Ein wahres und üppiges Weihnachtsgeschenk hat sich in diesen Tagen der Heidelberger Gemeinderat für die Bürger der altehrwürdigen Neckarstadt einfallen lassen: Die Abwassergebühren sinken von 1,02 Euro auf nunmehr 1 läppischen glatten Euro.
Ob dieses großen Finanzsegens ist fast schon ein wenig untergegangen, daß ein paar Gebühren auch noch ein klitzekleines bisschen erhöht worden sind:
So kostet das einfache, schlichte Reihengrab jetzt 830 Euro (vorher 570 €), das Kindergrab steigt von 285 Euro auf 570 Euro und die vor allem auch von finanziell schwachen Bürgern gewählten anonymen Urnengräber kosten jetzt nicht mehr 180 Euro sondern stolze und happige 480 Euro.
Da wundert es eigentlich niemanden mehr, daß die Angehörigen ihre Verstorbenen lieber für 499 Euro (komplett) irgendwo in Osteuropa einäschern und dann an einer Krematoriumsmauer verstreuen lassen.
Die Bestattungswälder, so sagte mir mal ein Friedhofsverwalter, sei ja keine Konkurrenz, die seien ja viel zu teuer.
Das stimmt so mittlerweile nicht mehr, denn man bekommt meines Wissens auch ein sehr günstiges Basispaket.
Ich finde, die Stadtväter müssen sich nirgendwo wundern, wenn die Leute sich nach günstigeren Alternativen umschauen. Das Friedhofswesen hat auch eine soziale Komponente, die hier wohl völlig vergessen und dem reinen Gewinnstreben geopfert wurde.
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Wow, das ist aber heftig. Aber sich deshalb in Osteuropa bestatten zu lassen? Meine Güte, so egal kann es einem doch gar nicht sein, wo man liegt, oder?
Den Toten dürfte es egal sein wo und wie sie letztendlich bestattet werden.
Beschwerden habe ich von dieser Seite jedenfalls noch nie gehört.
Ob sich allerdings die Lebenden die Toten noch „leisten“ können ist halt hier die Frage.
Womit wir wieder bei der Bestattungsvorsorge wären.
B. A.
Insbesondere die Bepreisung des Kindergrabes empfinde ich als Perversität.
Nicht dass man noch sein geliebtes Kind verloren hat, nein, man darf jetzt doppelt soviel für dessen letzte Ruhestätte zahlen.
So ne schicke Gebührenerhöhung gibt es auch hier bei uns in Braunschweig. Auf die Frage hin, wie die Preiserhöhung denn zu begründen sein, ernteten wir nur Schulterzucken…
@Eyaa (4)
Die Kassen sind leer! Alle Städte suchen händeringend nach neuen Einnahmemöglichkeiten. Das Tafelsilber ist schon verscherbelt und die Behördenmitarbeiterinnen weigern sich – verständlicher Weise – am Bahnhof gewisse Dienste anzubieten.
Während sichtbare Gebührenerhöhungen wie Abwasser, Müll etc. sofort einen wütenden Mob vors Rathaus jagen, sind solche „unsichtbaren“ Erhöhungen höchst willkommen, um mehr Geld in die Kasse zu spülen.
Die Kassen sind in der Tat nicht nur leer, sondern so überzogen, dass einige Städte kurz vor der Insolvenz stehen. Nur: mit solchen Gebührenerhöhungen, die nur ein Tropfen auf dem heißen Stein sind, läßt sich da nicht wirkungsvoll gegensteuern. (Für den, der die Gebühren zahlen muss, sind sie hoch. Bei Kommunen, die teilweise mit dreistelligen Millionenbeträgen verschuldet sind, sind das lächerliche Mehreinnahmen.) Die Gemeindefinanzierung ist seit vielen Jahren zu gering, und die Kommunen versuchen, an den Schrauben zu drehen, an denen sie es können. Da kommt dann sowas wie oben bei raus. Verschwendung ist auch ein Thema, aber wenn Kommunen nicht einmal mehr genug Einnahmen haben, um Pflichtaufgaben zu bewältigen (z.B. Straßenunterhaltung), kann davon kaum die Rede sein. Das führt mich ganz OT zu der Frage, wie es denn nun besser ist: wenn die öffentliche Hand Dinge finanziert und dafür Steuergelder verwendet, oder wenn die Dinge, bei denen das möglich ist, privatwirtschaftlich betrieben werden und dafür jeder Nutzer in die Tasche greifen muss. Hier fallen mir Kultur und Sport ein: wenn z.B. Sportvereine keine Förderung… Weiterlesen »
Hinzu kommt dieses bescheuerte Denken, dass die Kommunen gewinnorientiert arbeiten sollen. Das geht aber nicht. Also reduziert man alles auf die „pflichtigen“ Aufgaben, „outsourced“ was nicht schnell genug aufm Baum ist, befördert die Leute auf außertariflich bezahlte Posten (natürlich nur die Leitungen) und wundert sich dann, wenn nix funktioniert. Ein Beispiel par excellence, wie sowas in die Hose gehen kann, ist Duisburg. Die haben *alles* was in irgendeiner Form Einnahmen erzielen kann als „AG“ oder „GmbH“ in Tochtergesellschaften aufgesplittet. Selbst die Müllabfuhr. Da diese Unternehmen jetzt Gewinn erzielen müssen, um die marode Mutter „Stadt Duisburg“ zu stützen, wird gespart auf Teufel komm raus und Gebühren erhöht bis die Leute kotzen. Letztlich ist es aber so, dass die Leitungskräfte in diesen Unternehmen endlich außertariflich bezahlt werden können, da die Anforderungen entsprechend gestrickt sind. Und DIE tun sich dann wieder Kohle in hässlichen Mengen rein und versorgen sich fleißig selbst. Die Leute an der Front hingegen, die den Bürgerzorn voll abbekommen, die stehen im Regen. Kommunen KÖNNEN nicht privatwirtschaftlich arbeiten, sie dürfen es eigentlich auch nicht. Sie… Weiterlesen »
Ist doch nichts neues, dass der kleine Bürger zahlen muss.
