Unsere Filiale 2 hat hinten ab Büro sogar einen Balkon. Eigentlich brauchen wir das kleine Büro gar nicht, weil sich im Prinzip alles normalerweise vorne im kombinierten Ausstellung- und Beratungsraum abspielt. Aber manchmal ist es doch ganz nützlich, wenn man zum Beispiel zwischendurch mal ungestört telefonieren muß.
Oft lasse ich mir die Wunschtermine sagen und während die Leute noch den Sarg aussuchen gelingt es mir manchmal, direkt das Friedhofsamt und den Pfarrer an den Apparat zu bekommen und einen passenden Termin festzumachen.
Das ist dann immer eine ziemliche Überraschung, wenn die Kunden so schnell ihren Termin erfahren.
Ob das allerdings klappt, hängt fast immer vom Pfarrer oder der ihm vorgeschalteten Kontaktverweigerin in Form einer Pfarrsekretärin ab.
Daß Pfarrer viel beschäftigt sind und nicht immer zum gewünschten Termin Zeit haben, liegt ja auf der Hand. Aber das Ausmachen eines Termins besteht ja im Wesentlichen aus Zuhören, Überlegen, ins Terminbuch gucken und Ja oder Nein sagen. Sagen wir mal, das dauert rund 3-5 Minuten, wenn überhaupt.
Die allermeisten Pfarrer und Pfarrbüros brauchen bloß einen Namen und der Rest geht dann per Fax. Bei einer Gemeinde geht das sogar komplett per Fax. Wir brauchen einfach bloß ein Schreiben mit den erforderlichen Daten und dem vom Friedhofsamt durchgegebenen Termin hinfaxen, der Pfarrer hat immer Zeit: „Rufen Sie bloß nicht deswegen an, entweder habe ich Zeit oder ich schicke den Kollegen von ‚Dreifaltigkeit‘. Einer von uns kann immer.“
Es gibt aber auch Pfarrer, die haben offenbar ein besonderes Gelübde bei Opus Dei abgelegt, das beinhaltet, niemals selbst ans Telefon zu gehen, unter gar keinen Umständen.
Da meldet sich immer die Pfarrhaushälterin und die sagt garantiert: „Der Herr Pastor hat gerade keine Zeit. Sein Terminbuch liegt hier vor mir, aber ich darf da nicht reingucken.“
Ein Fax haben die zwar, aber das ist ausgestöpselt und kann nur von Frau Schellenberger bedient werden und die kommt nur dienstags und donnerstags Vormittag.
Am Besten wäre es, man schreibe einen Brief oder man rufe einfach später nochmal an. Zwar gehe der Pfarrer dann auch nicht ans Telefon und habe dann sicherlich auch keine Zeit, aber jetzt wäre es sowieso ganz ungünstig…
Glücklicherweise sind das nur ganz wenige Pfarreien bei denen das so ist, in der Regel klappt das alles ganz reibungslos.
Ich sitze also in diesem kleinen Büro und warte darauf, daß der Mann beim Friedhofsamt kurz zurückruft. Das gibt mir Gelegenheit, auf den Balkon hinauszutreten, etwas frische Luft zu schnuppern und festzustellen, daß es nach gekochter Kotze riecht.
Übern Hof ist ein Kleingarten und an den grenzt der Hof einer großen Gastwirtschaft. Und da werden gerade die Kübel mit den Essensresten abgeholt. Zwei Männer tragen die einen Weg entlang und entleeren die in einen kleinen privaten Müllwagen.
Es stinkt erbärmlich und ich bin froh, daß das Friedhofsamt anruft.
Ich habe den Geruch immer noch in der Nase und denke, daß ich ganz froh bin, daß ich diesen Job nicht machen muß.
Die Leute freuen sich tatsächlich, daß ich ihnen schon einen Beerdigungstermin nennen kann und einen Sarg haben sie auch schon ausgesucht. Wir setzen uns wieder, um die restlichen Formalitäten zu erledigen. Unter anderem frage ich nach dem Beruf des Verstorbenen. Sein Bruder und seine Schwägerin sind bei mir und der Bruder sagt: „Der Werner war Darmschleimer.“
Darmschleimer? Ist das nicht jemand der sehr krank ist?
„Ein Darmschleimer übt einen äußerst wichtigen Beruf aus“, belehrt mich der Bruder: „Werner hatte seinen Betrieb am Schlachthof. Eine Darmschleimerei nimmt die Därme der geschlachteten Tiere, wendet sie und entschleimt und reinigt sie. So wie Därme aus dem Schlachtbetrieb kommen, kann man sie ja nicht für die Wurst nehmen.“
Aha, sowas macht also ein Darmschleimer. Jetzt kenne ich schon zwei Berufe, die ich nicht gerne machen will.
