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Klarer Durchblick

Die Witwe, eine gewisse Frau Stöcker, besucht ihren unlängst verstorbenen Mann in einem unserer Aufbahrungsräume. Nach eine geraumen Weile schauen wir mal nach ihr. Sie sitzt neben dem Sarg und erzählt ihrem Gatten recht laut die Neuigkeiten aus der Nachbarschaft. Auf einmal bemerkt sie, daß jemand da ist, dreht sich kurz um und sagt entschuldigend: „Sie müssen verzeihen, er hat schon zu Lebzeiten schlecht gehört, wer weiß, wie das jetzt ist.“

Dann blickt sie auf die Uhr: „Mein Gott, schon so spät! Ich muß los.“
Sie steht auf, kramt in ihrer Handtasche herum und drückt uns eine Brille und ein Brillenputztuch in die Hand: „Wenn Sie ihm das noch in die Tasche stecken würden, man weiß ja nie.“

Ich sage nur: „Sicher ist sicher“ und sie nickt und freut sich, daß sie jemand versteht.

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Ist doch schon merkwürdig, die Menschen wissen ganz genau, daß derjenige der da vor ihnen liegt, tot ist. Daß sie mit den Toten sprechen, sie vielleicht nochmal anfassen, ihnen etwas mitbringen oder ihnen ihre Lieblingsmusik vorspielen, das ist kein Verdängen der Tatsachen, sondern reine Trauerbewältigung. Sie empfinden große Liebe, manchmal hat man sich auch nur über all die Jahre aneinander gewöhnt, jedenfalls möchte man, daß bestimmte Sachen wenigstens noch ein paar Stunden oder Tage weitergehen.

Schade, wenn einem diese Gelegenheit genommen wird, aus welchen Gründen auch immer.

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(©si)