Lieber Tom, wünsche Dir und Deiner Familie erholsame Feiertage. Frohes Fest
@7 Tante Jay: Richtig. Aufgabe der Kommunen ist es, die Daseinsvorsorge zu gewährleisten und gesetzliche Aufgaben umzusetzen, nicht Geld zu verdienen. Was nicht heißt, dass sie nicht betriebswirtschaftlich handeln sollen – ganz im Gegenteil. Und wenn dann Teile „outgesourct“ werden und tatsächlich Geld abwerfen (Stadtwerke sind ein typisches Beispiel), dann werden die Anteile fix meistbietend verkauft, um irgendein Haushaltsloch zu stopfen, was eine Halbwertszeit von etwa einem Haushaltsjahr hat. Die böse Erwachen kommt dann, wenn Privatunternehmen die Preise erhöhen, um den Gewinn zu optimieren – was für Unternehmen auch nur folgerichtig ist, für Kommunen aber nicht.
Über diesen Blödsinn könnte ich mich stundenlang aufregen, aber jetzt ist Weihnachten. (Außerdem ist Lemmy Kilmister heute 65 geworden)
Fröhliche Weihnachten!
Merkwürdig – in den Massenmedien liest und hört man ständig etwas von „die Wirtschaft brummt“, „der Aufschwung ist da“ und ähnliches. Die (offiziellen) Arbeitslosenzahlen sinken immer weiter. Man redet sogar von demnächst bevorstehender Vollbeschäftigung.
Eigentlich sollten die Stadtkämmerer bei soviel „Aufschwung“ gar nicht wissen, wohin mit den munter sprudelnden Steuereinnahmen. Lohnsteuer, Gewerbesteuer, Körperschaftssteuer, Umsatzsteuer – alles müßte im Überfluß da sein. Nur komischerweiser herrscht überall knappe Kasse. Die Gemeinden müssen sparen bis zum „geht nicht mehr“, öffentliche Dienste werden eingeschränkt, die Straßen sind voller Schlaglöcher, der Winterdienst wird nicht mehr richtig ausgeführt, die Straßenbeleuchtung abgeschaltet, und man versucht (siehe Beitrag) an allen möglichen und unmöglichen Stellen Geld aufzutreiben.
Wie paßt denn das zusammen? Sollte es mit dem angeblichen „Wirtschaftsaufschwung“ doch nicht so weit her sein?
Dennoch allen ein besinnliches Weichnachtsfest!
Ich denke, wie andere oben: dieser Blog-Beitrag greift zu kurz.
„[..]Das Friedhofswesen hat auch eine soziale Komponente, die hier wohl völlig vergessen und dem reinen Gewinnstreben geopfert wurde.“
Ich denke die Stadtväter sind in diesem Falle Opfer von Maßnahmen (wie z.B. gerade der Bankenrettung) und haben einfach kein Geld mehr, weil alles ihnen genommen wurde.
Um die „soziale Komponente“ wurden wir von den „Gewinnern“ der Bankenrettung betrogen. Diese haben ihre eigentliche Verluste dem Steuerzahler (mir) aufgebürdet und ich als unter-30-jähriger Deutscher werde mein Leben lang Schulden zahlen, gegen die ich nichts tun konnte. Auch ich werde im Alter wahrscheinlich in Armut leben.
Weihnachtliche Grüße.