Allgemein

So geht es nicht

Gestern Abend ruft mich ein Mann an, er wolle sich mal „wegen was erkundigen“. Es tue ihm ja leid, daß er uns nicht beauftragt habe, aber seine Mutter habe das alles schon vor Jahren mit „ein anderer Institut geregelt“.

Die Frau sei am Donnerstag, also genauergesagt in der Nacht von Donnerstag auf Freitag, morgens um 00.45 Uhr zu Hause in ihrem Bett verstorben. Daraufhin habe man den Pfarrer angerufen, weil man gedacht habe, der komme dann und öle die Tote noch mal. Der Pfarrer hat aber gesagt, daß er nicht daran denke, mitten in der Nacht zu kommen und daß man Tote nicht öle. Es gebe nur noch die Krankensalbung und soweit er wisse, habe er das ja schon vor Monaten gemacht.

Werbung

„Desderwegen“ sei er schon „auf Hundertachtzig“ gewesen und habe dann den Arzt angerufen. Der sei aber erst morgens um 8 Uhr 45 gekommen. Begründung: „Morgens mache ich eh meine Runde.“

Dann habe er, der Hinterbliebene, beim „Institut“ angerufen und die hätten gesagt, daß sie schnellstmöglich kommen, es könne aber „was dauern“. Tatsächlich sei der Leichenwagen dann um 18.25 Uhr vorgefahren. Da habe die Tote schon fast 18 Stunden in ihrem Bett gelegen.

„Ist das bei Euch auch so?“ will der Mann nun wissen.

Tja, was soll ich ihm sagen?

Vorkommen kann sowas, sollte es aber normalerweise nicht.
Das Verhalten des Pfarrers kann ich nicht nachvollziehen. Egal ob es nun in der katholischen Kirche einen Ritus für eben Verstorbene gibt oder nicht, es wäre seine Aufgabe gewesen, so sehe ich das zumindest, in dieser schweren Stunde der Familie Trost zu spenden und er hätte sich nichts vergeben, wenn er gekommen wäre und am Totenbett ein Gebet gesprochen hätte. Der Wunsch nach einer seelsorgerischen Handlung war ja wohl da.

Daß der Arzt erst so spät gekommen ist, ist mancherorts völlig normal. Drei bis vier Stunden sind da eher die Regel, acht Stunden sind schon ziemlich lang.

Ja und daß der Bestatter dann aber 10 Stunden auf sich warten lässt, ist eher ungewöhnlich. Hat man die Leiche, dann hat man den Auftrag, Punkt. Aber es kann immer irgendwas sein. Sehr viele Aufträge auf einmal, ein Fahrer fällt aus, das Fahrzeug bockt, ein vorheriger Polizeiauftrag zieht sich in die Länge und und und…
Man steckt halt nie drin.
Aber: Wenn der Bestatter wirklich ein Problem hat, die Verstorbene zeitnah zu überführen, dann könnte man beispielsweise der Familie freundlich sagen, daß man ihnen noch etwas Zeit gibt, Abschied zu nehmen.
Am Besten ist es jedoch, wenn man einfach klipp und klar sagt, daß es so und solange dauern wird.

Es kann also durchaus vorkommen, daß es auch bei uns schon mal eine Weile dauert, aber zehn Stunden sind schon heftig.

Man hat ja als Bestatter nicht unbegrenzt Fahrzeuge und Personal zur Verfügung. Da rufen Leute an, melden einen Sterbefall und ein Fahrzeug ist z.B. auf einer Fernüberführung und das andere steht mit Personal an einem Krankenhaus, wo sich der Herr Doktor nicht finden lässt, um den Totenschein zu unterschreiben oder wo ein Kassierer jeden Stempel erst frisch aus einer Kartoffel schnitzen muß…

Aber wiegesagt: zehn Stunden sind wirklich sehr lang.

Hashtags:

Ich habe zur besseren Orientierung noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels zusammengestellt:

#geht #nicht

Lesezeit ca.: 4 Minuten | Tippfehler melden


Hilfeaufruf vom Bestatterweblog

Das Bestatterweblog leistet wertvolle Arbeit und bietet gute Unterhaltung. Heute bitte ich um Deine Hilfe. Die Kosten für das Blog betragen 2025 voraussichtlich 21.840 €. Das Blog ist frei von Google- oder Amazon-Werbung. Bitte beschenke mich doch mit einer Spende, damit das Bestatterweblog auch weiterhin kosten- und werbefrei bleiben kann. Vielen Dank!




Lesen Sie doch auch:


(©si)