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Leichenschmaus

orgel

Warum heißt das gemeinsame Essen nach einer Beerdigung Leichenschmaus? Ich finde den Ausdruck schon schrecklich. Meine Schwester sagt, daß man da früher Tiere geopfert hat, die dann gegessen wurden.

Wenn es Schnitzel oder Hackbraten gibt, ist das heute auch noch so.

Aber mal im Ernst: Andere Begriffe für Leichenschmaus sind Beerdigungskaffee, Flannerts, Leidessen, Leichenmahl, Raue, Trauerbrot oder Tröster; im süddeutschen Sprachgebrauch auch Umtrunk oder Leichentrunk; im Saarland: Leichenimms; im rheinischen Sprachgebrauch Reuessen; in Altbayern Kremess, in Ostösterreich Totenmahl. (Quelle: Wikipedia)
Wir hier sprechen in der Regel vom Kaffeetrinken.

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Daß es nach der Beerdigung etwas Ordentliches zu Essen und zu Trinken gibt, ist schon seit sehr langer Zeit so Tradition und hat zunächst einmal praktische Gründe. Früher waren die Verstorbenen bis zu drei Tage zu Hause aufgebahrt und die notwendigen Arbeiten zur Bestattung wurden oft von der Familie und anderen Dorfbewohnern in eigener Arbeit geleistet. Das tägliche Leben mit den Verrichtungen des Alltags ruhte oft angesichts des Todes.
Wenn dann der Verstorbene unter der Erde war, richtete man ein gemeinsames Mahl aus. Es diente den Helfern und Sargträgern als Dank und den von weither angereisten Trauergästen als Stärkung und ebenfalls als Danksagung für das Kommen.

Außerdem ist es so, daß Beerdigungen zu den größten Festen innerhalb vieler Familie gehören. Man sieht sich nach langer Zeit wieder, hat neben der Totenklage auch viele andere Geschichten zu erzählen und feiert nicht nur den Abschied vom Verstorbenen, sondern auch das Wiedersehen in der Familie.
Durch das gemeinsame Feiern wird aber den Hinterbliebenen auch die Gemeinschaft versichert. Außerdem hat in vielen Regionen das Öffnen von Speisekammer und Weinkeller die Bedeutung, daß nun das Erbe verteilt werden kann.


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Lesezeit ca.: 2 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 19. Oktober 2008 | Revision: 28. Mai 2012

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Hans-Georg
16 Jahre zuvor

Ich habe immer die Erfahrung gemacht, dass beim Leichenschmaus, woraus er auch immer besteht, alle Anspannung der letzten Stunden, ja, vielleicht Tage, abfällt und es recht locker, manchmal auch lustig, zugeht. Auch gerade aus diesem Grund ist ein Leichenschmaus gut für die Angehörigen des Verstorbenen.
Oft wird bei uns im Norden Butterkuchen gereicht, der bei uns der Familie scherzhaft schon Beerdigungskuchten heisst.

Lauro
16 Jahre zuvor

Wie sagte eine ältere Verwandte mal zu mir:
„Früher trafen wir uns auf Hochzeiten und Taufen, heute auf Beerdigungen.“
Ist halt so.

Tim
16 Jahre zuvor

Essen bedeutet auch immer die Rückkehr ins Leben! Und ein gemeinsames Essen stärkt die Gemeinschaft der Trauernden, denn nach der Bestattung fängt für viele eine neue Phase des Trauerns an.

MacKaber
16 Jahre zuvor

Es ist schon wichtig, hinterher nicht wie ein Hühnerhaufen auseinanderzurennen. So ein Abschluß mit Hefezopf und Kaffee hilft einen Knopf an das Ganze zu machen um mit diesem Abschnitt erst mal abzuschliessen. Auch für die von weit her angereisten halte ich es für einen unverzichtbaren Bestandteil.

Smacky
16 Jahre zuvor

[quaote]Meine Schwester sagt, daß man da früher Tiere geopfert hat, die dann gegessen wurden.[/quote]

Ich glaube mal, dass ist auch heute noch so, wenn Fleisch beim „Leichenschmauss“ vorkommt. Man nennts nur nicht mehr so. Irgendwo muss das Fleisch ja her kommen. 😀

nogger
16 Jahre zuvor

@Hans-Georg: die Erfahrung habe ich auch bisher immer gemacht.
Bei jedem Essen nach einer Beerdigung konnte man förmlich sehen, wie die Anspannung von den Leuten abfiel.
Und ich habe auch noch keine Beerdigungskaffee mitgemacht, bei dem nicht irgendwann gelacht wurde.

@steffi: ich finde, das gemeinsame Zusammensein gehört dazu – es ist besser, als mit der Trauer alleine sich zu verkriechen.
Auch ist das oft eine Gelegenheit, sich das Leben mit dem Menschen noch einmal vor Augen zu führen und mit anderen die ein oder andere Geschichte zu teilen.

