Branche/Kommune

Trauern in der Kälte: Bei minus 20 Grad kann keiner ein Instrument spielen

orgel

Kalte Trauerhalle sorgt für Beschwerden

Aus der „Märkischen Oderzeitung„:

Fast schon idyllisch mutet er an – der Grünheider Waldfriedhof. Gepflegtes Grün und Schatten spendende Bäume sorgen für einen sehr würdevollen Ort. Die Trauerhalle aber passt da nicht ganz so ins Bild. Bestatter beklagen vor allem, dass sie nicht mehr beheizbar ist. (…)
Vor zwei Wintern wurde die Elektroheizung aus DDR-Zeiten … abgebaut. (Der) Ordnungsamtsleiter … begründet das mit den Energiekosten. (…) Letztlich wurden lediglich die Sitzflächen und Lehnen der Bänke gepolstert. (…)
Die Bestatter … halten den Zustand für unzumutbar. Zumal es … schon vorgekommen sei, dass sowohl die Grabrednerin als auch der Organist wegen der Kälte ihren Einsatz abgelehnt haben.
„Bei minus 20 Grad kann keiner ein Instrument spielen.“
„Die Hinterbliebenen beschweren sich bei uns, obwohl wir nichts für die Kälte können.“ Rintisch hat schon selbst mal einen Heizlüfter aufgestellt. „Das würde ich nicht machen“, sagt Ramm. Er könne akzeptieren, dass eine Heizung mal kaputt ist. Kein Verständnis habe er jedoch dafür, wenn eine ausgebaut und nicht ersetzt werde. Zumal die Leute ja auch eine Kapellengebühr (von 80 €) bezahlten.

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Jetzt sollen mehrere Heizlüfter auf kommunale Kosten angeschafft und jeweils von den Bestattern vor den Trauerfeiern eingeschaltet werden. Ob das wirklich ausreicht, um den großen, ausgekühlten Raum mit einer Wohlfühltemperatur zu versehen, bleibt fraglich.

Die Schilderungen aus Grünheide sind aber kein Einzelfall.

Ähnliches gibt es aus der ganzen Republik zu berichten. Bestatterkollegen beklagen verschimmelte Wände in Aufbahrungszellen, Trauerhallen in denen der Putz von Decke und Wänden fällt und immer wieder über feuchte und eiskalte Räumlichkeiten. Was hier den Angehörigen zugemutet wird, ist eine Frechheit. Nun liegen die Hallengebühren von 80 Euro in Grünheide noch sehr niedrig, es gibt Kommunen in denen das schnell mal das 5fache kostet und in denen trotzdem keine annehmbare Atmosphäre geschaffen wird.

Nach Meinung der Bestatter liegt das vor allem daran, daß einerseits die Bestattungskultur als einer der hohen, schützenswerten Werte unserer christliche-abendländischen Kultur angesehen wird, und deshalb den Bestattern und Angehörigen oft genug, gerade mit Hinweis auf diesen besonderen Schutz, Knüppel zwischen die Beine geworfen werden, andererseits aber die Friedhöfe mittlerweile als kostendeckende Einrichtungen kaum noch sinnvoll aus den kommunalen Haushalten subventioniert werden. Da sollen die Friedhöfe auch Bestandteil der so genannten „grünen Lunge“ einer Stadt sein, Erholungs- und Parkanlage sein und eine teils denkmalgeschützte Erinnerungsstätte an bekannte Töchter und Söhne der Stadt und dann sollen die Angehörigen mit ihren Grab- und Friedhofsgebühren das alles finanzieren.

Das mag in einer größeren Stadt eventuell noch aufgehen, in kleineren Gemeinden mit vielleicht 30 oder 40 Sterbefällen im Jahr sind die Fixkosten allein schon so hoch, daß man zum Teil die Grabgebühren von 160 Euro auf über 600 Euro angehoben hat.

Friedhöfe und die die damit verbundenen Gebäude wie Trauerhallen, Aufbahrungsräume und die Anlieferlogistik für die Bestatter müssen, meiner Ansicht nach, von den Kommunen zuerst einmal als eine sehr wichtige und kulturell bedeutsame Aufgabe angesehen werden und demnach auch voll umfänglich in Schuß und bereit gehalten werden. Das muß eben kosten was es eben kostet. Und erst dann im nächsten Schritt muß man schauen, in wie weit man die Angehörigen angemessen an diesen Kosten beteiligt und nicht wie man die gesamten auflaufenden Kosten einfach durch die Zahl der Sterbefälle und Grabverkäufe teilt.

Bild: CFalk / pixe lio.de

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