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Katja und Ronny -5-

Wir haben das Bild von Ronny vergrößert und von der Trauerfeier heute Morgen steht sowieso noch der Blumenschmuck in der Trauerhalle. Das Bild haben wir auf eine kleine Staffelei gestellt, den Sarg aber noch nicht in die Trauerhalle gefahren.

Das ist gut so, Katja kommt um kurz vor drei und bringt einen kleinen Stapel mit Zeichenbogen-Papier. Die Kinder haben mit Wasserfarbe und Filzstift Bilder für ihren Papa gemalt.

„Für den liebsten Papa auf der ganzen Welt“

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Das nimmt mich mit, das hat meine kleine Tochter neulich erst auch auf ein Bild für mich geschrieben. Dieses Mal ist es aber nicht der Gruß einer Tochter an den Papa, weil sie vielleicht was Schönes von ihm will, sondern der Gruß eines Kindes, das weiß, daß es den Papa niemals wiedersehen wird. Bitter, sowas.

Ein Mitarbeiter legt die Bilder noch in den Sarg, dann können wir ihn in die Trauerhalle schieben. Unterdessen holt Katja die Kinder und tatsächlich sind auch ein paar Freunde gekommen. Zwei Ehepaare und ein junger Mann. Die paar Leute haben in der ersten Reihe Platz.

Nachdem sich die Trauergäste gesetzt haben, geht Sandy -meine Mitarbeiterin- hin und entzündet die Kerzen, richtet die Blumen etwas, verneigt sich kurz vor dem Sarg und geht. Dann fahren wir das Licht herunter, damit es etwas schummeriger wird und lassen hinter dem Buntglasfenster etwas die künstliche Sonne scheinen.

Eine Trauerfeier zu organisieren ist bei so vielen Feiern, wie wir sie machen, reine Routine. In den allermeisten Fällen läuft das nach „Schema F“ ab. Ist doch klar. Die meisten Leute wollen alle das Selbe und warum sollten wir das Rad immer wieder neu erfinden.

Aber hin und wieder gibt es besonders aufwendige Feiern oder auch so kleine Abschiednahmen, bei denen wir uns besonders anstrengen. Das macht, auch wenn es vielleicht für Außenstehende merkwürdig klingt, Spaß und bringt Abwechslung.
Heute stehen wir vor dem Problem, daß wir kein Programm haben. Es kommt kein Pfarrer, es gibt nur einen Musikwunsch und ich habe törichterweise von einer halben Stunde gesprochen.

Wir haben vor einer Trauerfeier immer eine kurze Regiebesprechung und klären ab, wer was wann macht und wie alles ablaufen soll. Die Mitarbeiter haben ihre Ideen eingebracht und ich glaube, es ist was Ansprechendes dabei herausgekommen.

Lange Zeiten den Stille verträgt eine Trauerfeier nicht. Sind viele Leute da, fangen die dann alle an zu husten oder gar zu tuscheln und das bricht die Atmosphäre. Kurze stille Pausen sind okay, aber dann muß wieder Geräusch her.

So spielen wir Bach vom Band, ein längeres Orgelstück, dann kurze Pause, Lichtwechsel, den Sarg jetzt als einziges helles Element angestrahlt, dann Karat mit dem „Schwanenkönig„. Das Lied mag ich ganz besonders.

Katja hat die beiden Kinder links und rechts neben sich sitzen und drückt diese an sich. Die anderen sitzen starr, man sieht an, daß es ihnen sehr nahegeht und manche nur gepresst die Tränen unterdrücken können.

Wieder lassen wir die Musik ausklingen und eine kurze Stille eintreten, dann gehe ich nach vorne und lese einen Abschnitt aus der Bergpredigt. Ich weiß gar nicht, ob die Familie besonders religiös ist, aber immerhin haben Ronnys Eltern einen Pfarrer und keinen Trauerredner bestellt. Die Bergpredigt ist für alles gut und so bekommen die Trauergäste wenigstens etwas geboten. Vielleicht sind einige von weiterher gekommen, immerhin haben sie doch den Weg zu uns auf sich genommen und da kann ich sie doch nicht einfach nur eine Weile schweigend vor dem Sarg sitzen lassen.
Kurze Verbeugung vor dem Sarg, Orgelmusik vom Band. Zur Bergpredigt passt am Besten Orgel.

Letzter Akt:
Sandy geht nach vorne und löscht eine Kerze nach der anderen. Dazu erklingt, wie gewünscht ein Stück von den Puhdys. Beim zweiten „Wenn ein Mensch kurze Zeit lebt“ öffnet sich die doppelflügelige Seitentür, zwei meiner Männer kommen herein, verharren kurz neben dem Sarg, der eine rechts, der andere links, dann schieben sie ihn hinaus.

Musik ausklingen lassen, Türen zu, Licht langsam wieder aufdimmen. Vorhang.
Wobei „Vorhang“ hier für ‚fertig‘ steht. Jede Trauerfeier ist wie eine Theaterinszenierung, sag‘ ich doch.

Wenn ein Mensch kurze Zeit lebt, sagt die Welt das er zu früh geht.
Wenn ein Mensch lange Zeit lebt, sagt die Welt es ist Zeit . . .

Jegliches hat seine Zeit, Steine sammeln – Steine zerstreun.
Bäume pflanzen – Bäume abhaun, leben und sterben und Streit.

Bei Wort-Taten gibt es die passenden Musikvideos.

Hashtags:

Ich habe zur besseren Orientierung noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels zusammengestellt:

#katja #ronny

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(©si)