Hallo,
ich lese Ihren Blog Täglich, genau wie die Bücher.
Mir ist der Fall eines vor Jahren verstorbenen 4 Monate alten Jungen bekannt.
Die Mutter von dem kleinen hat sich um nichts gekümmert so sieht auch das Grab aus. Keine Blumen, keinen Stein und nur Unkraut.
Da ich es sehr traurig finde, dass Eltern das Grab Ihrer Kinder nicht pflegen,würde ich gerne wissen ob ich als nicht Angehörige das Grab etwas schön machen darf oder nicht.Ich möchte nicht, dass meine Frage im Blog wiedergegeben wird.
Viele Grüße
Ich respektiere ja immer den Wunsch nach Anonymität und Nichtveröffentlichung, aber Deine Frage ist so allgemein und der Text gibt keinerlei Hinweise auf Dich wieder, daß ich denke, ihn doch hier behandeln zu können.
Wir haben auf der einen Seite das Phänomen der Eltern, die nicht loslassen können und auch Jahrzehnte nach dem Tod eines Kindes sich jede Lebensfreude versagen und in der Trauer verhaftet bleiben.
Das andere Extrem hast Du hier beschrieben.
Es sind das die Eltern, die am besten mit der Situation fertig werden, indem sie die unangenehme Pflicht der Bestattung hinter sich bringen und sich dann gar nicht mehr mit dem Thema befassen möchten.
Solcherlei Kindergräber findet man auf fast jedem Friedhof.
Die Menschen sind eben unterschiedlich und das ist auch gut so.
Sicherlich ist ein ungepflegtes Grab kein schöner Anblick für die anderen Friedhofsbesucher, aber der Zustand eines Grabes läßt meiner Erfahrung nach überhaupt keine Rückschlüsse auf die Gefühle der Menschen zu. Eltern, die das Grab ihres Kindes nicht pflegen, können dieses in ihrem Herzen dennoch genau so lieben, wie andere Trauernde auch. Es ist halt nicht jedem gegeben, in einem Friedhofsbesuch etwas Tröstendes zu finden und es hat auch nicht jeder das Geld und sieht die Veranlassung ein, ein Grab durch eine Gärtnerei pflegen zu lassen.
Besser wäre es natürlich gewesen, hier eine anonyme Form der Bestattung zu wählen, aber was wissen wir über den Einfluß der übrigen Verwandtschaft? Was wissen wir überhaupt über die Beweggründe der Leute?
Hashtags:
Ich habe zur besseren Orientierung noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels zusammengestellt:
Sofern – hoffentlich nie – daneben ein weiteres Kind beigesetzt werden muss, wird eine vernünftige Friedhofsverwaltung diese vergessenen Gräber vom gröbsten Unkraut befreien/den Wildwuchs zurückschneiden, damit das Grabfeld einen würdigen Anblick bietet.
Aber ansonsten hält man sich bei Kindergräbern meist zurück. Bei anderen Gräbern, die ungepflegt sind, weist man die Angehörigen schon mal darauf hin und erinnert an die Grabpflege, bei Kindergräbern ist es am besten, den Status quo einfach zu akzeptieren.
Wenn es arg garstig aussieht würde ich die Verwaltung ansprechen, ob die wenigstens ordentlichen Kies draufmachen können, damit es abgedeckt ist und nicht zuwuchert.
Ich habe als 12 jährige mit meiner Freundin auf dem örtlichen Friedhof auch solche verwahrlosten Kindergräber entdeckt und wir haben uns damals davor gesetzt und Unkraut gezupft und es mit selbst gepflückten Blumen verschönert. Ob die Eltern das wollten? Darüber haben wir nicht nachgedacht. Wir haben es ohne nachzudenken einfach getan. Heute würde ich das nicht mehr machen. Trotzdem denke ich gerne daran zurück.
Wir mussten auch unseren 3 Monate jungen Sohn begraben – und hatten länger also ein Jahr keine Kraft, keinen Willen sowie keine Idee ein d.h. „unser“ Kindergrab zu gestalten. Wir waren so gelähmt und fertig, konnten sogar beim ersten Besuch nach der Beisetzung das Grab zuerst nicht finden, wie in einem bösen Traum, in dem Du nicht vom Fleck kommst.
Ich habe Verständnis für die Eltern dieses Kindes, jede/r Betroffene muss sein Leben und sein Alltag aus seine/ihre Art und Weise wieder in den Griff bekommen … lernen.
