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Kapitän Horst Hahn – Der Mann, der die Seebestattung erfand

Horst Hahn

Die Bestattung auf hoher See nach Seemannsbrauch musste nicht erst erfunden werden. Einen auf See verstorbenen Menschen dem Wasser zu übergeben, ergibt sich aus den Notwendigkeiten der Seefahrt.

Frühere Schiffe verfügten über keine Kühlung und es gab keine Möglichkeit, einen Leichnam über Wochen und Monate aufzubewahren, um ihn an Land zu bringen. So wurde es allgemein üblich, Verstorbene mit allen Ehren der Seefahrt dem Meer zu überlassen.
Das wird auch heute noch praktiziert, ist aber seltener geworden, da die Schiffe heutzutage über Kühleinrichtungen verfügen, die es ermöglichen, den Verstorbenen heimzubringen.

Eine Seebestattung, wie wir sie kennen, ist aber etwas völlig anderes.
Bei einer Seebestattung nach unseren heutigen Vorstellungen wird der Verstorbene zuvor in einem Krematorium eingeäschert und in einer auflösbaren Urne dann später dem Meer übergeben. Und diese Vorgehensweise hat tatsächlich jemand erfunden.

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Kapitän Horst Hahn geboren um 1934 gilt als der Erfinder der Seebestattung. Auf jeden Fall ist der heute 90-Jährige der große Pionier dieser Bestattungsform.

Ich hatte die Ehre und das Vergnügen, Kapitän Hahn in den 1990er Jahren auf einem Bestatterkongress des damaligen Bund freier Bestatter in Kassel persönlich kennenzulernen.
Mit Fug und Recht darf ich sagen, dass der Mann ein Original ist und genau das verkörpert, was sich unsereins unter einem Seebestattungs-Kapitän vorstellt.

Auch damals trug er stolz und selbstbewusst seine Kapitänsuniform mit der passenden Schirmmütze. Seine Rede ist direkt, er denkt auch manchmal um die Ecke und steht für seine Sache ein.

Kapitän Horst Hahn: Seefahrer und Pionier der Seebestattung

Sein Gesicht, geprägt von unzähligen Stunden unter der Sonne, wird von einem markanten weißen Vollbart eingerahmt. Die Jahre auf dem Meer haben ihre Spuren hinterlassen. Heute fährt er selbst nicht mehr zur See. Ganz anders war das vor vier Jahrzehnten, als Hahn den Grundstein für seine Seebestattungs-Reederei legte.

Ein Lebensweg mit vielen Wellen

Dabei ist Horst Hahn gar kein geborener Küstenbewohner oder Hamburger. Vielmehr kam er in Münster zur Welt.
Nach einer Ausbildung zum Kaufmann und einem kurzen Kapitel in der Fremdenlegion landete er 1952 in Bremen. Dort begann seine Seemannskarriere als Leichtmatrose auf der „Bärenfels“. Acht Jahre, zahlreiche Reisen zwischen Dubai und Bremen und viel Erfahrung später hielt er sein Kapitänspatent in den Händen und verbrachte die folgenden Jahre als Kapitän auf hoher See.

1965 stellte ein Telegramm aus Hamburg sein Leben auf den Kopf. Eine Tante bot ihm die Übernahme des Bestattungsinstituts ihres verstorbenen Ehemannes an. Hahn nahm die Herausforderung an, zog nach Hamburg und lernte den Beruf des Bestatters von Grund auf.
Die neue Aufgabe bot ihm die Möglichkeit, sich besser um seine Familie zu kümmern. Für Seefahrer ist ja die oft monatelange Trennung von der Familie eine große Herausforderung.
Doch die Verbindung zur See blieb bestehen – und wurde bald zu einem neuen beruflichen Schwerpunkt.

Die Idee der Seebestattung

Die Seebestattung existierte zwar schon, war aber in den 1970er Jahren für die breite Bevölkerung noch keine etablierte Option. Lediglich für Menschen, die der Seefahrt verbunden waren, gab es eine Ausnahme. Eine gesetzliche Ausnahmeregelung aus dem Jahr 1934 erlaubte Seebestattungen, wenn der Wunsch des Verstorbenen nachgewiesen werden konnte. Gedacht war diese Regelung für Leute, die beispielsweise ihr Leben lang auf hoher See verbracht hatten und den Wunsch geäußert hatten, dort auch beigesetzt zu werden.

In dieser Regelung sah Horst Hahn die Möglichkeit, seine Expertise als Kapitän und Bestatter zu vereinen.
Sein Plan: Er wollte die Seebestattung als respektvolle Alternative zur traditionellen Beerdigung etablieren. Seine Vision: Es muss doch auch viele „Landratten“, weggezogene Küstenbewohner und Liebhaber der Meere geben, für die eine Seebestattung interessant sein könnte. Hier sei ein Markt, vermutete er und gründete die „Seebestattungs-Reederei Hamburg“.

Zu Beginn fuhr Horst Hahn mit seinem privaten Segelschiff „Sailor“ aufs Meer hinaus, um die ersten Seebestattungen durchzuführen.
Es dauerte eine Weile, bis dieses neue Bestattungsangebot bundesweit bekannt wurde. So waren es anfangs auch vorwiegend Seeleute und deren Familien und Küstenbewohner, die seine Kunden wurden. Doch schnell zeigte sich, dass die Nachfrage immer größer wurde.
Horst Hahn erkannte, dass ein speziell ausgestattetes Schiff notwendig war, um den Anforderungen der Trauergäste gerecht zu werden. Die „Sailor“ wurde erst durch ein Holzschiff und später durch zwei moderne Stahlschiffe ersetzt, die eigens für diesen Zweck gebaut wurden.
Hier leistete Hahn Pionierarbeit. Niemand sonst hatte zu dieser Zeit die Erfahrung und den Mut, so weit zu gehen, spezielle Schiffe für den Bestattungszweck in Betrieb zu nehmen.

