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Ronny Rocko

Manchmal macht es so richtig Spaß, mit irgendwelchen Klischees zu spielen, aber manchmal stolpert das Klischee auch in Person in mein Büro. Das Klischee heißt Ronny Rocko, ist etwa 165 cm groß, trägt italienische „Größermachschuhe“, eine schwarze Hose mit schmalen roten Streifen an der Seitennaht, ein mintgrünes Satinhemd das bis zum Bauchnabel aufgeknöpft ist und den Blick auf eine schier unglaubliche Menge von Goldketten und -kettchen auf der gebräunten und behaarten Brust freigibt. Das Hemd steckt nicht in der Hose, das kaschiert den unübersehbaren Schmerbauch etwas, verhindert aber nicht, daß der über den Gürtel hängende Teil des Bauches immer dann sichtbar wird, wenn Ronny Rocko seine Arme hebt.

Und genau das tut er ganz oft. Mal schlägt er theatralisch die Hände über dem Kopf zusammen und überhaupt gestikuliert er die ganze Zeit wild herum.
An jedem Finger einen Ring, links am Handgelenk eine goldfarbene Uhr die mit wenigstens 80 Diamanten besetzt ist, sowas kann nicht echt sein, oder? Am rechten Handgelenk trägt Ronny schätzungsweise ein Dutzend goldene Armbänder.

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Während er so mit den Händen fuchtelt, rutscht ihm die über den Schultern hängende Jacke aus Aldi-Tüten-PVC-Kroko-Imitat herunter und als er sich bückt, erkennt man, daß sein mintfarbenes Satinhemd auf dem Rücken mit einem bunten Papagei verziert ist.

Außerdem sieht man nun umso deutlicher, daß die pechschwarze Haarpracht auf seinem Kopf nicht, wie ich zuerst glaubte, übertrieben gefärbt, sondern ganz und gar falsch ist. Der hat ’ne Mottenfiffi auf!

Ist das Klischee genug? Ich finde schon, aber Ronny Rocko ist sowas von echt, viel echter als seine in Tipp-Ex-Weiß erstrahlenden falschen Zähne, die er beim Sprechen immer mal wieder mit der fleischigen Zunge beleckt.

Ja und was will diese Knalltüte von mir? Na was wohl? Er will jemanden bestatten lassen.

Ronny Rocko ist Schlagerproduzent und Eventmanager und das spricht er so aus: „Ihfäntmahnatscher“.
Er habe sieben Schlagersängerinnen und -sänger unter Vertrag und die seien natürlich alle durch Funk und Fernsehen bekannt.

„Sie kennen doch bestimmt Juli James, oder?“

Ich mach‘ mal wieder mein undefinierbares ‚Hmmm‘, ihr kennt das ja schon, so ziehe ich mich gerne mal aus der Affäre.

„Nicht? Sie kennen Juli James nicht? Aber Jimmy Sunday, den kennen Sie, oder? Der war sogar schon mal im Landesfunk.“

„Im Landfunk?“

„Nein im Landesfunk bei einem Bericht vom siebten Kleingartenfestival, da sind wir aufgetreten.“

„Aha.“

„Wir sind nämlich eine lustige Truppe.“

„Hmmm.“

„Aber der Anlaß aus dem wegen ich jetzt zu Ihnen komme, der ist da weniger lustig. Der Bobby Hollywood ist gestorben und der hat doch niemanden, deswegen tu ich mir jetzt um dem seine Beerdigung kümmern.“

„Bobby Hollywood, aha…“

„Ja nee, der Bobby Hollywood ist auf meinem Mist gewachsen, ja? Is gut ne? In Wirklichkeit heißt der ja in echt Robert Koslowksi, aber mit den Name wird man in Schaugeschäft nix, is klar.“

„Klar.“

Ein bunter Vogel aus der unteren Schublade des Showgeschäfts steht da also vor mir, aber er ist ein Kunde, also dann:

