Frag doch den Undertaker

Soll man über Leichen und Verwesung mit Kindern sprechen?

UndertakerTOM:
Ich würde es für falsch halten und rate deshalb davon ab, angesichts eines aktuellen Sterbefalles in der Familie manche Vorgänge en detail zu beschreiben. Kinder verknüpfen diese Bilder mit den verstorbenen Angehörigen und haben diese Bilder oft für Jahre albtraumhaft vor Augen.

Ist das Deine Meinung oder hast Du dafür eine Quelle? Bei so manchen Dingen, die schädlich für die kindliche Entwicklung sein sollen, handelt es sich nämlich um Vorstellungen aus dem letzten bis vorletzten Jahrhundert, zu denen es keinerlei Belege gibt. Entweder weil es nie untersucht wurde oder weil es eine falsche Vorstellung ist.

Daher bin ich bezüglich dieser unbelegten Aussage erst einmal skeptisch.

Werbung

Ja natürlich ist das meine Meinung. Aber diese Meinung ist durchaus berechtigt und begründbar.
Jeder Bestatter kennt das, daß Trauernde vor ihm sitzen und die schrecklichsten Geschichten erzählen von Erlebnissen und Erzählungen rund um den Tod und den Friedhof.

Zumeist handelt es sich um irgendeinen Irrglauben, um Ammenmärchen, um irgendwelches Zeug, das ihnen bereits als Kind eingeimpft worden ist.
Ich erinnere mich da zum Beispiel sehr gut an einen durchaus gebildeten Mann, der ernsthaft glaubte, der Bestatter würde den Leichen vor der Einäscherung die Augen ausstechen, damit diese nicht beim Verbrennen platzen können.
Eine Dame glaubte fest daran, daß den Toten sämtliche Haare abrasiert und in den Mund gestopft würden. Eine Begründung konnte sie nicht angeben, aber das sei in ihrer Familie immer so erzählt worden.
Beide hatten seit Ewigkeiten Ängste ausgestanden, daß das eines Tages mit ihnen oder einem nahen Angehörigen auch mal so gemacht werden könnte.

Nun haben wir es bei diesen beiden Beispielen, von denen ich noch viel mehr nennen könnte, mit extremen Fehlinformationen zu tun, die sich auf Vorgänge beziehen, die so nicht vorkommen.
Aber die zweite Gruppe sind die Menschen, die wirklich seit Jahren oder gar Jahrzehnten Bilder vor Augen haben, die ihnen sogar den Nachtschlaf rauben und die sie in ihren Albträumen begleiten.

Eine Frau, selbst schon Großmutter, wollte um nichts in der Welt, daß ihr verstorbener Mann noch einmal aufgebahrt werden sollte. Sie selbst sei mit 12 Jahren mit zur Aufbahrung ihrer heißgeliebten Oma genommen worden und sei die Bilder von dem eingefallenen Leichengesicht mit offenstehendem Mund und den Geruch nach Leiche, Blumen und Leichenkammer nie wieder los geworden.

Eine andere Frau hatte die Aufbahrung und Beerdigung des eigenen Vaters eigentlich in schöner Erinnerung. Wie er so dagelegen habe, so friedlich schlafend und wie schön die Blumen auf dem Sarg gewesen seien, all das sei im Grunde eine schöne Erinnerung. Der Tag der Beerdigung sei ihr vor allem deshalb als schöner Tag in Erinnerung, weil alle Verwandten zusammengekommen waren und ein Onkel so schön auf dem Akkordeon gespielt habe.
Doch später am Grab habe ihre Tante ihr erzählt, wie der Vater nun in der Erde verfaule, daß Maden und Würmer das Fleisch von den Knochen fressen würden und der Leichnam schon nach zwei Wochen aussehe wie ein Haufen „verfaulendes Hackfleisch“.
Das Bild vom friedlich gestorbenen Vater sei damals ganz plötzlich aus ihrem Kopf gewichen und sie habe immer einen verfaulenden Schädel voller Maden vor Augen gehabt. Das habe sie ihr ganzes Leben verfolgt und ihr zu schaffen gemacht.

Andere Leute berichten von ganz anderen Erfahrungen. Sie haben den Tod und die Aufbahrung als etwas ganz Normales erfahren, als etwas was Trauer verursacht, weil ein lieber Mensch jetzt einfach weg sein soll, was aber als Vorgang als solcher nichts Schreckliches an sich hat.

Was ich damit sagen will: Es gehört Fingerspitzengefühl und Einfühlungsvermögen dazu, wann man wem was wie beschreibt. Grundsätzlich spricht nichts dagegen, die Menschen aufzuklären und man sollte auch unangenehme Dinge ansprechen. Aber der falsche Moment, das falsche Alter, das können Gründe sein, um euphemistisch zu sprechen.

Hashtags:

Ich habe zur besseren Orientierung noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels zusammengestellt:

Keine Schlagwörter vorhanden

Lesezeit ca.: 5 Minuten | Tippfehler melden


Hilfeaufruf vom Bestatterweblog

Das Bestatterweblog leistet wertvolle Arbeit und bietet gute Unterhaltung. Heute bitte ich um Deine Hilfe. Die Kosten für das Blog betragen 2025 voraussichtlich 21.840 €. Das Blog ist frei von Google- oder Amazon-Werbung. Bitte beschenke mich doch mit einer Spende, damit das Bestatterweblog auch weiterhin kosten- und werbefrei bleiben kann. Vielen Dank!




Lesen Sie doch auch:


(©si)