Branche/Kommune

Leiche mit drei Beinen eingeäschert

feuer

fuerio

Hallo Undertaker,

ich habe bei ntv von einem Krematoriumskandal gelesen. Da haben die Arbeiter im Krematorium Regensburg mal wieder Mist gebaut. Sie haben Beine und Arme von anderen Menschen mit in die Särge gelegt.
Was ich aber nicht verstehe: Wo haben die die überzähligen Beine und Arme her?

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Ich sende Dir den Link zu ntv mit.

Liebe Grüße
Boldrian

Und tatsächlich findet sich unter diesem Link bei ntv folgende Meldung:

Mittwoch, 15. Februar 2017

Fremde Körperteile verbrannt? Bestatter geraten unter üblen Verdacht

Mitarbeiter des Krematoriums im bayerischen Regensburg sollen bei Feuerbestattungen (in rund 200 Fällen) auch Körperteile anderer Menschen mitverbrannt haben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt. (…)

„Die Körperteile stammen nicht von anderen Leichen, sondern vermutlich von medizinischen Eingriffen wie Amputationen oder Entnahme von Gewebe sowie Blutproben“, erläuterte Oberstaatsanwalt Theo Ziegler.
Diese hätten als Sondermüll entsorgt werden müssen. Das Motiv ist laut Ziegler noch unklar, könnte aber Bereicherung gewesen sein. Auch die Herkunft der zugefügten Körperteile müsse noch ermittelt werden, betonte Ziegler. Die Fälle hatten sich in den Jahren 2011 bis Mai 2015 ereignet.

„Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, handelt es sich eindeutig um eine Störung der Totenruhe“, sagte der Sprecher des Bundesverbandes Deutscher Bestatter, Oliver Wirthmann, in Düsseldorf.
Er verweist auf die ethischen Grundsätze der Feuerbestattung. Demnach muss jede Einäscherung einzeln durchgeführt werden (…)

Vier Mitarbeiter im Regensburger Krematorium sollen zudem im Vorjahr in zwei Fällen Spenden in unbekannter Höhe für sich selbst verwendet haben. Darüber hinaus sollen zwei Urnen als normale Päckchen versandt, den Hinterbliebenen aber ein um 40 Euro höherer Preis für einen Urnenspezialversand in Rechnung gestellt worden sein. Diese Fälle beurteilt die Staatsanwaltschaft als Betrug.

In der Vergangenheit hatten immer wieder Bestatter Trauerfälle skrupellos ausgenutzt. In Nürnberg hatten Mitarbeiter eines Krematoriums bei der Einäscherung anfallendes Zahngold an einen Juwelier verkauft und dafür rund 130.000 Euro kassiert. In Gießen soll ein Bestatter in einem Krematorium Särge geöffnet und den Schmuck gestohlen haben. Im rheinland-pfälzischen Bad Kreuznach hatte ein Bestatter die Urnen statt mit der Asche der Toten mit Sand gefüllt.
Quelle: ntv.de

Mal wieder Bestatter zu unrecht ins schlechte Licht gerückt

Tja, was soll man dazu sagen?
Ich verweise grundsätzlich bei allen echten und vermeintlichen Skandalen rund um Bestattungen auf die nach Hunderttausenden zählenden Bestattungszahlen. Hiervon werden die berühmten 99,99999% perfekt und ohne Reklamation abgewickelt.
Aber in jeder Branche gibt es schwarze Schafe. Das ist bei Krankenschwester, Pfarrern, Polizisten und Astronauten ebenso der Fall, wie bei Bestattern und Krematoriumsmitarbeitern.

Deshalb gefällt mir der abschließende Tenor dieser ntv-Meldung nicht.
Zu diesem konkreten Vorwurf, der sich auf ein Krematorium bezieht, wird nämlich am Ende des Artikels noch schnell mal zwei Fälle aus anderen Bundesländern hinzu zitiert.
Und einer davon bezieht sich gar nicht auf ein Krematorium, sondern da holt man schnell noch mal einen Bestatter „an Bord“, um den einleitenden Satz dieses Abschnitts mit Gehalt zu füllen: „In der Vergangenheit hatten immer wieder Bestatter Trauerfälle skrupellos ausgenutzt.“
Einmal mehr werden hier also Bestatter in den Fokus gerückt, die mit diesem Fall gar nichts zu tun haben.