Ich finde uebermaessig gepflegte und extremst ‚dekorierte‘ Kindergraeber (viele Engel, Kerzen, Blumen, Bilder, Kuscheltiere oder solche Dinges) viel trauriger, da es den Schmerz der Eltern und das (verstaendliche!) nicht-loslassen-koennen der Hinterbliebenen wiederspiegelt.
geht mir ähnlich
generell finde ich, dass kein Fremder (außer Friedhofsverwaltung) etwas an einem Grab ändern sollte
Mein Sohn Pierre ist am 23.12.90 im Alter von 8 Monaten verstorben. Ca 3 Jahre lang bin ich regelmässig dort hin gegangen, mal mit meinem Mann, mal ohne ihn. Dann wurde es immer seltener. Nach etwa 10 Jahren haben wir das Grab einebnen lassen, zum einen wurde leider auf dem Friedhof viel gestohlen, und ich rede nicht von schnickschnack sondern von Bepflanzung und zum anderen, braucht man kein Blumenbeet um an sein Kind zu denken. Zumal es sich bei Patrik und Pierre um eineiige Zwillinge handelte und so das äußerliche Ebenbild jeden Tag um uns herum war.
Auch wenn die Diskussion hier schon lange zurückliegt, das Thema ist nach wie vor aktuell. Meine Ansicht zu diesem Thema:
Ein verstorbenes Kind hat, anders als Erwachsene, leider keinen Einfluss auf die Art seiner Bestattung. Wählen die Eltern für ihr Kind ein Einzelgrab, dann stehen sie auch in der Pflicht dafür zu sorgen, dass es angemessen gepflegt und in Ordnung gehalten wird und zwar so lange, wie die Liegezeit es erfordert. Daran führt kein Weg vorbei und muss vom Bestatter auch deutlich vermittelt werden.
Jeder Mensch, und sei er noch so klein und jung, hat ein Recht auf eine würdige Grabstätte, auch dann, wenn die Eltern ein Einzelgrab wählen. Wird es vernachlässigt, widerspiegelt es Egoismus, Gleichgültigkeit und Bequemlichkeit der Hinterbliebenen. Damit spreche ich nicht nur die Eltern an, sondern auch Oma, Opa Tanten ect., die bei Trauerfällen alle Unterstützung versprechen, aber meistens nicht halten.
Wer keinen Ort zum Trauern braucht oder möchte, hat die Möglichkeit für eine anonyme Bestattung und ist somit von jeglicher Pflegepflicht befreit. Es steht jedem frei und sollte gut überlegt sein.
Loslassen bedeutet doch nicht zwangsläufig, dass man ein Grab nicht mehr pflegen sollte. Wer wirklich um sein Kind trauert, wird dafür sorgen, dass das Grab betreut wird, entweder durch die Eltern selbst oder durch andere. Man kann auch loslassen und trotzdem seiner Pflicht nachkommen. Dies gelingt sehr vielen Eltern.
Gerade der Geburts- und Sterbetag Verstorbener sollte ein „Stichtag“ sein, um nach den Rechten zu sehen und hat nichts mit „zelebrieren“ oder „feiern“ zu tun. Ich bin überzeugt, dass es die meisten Hinterbliebenen so handhaben. Ohne diese festen Tage würde ein Besuch am Grab aufgeschoben, vergessen oder auch bewusst abgelehnt.
Wie Eltern die Grabstätte ihres Kindes gestalten, bleibt ihnen überlassen und ist nur an die Bestimmungen der Friedhofsordnung gebunden. Jeder hat seine eigene Methode der Trauerbewältigung. Das sollte auch respektiert werden, egal ob weiße Steine, Blumen oder das Lieblingsspielzeug auf dem Grab abgelegt wird. Das geht niemanden etwas an, solange es gepflegt bleibt.
Ein verstorbenes Kind wird in den Erinnerungen der Angehörigen für immer ein Kind bleiben, weil es nie die Chance hatte, erwachsen zu werden. Auch nicht über den Tod hinaus. Ich finde es sehr unangemessen davon zu sprechen, dass nach 20 Jahren man im Gab einen Erwachsenen vorfinden würde und das Ablegen von Spielzeug dann kitschig wäre.
Ich selbst pflege eine stark vernachlässigte Kindergrabstätte. Sowohl das Kind, als auch die Eltern sind mir unbekannt. Ich übernahm nicht die Betreuung weil ich die Nachlässigkeit der Angehörigen toleriere und unterstütze, sondern weil ich dem Kind eine würdige Grabstätte geben möchte, die es wie alle anderen auch verdient, aber von seinen Verwandten verwehrt bleibt. Es geht nicht nur um die Trauer der Eltern, sondern um die Würde des Kindes. So lange das Grab besteht und sich niemand darum kümmert, wird dieses Kind mein „Patenkind“ bleiben. Ein Kindergrab kann auch mit wenig Aufwand in Ordnung gehalten werden. Man muss es nur wollen.