Allgemein

Talar, Anzug

Wenn es um die Bekleidung für den Verstorbenen geht, stecke ich in einer Zwickmühle.
Mir persönlich gefällt es am Besten, wenn Männer einen Anzug tragen und Frauen ein Kleid. Denn einerseits sind diese Sachen sowieso vorhanden, werden meistens nie wieder gebraucht und kosten natürlich auch nichts extra.
Nur ist es leider so, daß manche Krematorien mittlerweile keine Verstorbenen mehr annehmen, die nicht in ein Leichenhemd, einen sogenannten Talar eingekleidet sind. Das habe feuertechnische Gründe und solle verhindern, daß durch Kunstfasern die Filter der Anlage zerstört werden oder daß giftige Gase entweichen können.

Werbung

Geht es also um eine Feuerbestattung, weisen wir auf diesen Umstand hin und fragen ob es nicht persönliche Kleidung gibt, die aus Naturfasern besteht, die darf man nämlich verwenden. Nur leider, und das werden die meisten bestätigen können, gibt es kaum noch Bekleidung, die komplett aus Naturfasern besteht. Und wenn es sie gibt, dann haben die Leute so etwas in den seltensten Fällen. Selbst beim besten Anzug aus Schurwolle ist dann das Futter aus Synthetik oder die Knöpfe sind aus Plastik usw.

Bei dem einen Krematorium gucken die Männer nicht so genau, wenn man dann sagt, daß sei alles Natur, nicken die das ab.
In anderen Krematorien ist man da rigoroser und verlangt, daß unsere Fahrer den Verstorbenen noch einmal komplett ent- oder umkleiden.

Ein Grund dafür liegt auch darin, daß die vorgeschriebene amtliche Leichenschau, die zweite Leichenschau bei Einäscherungen, nicht vorher durchgeführt wird, sondern erst im Krematorium. In manchen Städten kommt der Amtsarzt zum Bestatter und schaut sich dort jeden Verstorbenen an, um die notwendige Einäscherungsfreigabe zu erteilen. In anderen Städten muß der Bestatter jeden Leichnam zuerst beim Leichenschauer vorführen, bevor er ihn ankleiden und behandeln kann, was auch seine Vor- und Nachteile hat. Hier ist es aber so, daß diese zweite Leichenschau ziemlich unmittelbar vor der Einäscherung gemacht wird.

Wir wissen ja, bei Feuerbestattungen reicht der normale „Totenschein“ des Hausarztes nicht aus, es muß noch einmal und noch sorgfältiger geschaut werden, ganz einfach weil nach dem Einäschern alle Hinweise auf Unregelmäßigkeiten beseitigt sind.
Natürlich sucht der Amtsarzt nach Anzeichen für eine unnatürliche Todesursache, aber er ist nicht allein auf der Jagd nach möglichen Mördern, sondern er schaut auch nach Anzeichen für gravierende medizinische Fehler oder Pflegeversäumnisse, soweit sich diese im Rahmen einer solchen Leichenschau feststellen lassen.

Dazu muß der Verstorbene natürlich entkleidet sein und das ist logischerweise auch mit ein Grund dafür, daß die Kremierungsgehilfen oder die Sektionsgehilfen des Amtsarztes es lieber haben, wenn die Verstorbenen einen Talar tragen. Der ist nämlich hinten offen und kann mit einem Handgriff weggeklappt und hinterher wieder hingeklappt werden.

Ich persönlich würde mir wünschen, daß alle Verstorbenen nicht vom Hausarzt, sondern von einem unabhängigen, hierauf spezalisierten, Leichenschauer untersucht werden und zwar noch bevor der Bestatter den Verstorbenen behandelt. Damit soll dann auch die zweite Leichenschau überflüssig werden.

Die meisten Kunden nehmen es hin, wenn wir sagen, daß ein Talar oft die bessere Lösung ist, andere bestehen auf dem Anzug und wir kleiden dann vor der Fahrt zum Krematorium um, aber manche denken auch, daß der Bestatter nur Geld ziehen will, wenn er auch noch so ein Hemd verkaufen will.

Ich denke, es iegt in erster Linie daran, wie man es dem Kunden beibringt und erklärt.


Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:

Schlagwörter: ,

Allgemein

Die Artikel in diesem Weblog sind in Rubriken / Kategorien einsortiert, um bestimmte Themenbereiche zusammenzufassen.

Da das Bestatterweblog schon über 20 Jahre existiert, wurde die Blogsoftware zwei-, dreimal gewechselt. Dabei sind oft die bereits vorgenommenen Kategorisierungen meist verlorengegangen.

Deshalb stehen über 4.000 Artikel in dieser Rubrik hier. Nach und nach, so wie ich die Zeit finde, räume ich hier auf.

Lesezeit ca.: 4 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 12. März 2008 | Revision: 10. Dezember 2014

Hilfeaufruf vom Bestatterweblog

Das Bestatterweblog leistet wertvolle journalistische Arbeit und bietet gute Unterhaltung. Heute bittet das Bestatterweblog um Ihre Hilfe. Es fehlen in diesem Jahr noch etwa € 8.500,- um den Server, IT, Redaktion und um die anderen Kosten zu decken. Bitte beschenken Sie uns mit einer Spende, sonst müssen wir in Zukunft die meisten Artikel kostenpflichtig bereitstellen. Das wäre schade, auch weil das weitere unkreative Arbeiten erfordert, die wir zeitlich kaum stemmen wollen. Vielen Dank!




Lesen Sie doch auch:


Abonnieren
Benachrichtige mich bei
18 Kommentare
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen
Lars
16 Jahre zuvor

Na, wenn es hier jedemenge Quincys geben soll, das gibt aber nen Geschrei.

Ich hör schon die Angehörigen sagen „Was sollen die Nachbarn denken wenn hier ein behördenmitarbeiter auftaucht“

Hach, was waren wir Dorfgespräch als mein Onkel der Meinung war er müsste sich aufhängen im Schuppen…. Hausarzt, Notarzt, Rettungswagen, Polizei, Kripo mit Gerichtsmediziner und dann erst der Bestatter. Da Kripo und Gerichtsmediziner ne Anfahrt von jeweils 50km hatten, hat sich die ganze Aktion doch fast den ganzen Tag hingezogen bis dann der Bestatter seines Amtes walten durfte….

undertaker
16 Jahre zuvor

@Lars: Der Arzt muß ja sowieso kommen. Ob nun der oder der Arzt kommt, ist doch egal, oder? Der muß ja nicht mit dem SEK anrücken. Außerdem sterben die meisten sowieso im Krankenhaus oder Pflegeheim, da wäre es dann sowieso egal.

Lars
16 Jahre zuvor

Logisch ist das egal. Für mich zumindest. Nur, ich bin nicht Deutschland. 😀

Grad der Rentnerfront würde das sauer Aufstoßen weil sie es halt nicht kennen.

Ma Rode
16 Jahre zuvor

wenn ich mir die sargausstattung auf dem foto so ansehe, glaube ich kaum, dass die aus naturfasern besteht. das sieht doch mehr nach einkaufstüte aus als nach verbrennungsneutraler baumwolle.

verbessert mich, falls ich was übersehen habe.

antagonistin
16 Jahre zuvor

Zum Kommentar von Ma Rode: ich sehe es auch so, dass das nach Einkaufstüte aussieht. Daraus resultierend meine generelle Frage an Tom: warum ist es so, dass die Decken, die wir dort hängend sehen, bzw. generell die Dinge, mit denen ein Verstorbener im Sarg liegt, meist vom Design her so extrem verkitscht aussehen? Nimm das bitte nicht persönlich, ich würde es einfach nur gerne verstehen. Meine Großmutter lag – leider – auch in Decke und Kissen, die in einem Sissy-Film nicht kitschiger hätten aussehen können, glänzend, mit Rüschen versehen etc. Ich finde, es sieht sehr, sehr scheußlich aus. Was ist der Grund, dass Verstorbene nicht überwiegend mit einem normalen Kissen und Decke, die ansprechender aussehen, bestattet werden?