Etablierung einer Tradition

Mit der Zeit gewann die Seebestattung an Akzeptanz und wurde zu einer festen Größe in der Bestattungskultur. Hahns Unternehmen entwickelte sich zu einem Traditionsbetrieb.
Zahlreiche andere Unternehmen boten dann in der Folge ebenfalls Seebestattungen an.

Ich habe Seebestattungen von Süddeutschland aus organisiert und mich immer auf drei sehr zuverlässige Unternehmen verlassen können. Allen voran die Seebestattungs-Reederei Hamburg von Kapitän Horst Hahn, dann die Seebestattungsreederei Claudia Belis und noch eine kleinere Reederei auf Sylt.

Natürlich haben sich in erster Linie Menschen aus dem oben genannten Personenkreis für die Seebestattung interessiert, also Menschen mit Bezug zur See.
Doch ich habe auch deshalb viele Seebestattungen durchgeführt, weil ich den Menschen vermitteln konnte, wie preiswert diese Lösung ist. Auf den ersten Blick scheint die Seebestattung mehr zu kosten. Schaut man aber genauer hin, so ergibt sich ein deutliches Sparpotential.
Der Friedhof vor Ort kann nämlich bei guter Planung vollkommen außen vor bleiben und es fallen somit überhaupt keine Friedhofsgebühren an. Die Trauerfeier kann man als Messe in einer Kirche bestellen oder in einem Gemeindesaal machen. Einen teuren Sarg benötigt man bei einer Einäscherung auch nicht. Und die teure Schmuckurne kann man sich ebenfalls schenken, denn für Seebestattungen sind auflösbare Urnen vorgeschrieben und da gibt es ganz preiswerte aus einem Cellulosepressmaterial, die sehr gut aussehen.
Vor allem aber entstehen keinerlei Grabgebühren. Allein ein Grab kann schon zwischen 1.000 und über 5.000 Euro kosten, wobei die Pflegekosten über bis zu 35 Jahre noch hinzukommen.

Wer bei der Seebestattung die unbegleitete Variante wählt, spart am meisten. Dann wird die Urne gemeinsam mit den Urnen anderer Verstorbener auf einer einzigen Fahrt dem Meer übergeben.
Teurer ist es, wenn Angehörige dabei sein möchten und nur eine Urne ins Meer gelassen wird. Das kostet mehr und man muss evtl. noch Fahrt- und Hotelkosten einrechnen.

Das Ende nach 50 Jahren

Das Hamburger Abendblatt berichtet am 20.01.2025:

Hamburgs ungewöhnlichster Kapitän meldet Insolvenz an

Hamburg. Horst Hahn war vor mehr als 50 Jahren Pionier für Seebestattungen. Doch jetzt ist seine Reederei in wirtschaftlichen Schwierigkeiten.

https://www.abendblatt.de

Die Gründe für das Aus liegen wohl in der allgemeinen Entwicklung. Die enorm gestiegenen Treibstoffpreise und hohe Personalkosten machen den Betrieb der Bestattungsschiffe zunehmend unwirtschaftlich. Billigkonkurrenz mit Preisen, die nach normalen Überlegungen kaum die Kosten decken können, drängen immer mehr auf den Markt. Inzwischen gibt es durch Beisetzungswälder und alternative Bestattungsformen auf Friedhöfen eine starke Konkurrenz zur ehemals günstigen Seebestattung.

Was sonst noch für Gründe im Fall von Kapitän Horst Hahn vorliegen, kann ich nicht sagen; das Hamburger Abendblatt hat den Artikel über die Insolvenz hinter einer Bezahlschranke versteckt. Die Möglichkeit, einen einzelnen Artikel zu kaufen, bietet diese Zeitung nicht. Für mich als Nicht-Hamburger ist aber der Dauerbezug uninteressant und damit zu teuer.
Wenn jemand von den Lesern den Artikel hat, wäre ich sehr dankbar.

Ein letzter Wunsch

Auch für seine eigene Bestattung hat Hahn vorgesorgt. Er hat einen speziellen Ort auf See ausgewählt, an dem er eines Tages seine letzte Ruhe finden möchte. Dieser Ort soll auch für seine Familie und Freunde zugänglich sein – ein Platz der gemeinsamen Erinnerung. Wo genau sich diese Position befindet, bleibt jedoch sein Geheimnis.

Horst Hahn verkörpert die Verbindung von Tradition und Innovation. Sein Lebensweg zeigt, wie Leidenschaft und Vision etwas Einzigartiges schaffen können.
Mir tut der alte Mann leid, ich hätte es ihm so gegönnt, dass er eines Tages in Frieden und Zufriedenheit auf sein Lebenswerk zurückblicken hätte können.
Aber nun wissen die Leser des Bestatterweblog.de wenigstens, wer die Tradition der Seebestattung begründet hat, die weit über sein eigenes Leben hinaus Bestand haben wird.

Bildquellen:
  • Screenshot-22.01.2025-um-12.10.04-PM: Seebestattungs-Reederei Hamburg - YouTube fair use policy


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Lesezeit ca.: 10 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 22. Januar 2025

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