Einen etwas außergewöhnlichen Wunsch äußerte heute früh eine Witwe. Sie war mit den Totenpapieren ohne Anmeldung bei uns im Büro erschienen und wollte, dass wir bitte nachdem alles besprochen ist, anschliessend ihren verstorbenen Mann daheim abholen.
Sie habe da aber eine Liste, äußert sie etwas schüchtern, so als handele es sich um etwas Anrüchiges. Ich bin ja einiges gewöhnt und erkundige mich nach der Liste, will wissen was den da drauf steht.
„Naja, da stehen alle die Orte hier in der Stadt drauf, die für meinen Franz eine Bedeutung hatten. Sein Kindergarten, seine Schule, da wo er gelernt hat, eben alles.“
Was denn mit dieser Liste und diesen Orten geschehen soll, erkundige ich mich weiter.
„Der Franz wollte, dass er im Leichenwagen da vorbeigefahren wird. An allen Orten, genau in dieser Reihenfolge und bitte, bitte nehmen Sie den schönen langen Mercedes, das hat er sich mal so gewünscht.“
Machen wir doch!
Es zeigt sich einmal mehr, dass es nicht verkehrt ist, schon zu Lebzeiten mal mit seinen Nächsten darüber zu sprechen, wie man es denn gerne hätte. Das macht die Sache für alle Beteiligten einfacher. Man glaubt nicht, wie oft Angehörige bei mir sitzen und nicht einmal wissen, ob der Verstorbene verbrannt werden wollte oder nicht. Es ist nicht nur einfacher für uns und die Familien, sondern es erfüllt die Hinterbliebenen oft auch mit einem Gefühl der Befriedigung, wenn sie sehen, dass sie auf diese Weise auch noch nach dem Tod eines Angehörigen etwas für ihn tun können, nämlich seine diesbezüglichen Wünsche zu erfüllen.
Wir fahren also heute Nachmittag mit dem eingebetteten Franz ein Stündchen durch die Stadt, erfreuen uns daran, auf so einfache Weise diese Witwe glücklich zu machen und sind sehr froh darüber, dass der Franz sein ganzes Leben in dieser Stadt zugebracht hat. Nicht auszudenken, was das für eine Tour geworden wäre, wenn er beispielsweise Schausteller oder Zirkusartist gewesen wäre.
Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:
Schlagwörter: franz, für, stadtrundfahrt
Darf sie mitfahren?
Wo gerade das "herumfahren" angesprochen wird. Ist es richtig, dass man in Holland einen Leichenwagen (nennt man das so) nicht überholt und wenn dieser einen überholt, dass man hupt?
@Biene: Au Mann! Gute Frage! Ich geh sofort ans Telefon und frage sie. Auf die Idee bin ich im ersten Moment gar nicht gekommen. Ich frage mal und gebe spätestens morgen hier Bescheid. Aber wenn, dann fährt sie auf jeden Fall vorne mit.
@Der Mitch: Andere Länder, andere Sitten. Aber Du hast Recht. Einer unserer Fahrer hatte vor ein paar Jahren eine Tour in die Niederlande und ist sehr oft angehupt worden. Das mit dem Überholen weiß ich nicht, kann mir aber vorstellen, dass das manchmal so gemacht wird.
Leichenwagen ist nicht verkehrt, wir bevorzugen Bestattungswagen oder Bestattungsfahrzeug.
@ Der Mitch, undertaker:
Wohne selber in den Niederlanden und befahre auch öfter die Straße zum örtlichen Krematorium…
Hier ist es jedenfalls so, dass das Bestattungsfahrzeug eine schwarze Standarte am Kotflügel führt, wenn es "besetzt" ist. Eventuell nachfolgende Fahrzeuge der Trauergemeinde bekommen einen gutsichtbaren schwarzen Stoff-Wimpel, damit man erkennt, dass sie zur Kolonne gehören. Der Wimpel wird dann am Friedhofseingang wieder von einem Bestattungshelfer eingesammelt.
Wenn es irgendwie möglich ist, gehört es sich auch so, dass man eine solche Kolonne nicht durchbricht. Manche Leute fahren dann auch schonmal kurzfristig rechts ran, wenn sie doch in den Zug geraten sind. Find ich nett!
Den Vogel abgeschossen hat aber neulich die Enscheder Polizei: Diese stoppte im Rahmen einer allgemeinen Verkehrskontrolle einen Trauerzug mit zehn Fahrzeugen: http://www.tctubantia.nl/voorpagina/article121164… Alkoholkontrolle der Fahrer und technische Überprüfung der Fahrzeuge vor der Beisetzung ;-(
Gibts für das extra rumfahren Spritgeld? 😀
Fahrten mit einen Bestattungswagen sind immer teuer. Normalerweise würde so ein "Spaß" sicher über 100 Euro kosten, aber in dem Fall habe ich die Dame gebeten, die übrigens doch mitfährt, sie möge dem Fahrer ein angemessenes Trinkgeld geben.
(zu vorne mitfahren) is Glaub ich nicht so schön wenn die Passanten sehen, wenn hinten einer durchs Fenster schaut
@Biene: Ja, das wär' was, wenn da hinten zwischen den Gardinen jemand rauswinkt…
Wars denn auch wie gewünscht ein Mercedes? 😉
@X oh Mann, das hätte sich die Polizei ja echt klemmen können 🙁
Ja, wir haben auch einen Mercedes.
Und zum Thema Polizei: Noch niemals wurde eines unserer Bestattungsfahrzeuge von der Polizei angehalten.
Das mit dem rauswinken gab es schon mal in einer ausländischen "Verstehen sie Spaß?"-Sendung.
Bei diesen Autokorsos muss ich immer unweigerlich dran denken, dass sie nach der Bestattung dann einfach die Flaggenfarben wechseln, Oranje dranspannen und zum Fußballschauen fahren.
…da liegt niemand drin….
[..] jetzt geht es in den Ausstellungsraum. Eingeschüchtert stehen sie vor den Särgen, der Mann schaut nach den Preisen, sie nestelt an ihrer Handtasche. Ich sage: ?Keine Bange, da liegt niemand drin.? Ein blöder Spruch, aber er entspannt die Leut…