16 Jahre zuvor

Mir persönlich gefällt dieser Brauch überhaupt nicht. Als mein Großvater starb, fand ich es einfach nur schrecklich, hinterher mit all den lachenden (und teilweise fremden) Leuten zusammen sitzen zu müssen, die sich den Bauch vollschlugen, etc.
Sorry, aber nach einer Beerdigung eines mir nahestehenden Menschen bin ich nicht in der Lage, fröhlich mit anderen gemeinsam zu essen und alte Erinnerungen hervorzukramen. Erst mal muss man doch selber mit seiner Trauer einigermaßen klarkommen.
Als meine Mutter dann starb, was für mich natürlich noch viel, viel schlimmer war, stand für uns von vornerein fest, dass es natürlich keinen Leichenschmaus geben wird. Und auch bei meiner Großmutter haben wir darauf verzichtet.
Sollte irgendwer derartiges vermisst haben, so ist das wohl sein Problem.
Ich mag dieses Trara einfach nicht und lehne es daher auch ab.
Aber jeder so, wie er mag…

martin
16 Jahre zuvor

aus eigener erfahrung kann ich nur sagen: der totenschmaus ist wichtiger als die trauerfeier vorab!
zum einen trifft man leute aus dem bekanntenkreis und der familie, die man schon ewig nicht mehr gesehen hat: das stärkt die sozialen bindungen; zum anderen unterhält man sich ja größtenteils über den verstorbenen und tauscht erinnerungen ( zum teil auch sehr lustige!) aus und hält den toten damit mehr in erinnerung als es jede trauerfeier könnte!

bei uns kommt es mittlerweile wieder in mode neben dem üblichen kuchen auch stullen zu reichen, was mir persönlich eher entgegenkommt als der ganze süße kram!

Nanny
16 Jahre zuvor

Bei uns gibt es traditionell sogenannte „Beerdigungsweck“, die sind so ähnlich wie Rosinenbrötchen, nur ohne Rosinen und dazu gibt es Butter und Wurst. Ich persönlich finde die sogar so gut, dass ich immer darauf geiere noch welche mit nach Hause zu bekommen, schließlich bekommt man sowas ja nicht oft 🙂

Übrigens finde ich, dass jeder für sich selbst entscheiden muss, ob er so einen Trauerkaffee gut findet oder nicht. Vor einigen Jahren starb mein Nachbar und Klassenkamerad mit 28 Jahren nach einem Verkehrsunfall und für seine Eltern war das gemeinsame Kaffeetrinken unheimlich wichtig und hat ihnen auch gut getan.

Chrissie
16 Jahre zuvor

Mir geht es wie Steffi, mir kam es als 5-Jährige bei der Beerdigung meiner Oma völlig absurd vor, dass alle hinterher wieder so fröhlich waren und sich beim Essen köstlich amüsiert haben. Ich saß auf meinem Stuhl und hab meine Oma vermisst, die solche Feiern immer sehr mochte. Aus heutiger Sicht könnte man wohl sagen, dass sich meine Oma gefreut hat, dass wir so eine „schöne“ Feier hatten, aber damals habe ich es überhaupt nicht in meinen kleinen Kopf gekriegt.
Beim Tod meiner anderen Oma war ich 10 Jahre älter, aber da die Feier in ihrem Haus stattfand, hat es mir immer noch den Magen umgedreht, alles war so leer ohne die wichtigste Person. Ich bin wohl eher der Typ Mensch, der für sich trauert. Muss tatsächlich jeder für sich wissen.

isidor
16 Jahre zuvor

Nur zur Ergänzung: In Mainz gibt es noch den Begriff Schippesitzung für den Leichenschmaus. Der Begriff leitet sich aus dem jiddisch/hebräischen Schiva sitzen ab.

16 Jahre zuvor

Ich habe das ganze erst vor gar nicht allzu langer Zeit mitgemacht und muss auch sagen, dass dieser Leichenschmaus wirklich der Moment war, wo nach einer Woche wieder richtig durchgeatmet werden konnte.

Hal Zandor
16 Jahre zuvor

Bei der beerdigung meiner Tante (ist mit nichtmal 50 an Krebs gestorben und stand mir sehr nahe) war das Treffen nach der Trauerfeier mit Kuchen und allem was dazu gehört der Punkt für mich von der Depression der Gedenkfeier zurück ins Leben zu finden und nicht nur an den Verlust zu denken sondern auch die vielen schönen Dinge die gemeinsam erlebt wurden und jeder hatte noch was zu erzählen und ja wir haben viel gelacht weil meine Tante ein witziger und sehr lebensfroher Mensch gewesen ist. So habe ich einen Teil kennengelernt den ich sonst nie kennengelernt habe von Freunden und Bekannten meiner Tante. Mir hat es sehr gut getan und ich möchte dieses Erlebnis nicht missen.

15 Jahre zuvor

Hab sowas bisher erst ein einziges Mal mitgemacht und seh die Sache eher mit gemischten Gefühlen. Kann helfen, mit dem Verlust umzugehen, muss es aber nicht.




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