Internes

Schimmel -IV-

Ich habe Manni die ganzen Tapeten abreißen und zwei der Gipsplatten entfernen lassen. Nun ist das ganze Ausmaß des Schadens erst in voller Schönheit sichtbar.
Die Gipskartonplatten sind hinten wabbelig und aufgebläht, sie fühlen sich an, wie geleeartiger Pudding, sind gelblich verfärbt und die ganze Wand dahinter ist muffig und feucht.
Es liegt eindeutig auf der Hand, daß die Feuchtigkeit nicht aus der Raumluft stammt, die irgendwo in einer Zimmerecke kondensiert, sondern daß von irgendwoher Wasser rinnt und aus der Wand heraus alles durchfeuchtet.

Jetzt, da die Platten weg sind, stinkt es in dem Ladenlokal nach Moder und fauligem Brackwasser.

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Der Wasserschaden ein Jahr zuvor war ja durch den Rentner verursacht worden, der über unserem Laden wohnt und dessen Badewanne übergelaufen war. Sowas ist ein Unfall, das kann ja mal passieren und ich hege deshalb keinen Groll gegen den alten Mann.
Er aber gegen mich!

Denn als ich bei ihm klingele und mich mit ihm mal über die möglichen Ursachen meines Schimmels sprechen will, empfängt er mich ziemlich motzig. Bald habe ich den Grund für seinen Unmut herausgefunden. Bei ihm im Bad und im Schlafzimmer stinkt es und er ist der Meinung, das komme nur von unseren Leichen.
Es dauert eine Weile, bis ich ihn davon überzeugt habe, daß wir gar keine Verstorbenen da unten lagern und die drei oder vier Särge nur reine Schauobjekte sind, vor allem aber leer.
Nein, der Geruch komme nicht von uns unten, sondern von woanders her.

Der Mann ist beruhigt und gemeinsam besuchen wir das junge Ehepaar ganz oben. Die wohnen noch nicht lange da, wissen aber zu berichten, daß es bei ihnen immer dann ganz übel rieche, wenn das Wetter umschlage. Wenn Regen angesagt sei, nähmen sie den an Verwesung erinnernden Geruch besonders stark wahr.
Sie hatten das aber immer dem 200 Meter hinter dem Haus herfließenden Bach zugeschrieben.

Mit anderen Worten: Irgendwo im Haus ist ganz schön was kaputt, vielleicht leckt da schon seit Jahren eine Wasserleitung oder so.

Am nächsten Tag haben der Rentner und das junge Ehepaar Post vom Vermieter:

„Nur durch ausreichendes Lüften sei einer Schimmelbildung wirksam zu begegnen…“


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Lesezeit ca.: 3 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 2. Juni 2011 | Revision: 1. Juni 2012

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16 Kommentare
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13 Jahre zuvor

Das hört sich einmal mehr nach einem Fall an, in dem man eben leider einen eigenen Gutachter beschäftigen muss, um zu seinem Recht zu kommen.

Drei Mieter und ein und der selbe Schaden. Jetzt bin ich ja mal gespannt, wo das herkommt. Eine leckende Wasserleitung scheint mir jedenfalls definitiv im Bereich des Möglichen zu liegen.

Wo das nur endet?

LG
Joe

Ma Rode
13 Jahre zuvor

Sei ehrlich, Tom, Ihr habt doch noch irgendwo ne Leiche im Keller …

Big Al
13 Jahre zuvor

Fallrohr/Dach o. ä. undicht?
Wird ja richtig spannend.
B. A.

simop
13 Jahre zuvor

@Ma Rode:
Stimmt, das gibt dem „der hat eine Leiche im Keller“ eine ganz neue Dimension… 😀

Fhorrn
13 Jahre zuvor

Wow. Wie schaffst du es nur, in so einer Situation so ruhig zu bleiben, Tom? Mir wäre schon lange der Kragen geplatzt und der Typ wäre zum Fall für den Bestatter geworden.

Micha
13 Jahre zuvor

tritt dem mal auf die Füße.
Dein Vermieter ist doch bloß zu geizig (und bequem) nach der Ursache schauen zu lassen.

13 Jahre zuvor

Ruhig Blut.

Rache ist ein Gericht, das KALT serviert werden muss… (Klingonisches Sprichwort).

Astrid
13 Jahre zuvor

Na, jetzt bin ich so richtig gespannt wie die Sache weiter gegangen ist, ich tippe mal auf mehrjährigen Rechtsstreit…

Henning
13 Jahre zuvor

Da haben Toms Leute die letzten 3-4 Sterbefälle einfach eingemauert und nicht vergraben… =:)

JohnB
13 Jahre zuvor

Da gab es doch in den Staten mal diesen üblen Fall, wo der Bestatter die ganzen Leichen gelagert statt bestattet hat. *duckweg*

zbygnev
13 Jahre zuvor

Schwamm drüber…

ein anderer Stefan
13 Jahre zuvor

Das ist das „Tolle“ an den ganzen Verkleidungen etc.: sieht zwar gut aus, aber wenn es irgendwo dahinter einen Schaden gibt, macht der sich erst bemerkbar, wenn es richtig teuer wird. Ich hatte mal in einer Altbauwohnung (bj. 1949 oder so) das Abwasserfallrohr sichtbar durch die Küchenecke laufen. Als dann irgenwann außen an dem alten Rohr eine braune Rostspur sichtbar wurde, habe ich beim Vermieter Bescheid gesagt, da wurde dann relativ kurzfristig das gesamte Fallrohr erneuert (Genossenschaft). Wäre das Ding verkleidet gewesen, hätte ich das erst bemerkt, wenn die „Untermieter“ im Wasser gestanden hätten.

Anita
13 Jahre zuvor

Ich bin auch der Meinung, dass man geplatzten Wasserrohren durch angemessenes Lueften vorbeugen kann.

13 Jahre zuvor

Nun bin ich aber neugierig!

ein anderer Stefan
13 Jahre zuvor

13 Anita: etwa nicht? Das wäre mir neu… Und so´n bisschen Schimmel – einmal fix Farbe drüber, dann ist es wie neu.

Smilla
13 Jahre zuvor

Ob diese Leute auch so phantasievoll verhüten? -„Mach´mal das Fenster auf Kipp, Ingeborg.“




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