Als ob er meine Gedanken lesen könne, sagt der Bruder: „Sie denken jetzt bestimmt, daß das ein unangenehmer Beruf ist, das mag ja auch stimmen. Aber ich kenne einen noch schlimmeren Beruf.“
Ich schaue ihn fragend an und er sagt: „Der Abschleimer!“
„Gibt’s den auch auf dem Schlachthof?“ erkundige ich mich und der Mann schüttelt mit dem Kopf. „Nein, der Abschleimer saugt den Schleim ab, beim Zahnarzt. Denn alles das, was man oben am Stuhl so in das kleine Mundspülbecken spuckt, das geht unten im Keller durch einen Filter und der ganze Rotz wird gesammelt. Und der Abschleimer kommt regelmäßig um das abzusaugen.“
Im Kopf notiere ich den dritten, nicht erstrebenswerten Beruf.
Die Frau meines Kunden sagt: „Und ich dachte, daß der Mann, der die Dixie-Klos saubermachen muß, einen schlimmen Job hat.“
Nummer Vier!
Und da sage noch mal einer Bestatter sei ein unangenehmer Beruf!
Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:
Schlagwörter: darmschleim, pfarrer, rotz
Ich hab die Leute, die Dixi-Klos auf Festivals reinigen müssen, nie beneidet. Besonders, wenn die mal wieder umgestoßen wurden… Igitt.
kennt hier jemand die serie „dirty Jobs“ von discovery Channel? Da kommen fast jeden tag so ein paar Berufe vor auf die ich verzichten kann.
Es gibt jetzt aber nicht echt nen Abschleimer oder? Rotze ist doch nix was man filtern und sammeln muss… *kopfkratz*
Doch, man hat mir erklärt, daß diese Brühe oft sehr stark mit Erregern und teilweise auch Schwermetallen versetzt ist. Denke mal an das Ausbohren von quecksilberhaltigen Zahnfüllungen oder das Absaugen eines vereiterten Zahnabzesses usw.
Ich weiß nicht, ob das bei jeder Zahnarztpraxis so ist, aber der hier in Rede stehende Mann macht das tatsächlich bei den Praxen, die diese Anlage von seiner Firma haben.
Nur mal so als Information: Flüssigabfälle aus ärztlichen Praxen – egal ob veterinär-, zahn- oder augenärztlich – sind *immer* Sondermüll.
Die meisten Praxen haben Einwegcontainer im Keller, die dann lediglich abgeholt werden.
Lediglich Kliniken und Großpraxen haben noch Großkollektoren, die „abgesaugt“ werden müssen – ist einfach für kleine Betriebe zu teuer.
Was auch nicht geht: Katholischen Pfarrern eine Mail schreiben. Die haben zwar alle einen Account, weil man das jetzt so hat, aber wie das funktioniert ist ihnen meist nicht klar. Bei Adressen wie „pfarrermueller@st-nimmerlein.de“ hat man noch eine Chance, aber wenn die Adresse „katholisches-pfarramt-st-nimmerlein@aol.de“ lautet, dann kann man es gleich vergessen….
Ja, da weiß man immer, wie das endet. Genauso sicher weiß man, daß eine E-Mail niemals beantwortet werden wird, wenn nach der Frage nach der E-Mailadresse die Gegenseite anfängt mit „www“ …
Es gibt auch immer noch Sekretärinnen, die nach Durchgabe der E-Mailadresse nachfragen „alles klein?“ -> Nein, jeder zweite Buchstabe groß! OMG
Ich hab die Leute, die Dixi-Klos auf Festivals reinigen müssen, nie beneidet. Besonders, wenn die mal wieder umgestoßen wurden… Igitt.
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*kicher* Und ich habe die Leute, die darin saßen, nie beneidet. Ach was war das immer lustig, wenn da einer drauf saß und jemand hat das Ding umgestoßen.
IGITT!!!
Besten Dank für den herrlichen Artikel.
Nach der Kicherpause geh ich gern an die Arbeit zurück :-).
@poermax: Die Frage nach der Schreibweise einer E-Mail-Adresse ist nicht völlig unbegründet.
