frischkäse sehr lecker.
Pfannkuchen sind diese dickeren, festeren Crêpes aus einem etwas dickeren Teig. (Schmecken übrigens nicht nur mit Obst oder sonstigem Süßen sondern auch ganz hervorragend mit Bolognese-Soße gefüllt und mit Käse überbacken).
Omlettes bestehen nahezu ausschließlich aus Ei. Lecker mit etwas Milch und reichlich Käse und Gemüse drin.
Nur ’ne kurze Erklärung für den Süd-Westen. 🙂
Ich hoffe ihr habt jetzt alle so Hunger wie ich!!!!!
Na toll… jetzt hab ich lust auf Krapfen. ^^
in Wuppertal nennen die die Dinger „Ballen“ oder ausführlicher Berliner Ballen. Ach, und Hühnerbeine nennen die Bollen.
Fragen wir doch mal Wiki 😀
http://de.wikipedia.org/wiki/Berliner_Pfannkuchen
Also die Aachener Form „Puffel“ find ich am Besten. 😉