„Kommen Sie bitte mit, wir besprechen das alles in unserem Beratungsraum.“

„Hammse auch so Särge und so’n Zeuch?“

„Natürlich.“

„Kann ich datt mal alles erstmal alles angucken?“

„Auch recht, bitte kommen Sie mit.“

Im Austellungsraum dreht er sich zu mir um und sagt: „Allet nur vom Feinsten, nix Billiges, Sie verstehen?“

Ich nicke und mache eine Handbewegung, die soviel bedeuten soll wie „Bitte, alles da.“

Ronny Rocko geht zu den Särgen, schaut sich die verschiedenen Modelle an, wirft den einen oder anderen Blick auf die Preisschilder, dann schaut er mich wieder an und sagt: „Nee, oder? Sind die Dinger immer so teuer?“

„Wir haben auch preiswerte Modelle“, sage ich und deute beispielhaft auf einen recht ordentlichen Sarg aus Pappelholz, der weniger als 500 Euro kostet.

Mit großen Augen schaut mich der Schlagerproduzent an und sagt: „Den mein ich doch! Sooo teuer?“

Ich merke schon, aus ‚alles nur vom Feinsten‘ wird nichts werden.
Deshalb sage ich zu ihm: „Ich schlage vor, wir setzen uns jetzt doch erst mal in den Beratungsraum und sprechen alles durch, dann werden wir ja sehen, was an finanziellen Möglichkeiten gegeben ist und können dann das Passende aussuchen.“

„Jau, das scheint ’ne gute Idee zu sein, ich hab mich ja nich gedacht, datt datt sowatt von teuer is.“

FF


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Lesezeit ca.: 5 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 18. April 2008 | Revision: 25. Juli 2014

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Don
16 Jahre zuvor

Da wünscht man sich doch fast ein Bild.

16 Jahre zuvor

hmm, also mein erster Gedanke war Zirkusmensch. aber Schlagerfuzziproduzent ist auch gut 🙂

16 Jahre zuvor

Wieder nen Cliffhanger? 😀

Christina
16 Jahre zuvor

Vorstadt-Vorgarten-Zwerg? 😛

Neee, im Ernst: Vielleicht bekommt er ja mal einen der echten Stars aus dem Dschungel unter Vertrag *scnr* 😀

McDuck
16 Jahre zuvor

Schade, ich dachte zuerst an Zuhälter 😉

jotwe
16 Jahre zuvor

Wenn der mit der gleichen Weitsicht seine „Ihwents menetscht“ wundert es nicht, dass seine „Stars“ als Karrierehöhepunkte ein Feature im Land(es)funk haben. 😀

Agy
16 Jahre zuvor

er scheint ja, zumindest bis jetzt, aber ein Herz zu besitzen. Welcher Manager würde die Beerdigung von seinem Mitarbeiter (Star ;o)) bezahlen, weil der sonst keinen hat. Auch, wenn er sich den Preis nicht so hoch vorgestellt hat. Aber abwarten, was da noch kommt…

Ich hätte wahrscheinlich erst kurz in den Keller gehen müssen, um herzlich zu lachen.

MiniMoppel
16 Jahre zuvor

@ Don:
NEIN!

Shefox
16 Jahre zuvor

Herrlich! Ich seh den Typen förmlich vor mir…*gg*

Gruss
S.

Nölarsch
16 Jahre zuvor

Achja, der liebe Schlager.
Wenn die Texte in Englisch wären, könnten die Leute gleich für MTVIVA Musikvideos produzieren und Popstar werden. Oder One-Hit/Sommerhit-Sternchen.

Dorien G.
16 Jahre zuvor

Ich will auch so ein Hemd!

Ich persönlich würde mir ja Robert Koslowksi eher anhören als Bobby Hollywood. Realnamen lassen einen Künstler doch gleich viel distingierter und eminenter erscheinen…

Bane
16 Jahre zuvor

Der Typ erinnert mich Streckenweise irgendwie an Leo aus Lethal Weapon. 😀

Kommentator
16 Jahre zuvor

Aaah, jetzt werden bundesweit wieder die Cliffhänger-Beißhölzer ausgepackt *grins*

Tom, eine Bitte: Mach aus Deinem Material eine Fernsehserie, nicht wegen des Geldes, mit dem Du Kommentar-Klaus und andere Helfer bezahlen kannst. Bitte aber auch im anderen Medium diesen genau abgewogenen Gleichklang zwischen Trauer, Witz und Professionalität wahren und auf gutes Personal achten (es wird gerade im Deutschen Fernsehen, solcher Schrott produziert – schön den Daumen drauf halten).