Zwar gibt es im Domain-Teil (nach dem „@“) keine Berücksichtigung der Groß- und Kleinschreibung, aber zumindest theoretisch (und in manchen Mailsystemen auch praktisch!) ist die Schreibung beim Localpart (also dem Teil vor dem „@“) zu berücksichtigen. „Meier@domain.example“ ist, strikt technisch gesehen, eine andere Adresse als „meier@domain.example“. Daß wegen der Verwechslungsgefahr die meisten Mailsysteme praktisch so konfiguriert sind, daß sie da keinen Unterschied machen, ändert daran zunächst einmal nichts.
-thh
@ Tom: Aber hast du nicht auch mal erzählt, dass die Flüssigkeiten aus deinem Betrieb auch im Keller gesammelt und dann abgesaugt werden?
Seit 20 Jahren Vegetarier und wieder mal bestätigt worden.
Kotz.
@Nina,
dann lieber Pflanzen essen, auf die die Tiere ihren Darm entleert haben… Wenn es ordentlich gespult ist, ist nichts mehr dran.
Ich kenne mehrere Zahnarztpraxen von der technischen Seite her recht genau und in allen landet das abgesaugte Zeug in der Kanalisation.
Es gibt lediglich einen Amalgamabscheider, der quecksilberhaltige Partikel rausfiltern soll, der wird aber normalerweise regelmäßig ausgetauscht und nicht abgesaugt.
Ich kann mir höchstens vorstellen, dass es in sehr alten Praxen diese Filter noch nicht gibt und notgedrungen das ganze Abwasser aus Umweltschutzgründen gesammelt werden muss, aus Gründen des Infektionsschutzes ist dies aber nicht vorgeschrieben.
Tom das ist ekelhaft! Vor allem weil ich mir grad mein Mittagessen gönne.
Zahnärzte sind verpflichtet Amalgam, das sie aus Zähnen bohren, mittels „Amalgamabscheider“ aus dem Abwasser zu filtern und als „Sondermüll“ zu entsorgen.
@ akbwl: Ich grase prinzipiell nicht in Hundezonen, sondern ausschließlich auf biologisch-geprüften Almen.
@Nina: Auf so ner Alm läuft ja auch das ein oder andere Rindvieh vorbei – und die lassen auch mal was fallen…
Guten Appetit 😉
Es gibt Parasiten, die befallen Insekten, bevorzugt Ameisen und lassen diese, entgegen ihrer natürlichen Gewohnheit, diese auf die Spitzen von Grashalmen wandern, wo sie dann leicht von Pflanzenfressern aufgenommen werden können.
In deren Därmen entwickeln sie sich dann zu Larven/Würmern etc. weiter …
Während meiner Zeit als Krankenpflegeschüler bei der Bundeswehr war ich tournusmässig auch dran mit Essensreste in die Tonnen zu entsorgen. Wenn es draussen warm war, war das die grausamste Arbeit, die ich mir bis heute vorstellen kann. Dicht gefolgt von in die Jauchegrube fallen oder mit einem Dixiklo umgeworfen zu werden. Bäääh!
@Sensenmann: Was die Kuh fallen lässt erinnert mich an Sp(e)inat.
Im Schlachthof gibts noch den Kuttelkocher.
Kuttel mag ich sehr.
Dann fällt mir noch der Kripobeamte ein, der versucht im Keller des Zentralfriehofs nachts ganz allein eine Bahnleiche in eine halbwegs übersichtliche Form zu bringen. Mit dem ich wirklich nicht tauschen möchte, was jetzt das Alleinarbeiten betrifft.
Auch das arme Wesen, das die Ausnüchterungszellen reinigt hat mein vollstes Mitgefühl.
Ah ja, da fallen mir auch noch die Polizeibeamten ein, die die „Spezialtoiletten“ durchsuchen müssen. Konkret sind das Toiletten mit einem Sieb drin. Die Zelleninsassen sind mutmaßliche „Bodypackers“, also Drogenschmuggler, die Koks- oder Heroinkugeln in ihrem Magen über die Grenze transportieren und dann drauf warten, dass alles seinen natürlichen Ausgang findet, um die Kugeln an den ortsansässigen Dealer weiterzugeben.
Die Polizeibeamten müssen somit im wahrsten Sinne des Wortes die Exkremente von den Inhaftierten durchstöbern, um auf die Drogenpakete zu stoßen. Ein Job, für den ich sie nie beneidet habe.
@Nina: Es geht doch einfach nur darum, dass die Nahrung vor dem Verzehr gereinigt wird. Und wenn das gründlich geschieht, hat man eigentlich nichts zu befürchten. Daher ist das für mich kein Argument Pro und Contra Fleichessen/Vegetarischer Ernährung.
Nein, das war auch ein Argument für Ironie.