Bestatter haben tagein, tagaus mit Sterbefällen und Trauernden zu tun. Wirkt sich das auf ihre eigene Psyche aus?
Ich lese schon seit Ewigkeiten im Bestatterweblog mit.
Mittlerweile arbeitest du ja nichtmehr als Bestatter. Aber wie würdest du das rückblickend sagen: Wird man als Bestatter nicht früher oder später schwermütig?
Dieser ständige Umgang mit einer so abstoßenden Materie muss sich doch auf das Gemüt legen.
Ich habe darüber ja schon häufiger etwas geschrieben und möchte eine der Kernaussagen wiederholen: Viel schwerer haben es nach meiner Einschätzung Pflegerinnen und Pfleger. Wenn deren Patienten sterben, ist das erheblich belastender. Sie kannten den Verstorbenen, haben ihn umsorgt, gepflegt und mit ihm gesprochen.
Bestatter kennen die Verstorbenen und deren Angehörige in der Regel nicht. Sie haben keine persönliche Beziehung zu den Kunden und Leichen.
Natürlich fühlt ein Bestatter mit. Ihm tut es leid, wenn Menschen sterben müssen, er nimmt sich das aber im besten Fall nicht zu Herzen. Es gibt immer wieder Fälle mit einer besonderen Geschichte. Das können Todesfälle von Kindern sein, Sterbefälle mit einer dramatischen Vorgeschichte oder Angehörige, die besonders exaltiert trauern. Von solchen besonderen Geschichten ist das Bestatterweblog ja voll.
Aber der Bestatter macht das von Berufs wegen. Es ist sein Job, sein tägliches Handwerk. Vieles, was für die Angehörigen neu, überraschend und auch belastend ist, das ist für den Bestatter routiniertes Tagesgeschäft. Er weiß um das, was hinter den Kulissen passiert, er hat das alles schon erlebt und gesehen. Auch trauernde Menschen gehören zu seinem Alltag und rühren ihn deshalb nicht in jedem Einzelfall an.
Das kann sich ein Bestatter auch gar nicht erlauben. Er soll ja im gesamten Ablauf einer Bestattung eine führende Rolle übernehmen und für ein reibungsloses Gelingen sorgen.
Ich habe zu den Familien oft im Beratungsgespräch in etwa Folgendes gesagt: „Mir tut es sehr leid, was Sie jetzt durchmachen. Aber verstehen Sie bitte, dass ich nicht mit Ihnen in große Trauer verfalle. Ich muss ja einen klaren Kopf bewahren und dafür sorgen, dass alles gelingt.“
Im Laufe seines Berufslebens wird ein Bestatter auch mit besonders schlimmen Fällen konfrontiert. In Erinnerung bleiben aber, so ist meine Erfahrung, die Begegnungen mit aufgeregten, frechen und an einem übersteigerten Anspruchsdenken krankenden Kunden.
Die Leichen tun nix, sie sagen nix, sie machen nix. Die sind einfach nur tot und werden eingeäschert oder begraben.
Die Angehörigen bleiben dem Bestatter aber auch über die Bearbeitung des Sterbefalls oft noch lange erhalten. Manchmal auch in unangenehmer Hinsicht.
Selbstverständlich gehört zum Bestatterberuf eine gewisse psychische Belastbarkeit.
Aber auch hier muss ich sagen, dass diejenigen, die mit Vorsicht, Vorbehalten und Bedenken an diesen Beruf herangegangen sind, hinterher ganz hervorragende Bestatterinnen und Bestatter geworden sind. Diejenigen, die hemdsärmlig und großmäulig sowieso alles „packen“ sind oft schon beim Anblick der ersten Leiche oder beim Tragen des ersten Sarges durch ein enges Treppenhaus gescheitert.
Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:
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Keine Bestattungen sind für den Bestatter bedrückend.
Ja was bleibt einem in Erinnerung, nach fünfundzwanzig Jahren im Bestattungsgeschäft?
Meine erste Bahnleiche, eine junge Frau, bis zur Unkenntlichkeit zerstückelt, bis zu den zwei von ihrem Vater ermordeten Kindern, das sind die prägnantesten Sachen. Dazwischen ist alles an Geruch und Anblick mit dabei, was aber den Rahmen hier sprengen würde.
Aber auch im Umgang mit lebenden Personen als da wären, Angehörige, die nur sparen wollen und auch bei einem großen Entgegenkommen immer noch mehr handeln wollen, die es beileibe nicht nötig haben.
Kollegen aus anderen Städten, die meinen, weil sie im größten Haus am Platz beschäftigt sind, sie wären nur knapp am Doktortitel vorbeigeschrammt. Standesbeamte, die über jedes Komma diskutieren wollen, und im Schneckentempo arbeiten.
Es gibt aber auch schöne Sachen, sowie die nette Besitzerin eines Cafés, wo wir viele Angehörige hingeschickt haben zum Beerdigungskaffee, die immer mal wieder einen ausgab. Oder nette Sachbearbeiterinnen beim Standesamt, oder in der Friedhofsverwaltung.
Es beeinträchtigt mein jetziges Leben nicht, nur wenn ich Pfeifentabak rieche, muss ich an jemand bestimmtes denken…….