16 Jahre zuvor

Hm, also hier ist es so: Ich arbeite auf Honorarbasis für die Polizei – und wenn die keinen Hausarzt auftreiben kann, rücke ich an. Mit unserer Familienkutsche, völlig unauffällig. Die Leichenschau ist somit unabhängig – und ich entscheide, ob z.B. die Kripo mit einbezogen wird. Wobei das auch so eine Sache ist: Handelt es sich um einen Patienten, der offensichtlich schon länger sehr krank war, sieht man das, dann ist die Todesursache oftmals auch eindeutig. Bei bislang völlig gesunden Menschen, die plötzlich tot im Bett liegen, bei denen ich die Todesursache nicht feststellen kann, bescheinige ich eben „Todesursache ungeklärt“. Und in diesen Fällen kommt dann eben auch die Kripo, auch wenn sich erst einmal keinerlei Hinweise auf ein Verbrechen ergeben. Nach meiner Erfahrung ist die Kripo hier zumindest recht unauffällig, so dass nicht unbedingt die ganze Straße weiß, was vorgeht. Wenn ich mir das so überlege, ist die eigentliche Leichenschau der kleinere Teil; einen viel größeren und wesentlicheren Teil nehmen die Angehörigen ein, die oftmals unter Schock stehen, tausend Fragen haben und auch Respekt verdienen.… Weiterlesen »

Silke
16 Jahre zuvor

@antagonistin
sicher, weil die betreffenden Angehörigen der Ansicht sind, daß Rüschen und Spitze besonders festlich wirken und außerdem zu alten Damen passen.

Aber es gibt auch schlichte, einfache Garnituren und nicht nur in Weiß und glänzend.

undertaker
16 Jahre zuvor

Einkaufstüte? 🙂 Vorne dran bei den Decken hängt eine aus weißer Atlasseide. Die glänzt und vielleicht sieht das deshalb komisch aus. Die Talare sind alle in einer Schachtel mit einem durchsichtigen Kusntstoffdeckel, damit sie nicht zustauben und verfingert werden. Tja, warum sind manche Decken und Talare so kitschig? Kitsch ist ja bekanntlich auch eine Frage des persönlichen Geschmacks. Und über den kann man ebenso bekanntlich ja nicht streiten. Watt dem einen sin Uhl, is dem annern sin Nachtigall. Wir stopfen die Verstorbenen ja nicht gegen den Willen der Angehörigen in ein „Sissi“-Gewand, sondern das haben sich die Leute dann schon so ausgesucht. Decken und Talare gibt es in so vielen Formen, da dürfte fast für jeden etwas dabei sein. Mit Rüschen, mit Spitze, ohne Rüschen und Spitze, in Baumwolle, Seide, was man will. Wir haben Talare, die eher an ein Sommerkleid erinnern, als an ein Totenhemd und für Männer solche, die wie ein Herrenanzug aussehen. Das müssen die Leute schon selbst aussuchen, da geben wir nichts vor. Allerdings entscheiden sich die meisten für ein weißes… Weiterlesen »

Silke
16 Jahre zuvor

was grundsätzlich gegen einen Talar spricht, wäre, daß es sie nur in Einheitsgröße gibt.
Das sieht bei sehr schlanken (oder abgemagerten) Verstorbenen immer schrecklich aus, wenn einer in einen Talar geüllt ist, der ihm 3-4 Nummern zu groß ist.

Fürchterlich fand ich auch mal ein Bild von einem 14 – Jährig verstorben Jugendlichen. Im Sarg im weißen Herrentalar aufgebahrt, der ihm viel zu groß war.

undertaker
16 Jahre zuvor

@Silke: Du hast Recht, so etwas sieht nicht gut aus. Allerdings gibt es sehr wohl auch Talare in unterschiedlichen Größen. Natürlich kann man nicht alle Talare in allen Konfektionsgrößen herstellen, liefern und lagern. Dadurch daß sie hinten offen sind, lassen sie sich i.d.R. sehr gut anpassen.
Aber es gibt auch Talare für Jugendliche und Kinder und neuerdings, wegen der „wachsenden“ Bevölkerung auch für dickere Personen.

Ich sage ja: Am Besten ist oft die eigene Kleidung. Aber auch da heben wir das gleiche Problem. Die Leute waren oft lange krank und sind sehr schmal geworden und passen deshalb auch in ihre normale Kleidung nicht mehr richtig rein.