Schlimm ist auch die Überschrift: „Bestatter geraten unter üblen Verdacht“. Das zeugt davon, daß der entsprechende Meldungsschreiber bei ntv gar keine Ahnung hat, was Bestatter eigentlich sind und was sie tun. Er vermengt offenbar Krematoriumsarbeiter mit Bestattern.

Zum Fall an sich:

Bei vielen medizinischen Eingriffen fallen „Reste“ an. Das können kleine Gewebeteile sein, aber auch Arme, Beine, Hände und Füße, je nachdem, was da abgeschnitten werden mußte.
Diese Klinikabfälle menschlicher Herkunft müssen gesondert deklariert und als Sondermüll entsorgt werden. Es ist klar, daß so etwas nicht auf eine Mülldeponie gelangen darf.
Die Spezialentsorgung ist sehr teuer, die Kliniken müssen hierfür sehr viel Geld aufbringen.

Offenbar hat hier aber nun ein neues Geschäftsmodell seinen Platz gefunden. Zu vermuten steht, daß ein Klinikbetrieb oder einer der Fachentsorger die Mitarbeiter, wahrscheinlich gegen Zahlung eines Handgelds, dazu gebracht hat, die Amputationsrückstände in die Särge Verstorbener zu legen.
So kam es dann dazu, daß in einem Sarg auf einmal ein drittes Bein usw. aufzufinden war.

Ob hier wirklich ein Fall von Störung der Totenruhe vorliegt, ist zumindest mal strittig.

https://de.wikipedia.org/wiki/Störung_der_Totenruhe Wikipedia

Natürlich ist das Ganze eine Störung des Pietätsempfindens und sicherlich dazu geeignet, für Empörung zu sorgen. Ob aber tatsächlich der Straftatbestand der Störung der Totenruhe vorliegt, müßte erst noch geklärt werden.
Immerhin ist ein Leichnam, der einem Krematorium übergeben wird, einer mehrfachen Behandlung unterzogen, die auch nicht gerade viel Schönes an sich hat und sehr viele Manipulationen am Verstorbenen und seinen Überresten bedeutet.

Und die Aussage, jede Einäscherung müsse einzeln durchgeführt werden, ist an sich richtig. Es werden in deutschen Krematorien keine zwei Verstorbenen zusammen eingeäschert.
Nun handelt es sich aber bei einem Beutel mit Geweberesten, Klinikabfällen und Amputationsüberbleibseln nicht um eine andere Person, sondern nur um Fragmente davon. Außerdem dürfte vor allem bei Amputationen die betroffene andere Person noch leben.

Die weiteren Fälle

Die im weiteren Verlauf des ntv-Artikels geschilderten Fälle sind beinahe branchenüblich. Ich höre auch immer wieder von Bestattern, die Urnen als normales Paket versenden, dafür aber Beträge zwischen 25 und 200 Euro als „Spezial-Urnenversand“ aufrufen.
Die Zahngoldgeschichte ist alt. Nein, nicht diese konkrete Geschichte, sondern die Tatsache an sich, daß es immer wieder Fälle gibt, in denen Krematoriumsmitarbeiter das in der Totenasche gefundene Zahngold an sich nehmen und verkaufen. Das wird vermutlich auch nie ganz aufhören.
Sinnvoll sind eine lückenlose Kameraüberwachung der betreffenden Bereiche, die rigorose Anwendung des Vier-Augen-Prinzips und strenge Kontrollen durch Vorgesetzte.

Auch der Bestatter, der aus Särgen Schmuck gestohlen hat, ist nicht Erfinder dieses Verbrechens. Das haben wir auch schon mal gehört.
Kriminelle gibt es in allen Bereichen. Wo Wertgegenstände sind, werden immer auch Begehrlichkeiten geweckt.
Und Urnen mit Sand? Depp! Wie kann man nur?

Schlimm an diesen Einzelfällen ist es, daß sie a) immer wieder mal vorkommen, b) von den Medien gerne aufgenommen werden und c) immer einen Schatten auf eine sehr große und ansonsten zuverlässig arbeitende Branche werfen.

Story gemeldet von Claus, Dietlof und Boldrian

Bildquellen:
  • feuer-pixabay-a: Pixabay


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Berichte und Kommentare zu Verwaltungen, Kirchen, Friedhofsträgern und der gesamten Bestattungsbranche.

Lesezeit ca.: 8 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 16. Februar 2017

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11 Kommentare
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Ina
7 Jahre zuvor

Hallo.
Ich hoffe Sie entschuldigen die vielleicht etwas dumme Frage, ich bin in diesem Bereich absoluter Laie. Aber wieso werden solche „Reste“ nicht gesammelt und im Zuge einer eigenen Sonderkremierung extra verbrannt. Die entstandene Asche kann dann ja auch verstreut werden. Wäre das nicht effektiver und günstiger als eine Entsorgung als Sondermüll?

