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Unser Grab ist weg

Da stehe ich in der Einfahrt und spiele etwas mit den Kindern und der zugelaufenen Katze, da bremst auf der Straße hinter mir ein Auto scharf ab. Ein Ehepaar (Mitte 50) steigt aus und er kommt wild gestikulierend und mit hochrotem Kopf auf mich zu. Er ist noch 10 Meter entfernt da ruft er schon: „Haderlump, elendiger!“ und schüttelt die Fäuste. Seine Frau sieht nicht minder gefährlich aus.

Da ich nicht weiß, was der geraucht hat, winke ich den Kindern zu und die verschwinden im Haus.
„Was wollen Sie bitte?“ frage ich.

„Sie sind ein Verbrecher! Ein Gauner!“ röhrt der offensichtlich bajuwarische Hirsch mit dem roten Kopf.
Viel Angst muß ich vor dem nicht haben, ich bin groß, breit und 10 Jahre jünger. „Was für ein Problem haben Sie denn?“

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„Sie, wir waren auf dem Friedhof und das Grab von meiner Mutter ist weg!“

Mir ist immer noch nicht ganz klar, was der von mir will. Das sagt er mir dann aber gleich: „Bei Ihnen haben wir das Grab bestellt und Sie haben die Beerdigung gemacht und jetzt ist das Grab weg.“

„Wann war das denn?“

„Mutti, wann war das?“ fragt er seine Frau und die schürzt nachdenklich die Lippen und sagt spitz: „1981.“

Er fügt hinzu: „Ein schönes Reihengrab direkt an der Mauer.“

„Das ist aber schon 26 Jahre her und Reihengräber laufen nach 18 Jahren spätestens ab“, erkläre ich den beiden.

„Wie, die laufen ab?“ will er wissen.

„Na, die Zeit der Anmietung ist vorbei und wenn nichts unternommen wird, läuft das Grab ab und wird eingeebnet.“

„Und warum haben Sie nichts unternommen?“ will nun sie wissen.

„Weshalb sollte ich da was unternehmen? Das ist Sache der Angehörigen. Waren Sie denn seit 26 Jahren nicht mehr hier?“

Sie baut sich entrüstet vor mir auf: „Selbstverständlich waren wir hier. Das letzte Mal, das war vor… lassen Sie mich überlegen…“
Er setzt den Satz seiner Frau fort: „…ungefähr 20 Jahren.“

Was bleibt mir anderes übrig, als den sonntäglichen Besuchern aus dem Bayerischen zu erklären, daß sie leider zu spät kommen und dass das Grab nunmal eben weg ist.

Er scheint das langsam zu kapieren, sie sucht noch ein bißchen die Schuld bei mir: „Da hätten Sie aber was machen müssen!“

„Und was?“

„Keine Ahnung.“

Das Gefühl hatte ich auch.

Hashtags:

Ich habe zur besseren Orientierung noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels zusammengestellt:

#grab #unser

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