Ach so, wo ich gerade so am Wünschen bin: Sandy bitte im und als Original besetzen, die möchte ich einfach mal „in echt“ sehen 😉

e*lke
16 Jahre zuvor

@kommentator: erst ein Buch, jetzt auch noch eine Fernsehserie? Obwohl, wenn ich es recht überlege, viele Bücher sind schon erfolgreich verfilmt worden. Vielleicht hat Tom ja bereits ein Angebot aus Holly- oder Bollywood auf dem Schreibtisch liegen.

Ich fürchte mal mit dem „Star“-Begräbnis wird das nix.

Eleonore
16 Jahre zuvor

Völlig OT, aber ich bin heute einem Gedicht begegnet, das ich dem Undertaker nicht vorenthalten möchte:

Am Grab der Gattin sprach zum trauernden Geleite
der Leichenredner viel von Wiedersehn;
beim Heimweg sprach der Mann zum Pastor: „Scherz beiseite,
wird meine Frau denn wirklich auferstehn?“

(Gottlieb Konrad Pfeffel, 1736 – 1809)

16 Jahre zuvor

Loooooool, ich lieg grade flach. Spitze 🙂 . Mein Kopfkino war bei dieser Geschichte auf 180 eigeschaltet.

Tanja
16 Jahre zuvor

Aldi-Tüten-PVC-Kroko-Imitat

😀

Sensenmann
16 Jahre zuvor

Jaja, Schlagerfritzen…

Bei mir im Ort gibt es auch so einen Schlagersänger. Natürlich auch mit „Künstlernamen“, damit man nicht gleich denkt, dass das irgendein dahergelaufener Dorfdepp ist. Hält sich für den Größten und tut überall so, als müsse er gar nicht mehr arbeiten…

Dass sein Ladenlokal vor einiger Zeit zwangsversteigert wurde, wird natürlich eher nicht erwähnt 😉

Lustig war auch die Geschichte, als er vor zwei Jahren oder so ein Konzert in der lokalen Veranstaltungshalle geben wollte. Wegen zu geringen Kartenverkaufs musste das Ganze leider abgeblasen werden. Immerhin hatte seine Familie 8 Karten gekauft – aber es half nichts. Außer denen wollte nämlich buchstäblich niemand kommen 😀

hajo
16 Jahre zuvor

bei uns in Frankfurt (dem am Main) heisst das „Pariser Schick un‘ Bernemer Fiess“ Übersetzung: Pariser Schick und Bornheimer (Frankfurts „Lustiges Dorf“) Füsse“

Klasse Story: ich bin gespannt auf die Fortsetzung:
MEHR!!!

16 Jahre zuvor

*Mottenfiffi*

Ich schmeiss mich in die Ecke vor Lachen!

Hoschi
16 Jahre zuvor

Fehlt nur noch der „Baby, ich bring´ dich ganz groß raus…“-Spruch!

Tom
16 Jahre zuvor

…proudly present…“The Undertaker“… one of our finest entertainers… please give a warm welcome to…..

16 Jahre zuvor

So eine Fernsehserie gabs schon mal. Natürlich ohne den Undertaker, dafür mit den Missfits, ich glaube, das hieß „Der Tod ist kein Beinbruch“. War aber ohne Rocky, dafür mit fiesen Konkurrenten, unterbezahlten Helfern und vermutlich ohne viel Realitätsbezug. Aber witzig trotzdem, vor allem für das Ruhrgebietsvolk.

Mac Kaber
16 Jahre zuvor

Bobby Hollywood – ich fass es nicht, ich seh ihn noch vor mir – Sonntagnachmittags, wenn er im Kurhotel auf der Hemdorgel zum Mumienschieben aufspielte…..

Sein Manager, war der nicht früher beim A-Team?




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