Allgemein

Früher war alles besser -I-

Das hat nichts mit der viel beschworenen Geizmentalität zu tun wenn jemand bei größeren Anschaffungen über den Preis verhandeln will.
Ich selbst bin da auch so ein Handler, vor allem dann wenn ich das Ausstellungstück oder einen Artikel mit einer kleinen Macke bekommen soll.
Grundsätzlich meine ich ja, daß jede Mühe ihren Lohn verdient und zahle ohne zu Murren. Aber manchmal klafft zwischen dem so genannten Straßenpreis und dem was der Händler verlangt eine doch zu große Lücke.
Der Straßenpreis ist nicht, wie viele meinen, der günstigste im Internet zu findende Preis. Bei dem handelt es sich sowieso meistens nur um Augenwischerei, denn entweder hat die Firma diesen Artikel gar nicht vorrätig oder sie holt sich die Differenz über unerhört hohe Versandkosten wieder rein.
Der Straßenpreis ist das man man im Allgemeinen so für diesen Artikel bezahlen muß.
Der Listenpreis des Herstellers liegt immer bedeutend höher, ist natürlich nur eine unverbindliche Preisempfehlung und ist gerade deshalb so hoch, damit jeder Händler freimütig und scheinbar großzügig 10% oder 20% oder 30% darunter bleiben kann.
Jeder Händler? Nee, eben nicht.
Mir ist aufgefallen, daß vor allem kleinere Läden, die vor allem Senioren bedienen und nebenher weiße oder braune Ware verkaufen, ganz ordentlich hinlangen.

Das ist also das Elektrogeschäft, das auch noch Fernseher und Receiver usw. verkauft und da gibt es den Installateur, der auch Waschmaschinen und Geschirrspüler anbietet.
Da kostet dann aber der Satelliten-Receiver vom eher unbekannten Hersteller Nostromatic mal eben 1.500 Euro.
Die Alten zahlen das, es ist ja das letzte Gerät dieser Art, das sie sich in ihrem Leben kaufen werden.

Ich habe es gerade eben erst wieder im Verwandtenkreis erlebt. Eine Spülmaschine ist nach 8 Jahren kaputt gegangen. Ich hätte sogar gewußt, wie man die Maschine reparieren kann, aber die alten Leute wollten davon gar nichts hören.
„Das macht für uns alles der nette Herr Brock, der hat uns ja schon immer so gut beraten.“

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Ich muß dann vor Ort live miterleben, wie der nette Herr Brock, laut brüllend, weil wohl seiner Meinung nach alle alten Leute taub sind, einen Katalog durchblättert und den alten Leuten eine Maschine für knapp 2.000 Euro empfiehlt. Die habe aber auch ein Gastro-Programm und die Gläser seien in 5 Minuten sauber und vor allem sei die ja sowas von öko.
Aus dem Esszimmer grunze ich vielsagend in die Küche, wo sich das alles abspielt und frage einfach mal so: „Und die alte Maschine könnte man nicht reparieren?“

Die sei ja schon acht Jahre alt und ob es da die Teile überhaupt noch gäbe und dann kämen am Ende noch die Arbeitszeit und die Fahrtkosten drauf, ob sich das lohne, das bezweifle er.

„Ach, Sie zweifeln nur? Sie wissen das gar nicht?“

„Nee, nee, ich weiß das schon, das wird teuer.“

„Ja, wie teuer denn?“ Zu diesem Zeitpunkt würde meine weibliche Verwandte am liebsten schon im Erdboden versinken, so unangenehm ist ihr mein Verhalten. Der nette Herr Brock wollte ihnen doch gerade so schön helfen und jetzt komme ich dazwischen…

„Tja, das kann ich so nicht sagen, da müßte ich dann erst mal schauen.“

„Ja wie jetzt? Sie sagen, die Reparatur lohnt sich nicht und haben das noch gar nicht durchgerechnet?“

„Also der Sumpfboden kostet achtfuffzich, der is ja nicht so teuer. Dann noch die zwei Klemmringe und der Schlauch. An- und Abfahrt. Die Zeit. Das läppert sich dann auch.“

„Auf knapp 2.000 Euro?“

„Nein, um Himmels Willen, nein, so teuer wird das nicht.“

„Ja aber dann lohnt sich die Reparatur doch.“

„Wegen dem Öko. Die Maschine hat ja nur A-Plus und die andere ist A-Plus-Plus.“

„Aha. Die Leute hier sind über 80 Jahre alt, die machen das Maschinchen vielleicht alle 10 Tage mal an, weil die ihre Frühstücksbrettchen direkt abwischen und gar nicht mehr so viel Geschirr haben. Da spielt Öko gar keine Rolle.“

„Die Neuen sind auch leiser.“

„Die alten Leute hören sowieso nicht mehr so gut.“

„Die Neuen werden auch digital gesteuert.“

„Die da auch, das gab es vor acht Jahren auch schon.“

„Aber Aquastop hat die keinen. Wenn da mal der Schlauch platzt…“

„Ach, kommen Sie. Was kostet die Reparatur. Hand aufs Herz!“

„Nun ja, sagen wir mal so an die, lassen Sie mich überlegen, na ich würde sagen, also jetzt nur so grob über den Daumen, nicht daß Sie mich drauf festnageln, also so an die zwnuschelnuschel.“

„Zw-was? Wie viel?“

„Zwohundertfuffzich.“

„Das ist aber viel.“

„Ja, vielleicht geht’s auch für hundertfuffzich, aber das muß ich erst sehen.“

„Dann würden die alten Leute also rund 1.700 Euro sparen, wenn Sie die Maschine reparieren?“

„Ja, so kann man das aber nicht sagen.“

Die alte Verwandte mischt sich ein: „Nee, nee, wenn doch der nette Herr Brock nun schon zum zweiten Mal hier rausgefahren ist und jetzt extra den Prospekt besorgt hat… Da wollen wir keine Reparatur. Der Willi und ich wir nehmen dann die neue Maschine. Können’se gleich aufschreiben, Herr Brock. Und ich geh dann mal eben ins Schlafzimmer und hol das Geld. Als alter Mensch muß man ja immer so drei- viertausend Euro in Reserve haben, man kommt ja doch nicht mehr so leicht zur Bank und vielleicht geht’s Geld ja auch eines Tages kaputt. Aber nicht weiter sagen, daß ich das Geld zwischen der Wäsche hab. (Lach, lach, lach)“

Der alte Willi hat inzwischen den Prospekt zugeklappt und sagt: „Gut daß wir genug Geld haben, früher hätte man so was reparieren können.“

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(©si)