16 Jahre zuvor

So stirbt man standesgemäß:

1. Der Beamte entschläft sanft.
2. Der Religiöse muss dran glauben.
3. Der Zahnarzt hinterlässt eine schmerzliche Lücke.
4. Der Gemüsehändler schaut sich die Radieschen von unten an.
5. Der Fechter springt über die Klinge.
6. Die Putzfrau kehrt nie wieder.
7. Der Anwalt steht vor dem jüngsten Gericht.
8. Der Autohändler kommt unter die Räder.

16 Jahre zuvor

der button „absenden“ und „spenden“ ist aber leicht zu verwechseln;-)hehe

Silke
16 Jahre zuvor

… 9. und der Spanner ist weg vom Fenster **gg**

foobar
16 Jahre zuvor

Meiner Erfahrung nach wird teilweise auch die alte Kleidung so hinten aufgetrennt, dass sie Talar ähnlich sind. (Zur Beschauung) Wenn es Kunststoffknöpfe z.B. am Hemd sind, so müssen diese abgeschnitten werden und gegebenen Falls kurz mit ein zwei Stichen an den Stellen zugenäht werden. Somit ist allen Parteien geholfen.

Dorien G.
16 Jahre zuvor

Tom sprach vorhin davon, dass die meisten Menschen je eh in Krankenhäusern oder Pflegeheimen versterben. Ich bin examinierter Altenpfleger und bestätige Vorbehaltlos. So ein Alten- und Pflegeheim ist ein erstklassiger Zulieferbetrieb für einen Bestatter. Das sehen die Angehörigen der Heimbewohner wohl auch so. So meinte mal ein auch schon in die Jahre gekommener Bruder: „Nun geht es ja langsam mit meiner Hildegard zu Ende. Da ich in drei Wochen nach Kanada reisen möchte, käme es mir gelegen, sie könnten dies innerhalb der nächsten zwei Wochen EINRICHTEN. ich möchte mich hier auch noch einmal im Namen meiner Schwester für ihre langjährige, kompetente und warmherzige Pflege bedanken.“ Vergleicht man den Tod mit dem Kommunismus, wären Pfleger ebenso wie Bestatter Marx aber bestimmt nicht Lenin. Sprich: Wir führen den Tod nicht bewusst herbei, drücken Niemanden ein Kissen aufs Gesicht oder Ähnliches! Gruselig, was in manchen Menschen/Brüdern so vorgeht. Interessant ist auch der Anruf bei so manchem Hausarzt. Offiziell stellt kann ja nur der Arzt diagnostizieren. Man darf bei Ärzten, die das sehr genau nehmen, also nicht anrufen und… Weiterlesen »

16 Jahre zuvor

>Nur Privatpatienten, die lassen Ärzte gerne im >Heim bzw. zu Hause sterben, da gibts mehr Kohle >für die Ausstellung eines Totenscheines.

Wohl wahr. Und wenn es dann noch ungeliebte Sozialfälle sind, dann darf ich ran – so geschehen am 1. Weihnachtsfeiertag, nachts um 1:00 Uhr. Drogentoter in einer Wohnung. Angehörige leben in Südeuropa. Zwei Stunden Arbeit, null Bezahlung.

Manchmal liebe ich meine Kollegen… *augenverdreh*

Mac Kaber
16 Jahre zuvor

Na dann doch lieber gleich unbekleidet mit meiner bunt gestreiften Lieblingsdecke aus Mexiko. Dann seh ich für die Angehörigen wie gewohnt auf dem Sofa aus, und der Arzt hat nicht so viel Mühe. Er solls halt nachher wieder sauber herrichten wie es war.
Papiere bekommt der Bestatter vom Arzt nur gegen Bezahlung der Gebühr. Soll der doch zusehen wo er es herbekommt.

Thanato
16 Jahre zuvor

Da kann ich nur wieder Sagen was für Kollegen es gibt! Ich bevorzuge eigene Kleidung und keinem wird etwas aufgeschwatzt! Außerdem kann man sich sein Krematorium frei wählen und bei meinem ist Kleidung komplett angezogen(nicht geschnitten, machen nur Mitglieder des BDB) und der Arzt muss sich die mühe machen dieses zu entfernen! Dafür bekommt er auch sein Geld, das wollen wir mal nicht vergessen! Die machen das nicht weil Sie so gute menschen sind, sondern weil es Kohle dafür gibt!

Thanato




Rechtliches


18
0
Was sind Deine Gedanken dazu? Kommentiere bittex