Arno Nühm
Reply to  Peter Wilhelm
7 Jahre zuvor

Ich nehme an, ein amputiertes Körperteil ist auch in dem Sinne kein Leichenteil, solange die Person noch lebt, oder? Und was ist, wenn mir heute die Hand amputiert werden muß, ich aber morgen an den Komplikationen versterbe: Werde ich dann mit oder ohne Hand bestattet? Letztenendes wäre es mir nämlich egal, wie der Ofen heißt, in dem ich oder meine Hand verbrannt wird.

hajo
Reply to  Peter Wilhelm
7 Jahre zuvor

@Peter Wilhelm: Nichtsdestotrotz ist das zu verbrennende „Medium“ von der selben Konsistenz, somit wäre es eigentlich Jacke wie Hose, ob Krematorium (klassischer Ofen) oder Sondermüllverbrennung (Drehrohr). Inwieweit die Kosten differieren, kann ich nicht sagen, die Emissionsvorgaben sind jedoch ähnlich, wenn auch nicht gleich. Allerdings ist der apparative iAufwand bei Sondermüllverbrennungen wesentlich höher, was aber vor allem den Einsatzstoffen (Gefahrstoffe u.ä.) geschuldet ist.

Ina
Reply to  hajo
7 Jahre zuvor

@hajo:
Danke Hajo, genau daran dachte ich nämlich auch. Ob ein kompletter toter Körper oder ein toter Körperteil sollte ja eigentlich egal sein. Letztlich ist es ja das gleiche „Ausgangsmaterial“. Somit könnte man die Kosten senken und den Aufwand geringer halten.

Georg
7 Jahre zuvor

In unserer Zeitung habe ich diesen Bericht heute morgen auf Seite 6 gesehen,war ein recht kleiner Artikel und ich frage mich wie die Mitarbeiter von diesem Privaten Sender es geschafft haben diese Nachricht so aufzublasen

http://www.weser-kurier.de/startseite_artikel,-Fremde-Leichenteile-verbrannt-_arid,1551015.html

Edith
7 Jahre zuvor

Also ich selber hätte kein Problem nach meinem Ableben noch einem fremden Arm oder Bein im unteren Bereich meines Sarges Asyl zu gewähren. Egal ob Kremation oder Erdbestattung. Ist doch sinnvoll, und der tut mir ganz sicher nichts mehr…
Ja, vielleicht müsste man fragen, aber ich kann mir vorstellen, dass Andere auch nichts dagegen haben. Noch eine letzte gute Tat, sozusagen.

Bibi
7 Jahre zuvor

Super erklärt.

Dr. Angela Tucek
7 Jahre zuvor

In der BRD haben illegale OPs stattgefunden. EU ha es publiziert und D-Funk einmal gesendet. Von nix kommt nix. Aber das soll keiner wissen.

MK
7 Jahre zuvor

Im aktuellen Spiegel wir über die Geschichte ausführlich berichtet: http://www.spiegel.de/spiegel/regensburg-mysterioese-verbrennung-von-koerperteilen-im-krematorium-a-1135203.html So ganz ohne finde ich die Geschichte nicht – zumal es um eine erhebliche Anzahl von Fällen geht und bei der Stadt Regensburg doch der ein oder andere davon gewusst haben muss Im Prinzip erklärt sich das ganze ja von Selbst: Sondermüllentsorgung ist eine lästige Pflicht und den meisten Kliniken wird es ziemlich egal sein was mit den Abfällen passiert solange man juristisch aus dem Schneider ist. Entsprechend wird der aller billigste Anbieter genommen, der dann eben über Subunternehmer, Scheinselbständige etc. die Abfälle abholen lässt. Und wenn man dann als letztes Glied in der Kette beim Krematorium nur einen Bruchteil für die Entsorgung zahlt kann das gutes Geld bedeuten. Ich möchte auch nicht wissen wie viele Ärzte mal eben einen Sack Praxismüll in die Tonne werfen, obwohl er eigentlich gesondert entsorgt werden müsste… Im Prinzip ist es ja nichts anderes, als wie wenn man dem Mitarbeiter am Wertstoffhof einen Zehner in die Hand drückt, damit er nicht ganz so genau schaut, was man da alles… Weiterlesen »




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