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Stöpsel

Morgens habe ich immer so meine Anlaufschwierigkeiten, ich bin nicht gereizt oder muffelig, aber es ist doch eher empfehlenswert mich nicht mit ganzen deutschen Sätzen zu belästigen, um nicht von mir den Kopf abgebissen zu bekommen.

Meistens trinke ich in der Wohnung schon eine Tasse des belebenden Kaffees und lese so die ersten Schlagzeilen der Tageszeitung; wenn ich das hinter mir habe, mutiere ich vom Polyphem zu einem ganz normalen Menschen und bin ansprechbar. Hin und wieder, so auch heute, komme ich nicht dazu, das hektische Blinken der Lämpchen am Telefon signalisiert, daß unten viel los sein muß und so beschließe ich, runter zu gehen und mich dem täglichen Kampf um den schnöden Mammon zu stellen.

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Mit einem Kaffeepott in der Hand (es ist meine geliebte Titanic-Tasse mit Kate Winslet und Leonardo DiCaprio vor dem großen Schiff, nicht weil ich Leo so mag, Kate mag ich lieber, aber am meisten gefällt mir bei Titanic, Die Hindenburg, Das Leben des Jesus von Nazareth und Hitler – Der Unterhang, daß man ohne weiteres auch vor dem Ende des Films einschlafen kann, man verpasst nie etwas, weil man weiß wie es ausgegangen ist. Die Hindenburg wäre auch nicht schlecht, aber Jesus oder Hitler auf der Tasse? Dann doch lieber Leo, oder?) gehe ich die Treppe runter, biege nach links ab und sehe im rechten Augenwinkel etwas, was ich für eine frühmorgendliche Fehlschaltung halte.

Ich besprühe das Bäumchen in dem Suse, unser Hauschamäleon wohnt, schaue, ob es dem Tier gut geht, was so zu sein scheint und drehe mich wieder in Richtung meines Büros. Und wieder sehe ich das, was ich vorhin noch für eine visuellen Traumrest gehalten habe und reibe mir mit der freien Hand die Augen.

Wäre mir da Antonia entgegengekommen, dann hätte mich gewundert, dann hätte mich auch nichts gewundert und auch bei Sandy wäre mir nichts besonders vorgekommen, aber es ist Manni der da auf mich zusteuert, mir einen Zettel zeigen will und aus dem linken Mundwinkel etwas hervorzischt, was wie „Moin, Chef“ klingt. Es klingt aber nur entfernt so, denn Manni hat im rechten Mundwinkel einen weißen Stöpsel.

Um diese Zeit beherrsche ich nur die Sprache der westafrikanischen Steppengnus, grunze also kurz, das kennen meine Leute so nicht anders und werfe einen Blick auf Mannis Zettel, erkenne was er von mir will und deute auf die erste Reihe; er weiß nun was er bestellen soll, zischt sowas wie „Danke und Tschüß“ und entschwindet.

Wenig später im Büro, ich habe die Gnuphase überwunden und kann schon ein- bis zweisilbige Wörter fehlerfrei aussprechen, erkundige ich mich bei Frau Büser, warum Manni denn mit einem Schnuller herumläuft.

„Manni?“ fragt sie, typisch Frau zurück, um dann zu sagen: „Ach der, der hat keinen Schnuller im Mund, der hat einen Inhaler.“

„Was?“

„Inhaler.“

„Was ist denn das?“ (vier einsilbige Wörter!)

„Zum Abgewöhnen?“

„Manni? Den brauch ich mir nicht…“

„Nein, nicht um sich Manni abzugewöhnen, sondern Manni gewöhnt sich das Rauchen ab und dazu hat er sich in der Apotheke einen Inhaler gekauft.“

„Warum denn kein Pflaster?“

„Dieser Inhaler ist ganz was Neues, da hat man so einen Stöpsel in der Hand oder im Mund und kann immer daran herumnuckeln und da ist irgendwas drin, was die Sucht befriedigt.“

„Das sieht aber doof aus, wie ein Schnuller.“

„Angeblich soll’s helfen.“

„Na, meinetwegen.“

Huch, ein viersilbiges Wort, ich glaube ich bin wach.

Hashtags:

Ich habe zur besseren Orientierung noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels zusammengestellt:

#stöpsel

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