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Urteil zum Bestattungsrecht

Eigentlich war ja schon seit längerem damit zu rechnen, daß der 22. Senat des Oberandesgerichts in Mecklenburg-Vorpommern zugunsten eines dort ansässigen Bestatters entscheiden würde. Das Verfahren ist ja immerhin seit August 2006 anhängig. Jetzt wurde abschließend im Sinne des Bestatters geurteilt, was Auswirkungen auf die Bestattungsgesetze aller Länder der Bundesrepublik haben dürfte.

Doch worum geht es?

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Bestatter Roland B. (41) hatte bereits Ende 2005 auf seinem weitläufigen Privatgründstück, das er etwas vollmundig „Freies Mecklenburger Leichenfeld“ genannt hat, ungewöhnliche Bestattungsformen angeboten. Brisant, ‚Akte‘ und Panorama berichteten bereits ausführlich darüber und der MDR widmete dem Ganzen eine 45minütige Sendung mit dem Titel: „Teufel, Tod und Experimente“.

So können die Kunden neben ganz herkömmlichen Erd- und Feuerbestattungen bei Bestatter B. auch höchst außergewöhnliche Bestattungen, wie z.B. die „Wikingerfahrt“ buchen. Auf dem knapp einen halben Hektar großen ehemaligen Forellenteich auf dem Grundstück des Bestatters wird der Leichnam in ein nachgebautes Wikingerboot gelegt, welches dann angezündet und in die Mitte des Sees verbracht wird. Dort verbrennt der Leichnam und schließlich sinkt das Boot spektakulär.

Auch die Senkrechtbestattung wird von Bestatter B. als Lösung der ökologischen und ökonomischen Probleme propagiert: „Wenn wir die Särge senkrecht bestatten, benötigen wir dreimal weniger Platz als bisher. Das ist ökologisch sinnvoll, weil er Platzbedarf der Friedhöfe rapide abnimmt und auch ökonomisch sehr interessant, weil sich ja drei bis vier Personen quasi einen Grabplatz teilen. Die Kosten könnten auf ein Viertel sinken. Das ist vor allem vor dem Hintergrund der sinkenden Reallöhne hier in Ost- und Mitteldeutschland von großer Bedeutung.“ So äußerte sich B. in ‚Panorama‘.

Hubert Grausenicht, Vorsitzender des Berufsverbandes selbständiger Bestatter in Radebeul bei Dresden setzt dem aber in einem Interview mit der „Mitteldeutschen Zeitung“ entgegen: „Das senkrechte Bestatten von Menschen ist würdelos, entbehrt jeglicher Pietät und kommt die Menschen in Wirklichkeit viel teurer. Schließlich muß wesentlich tiefer gebaggert werden, was letztlich dazu führt, daß die Leichen mit den Füßen schon im Grundwasser stehen. Man darf nicht vergessen, daß dieses Grundwasser auch zum Bierbrauen Verwendung findet.“

Die Behörden hatten zunächst den Betrieb des Privatfriedhofes untersagt, B. jedoch hatte ein Schlupfloch im Landesbestattungsgesetz zu seinen Gunsten gefunden und eine Bestimmung, die historische Begräbnisstätten unter einen besonderes Schutz stellt, für sich in Anspruch genommen. Er konnte nachweisen, daß auf dem von ihm genutzten Grundstück schon in der Steinzeit Bestattungen stattgefunden haben.
Daraufhin waren den Behörden die Hände gebunden.

Munter bot B. weiterhin Totenverbrennungen nach indischem Brauch, die oben beschriebenen Senkrechtbestattungen und Aschenverstreuungen an. Erst als er im Mai 2006 sein Angebot um tibetanische Vogelbestattungen erweiterte, schritt der Staatsanwalt ein. Bei dieser Bestattungsform wird der noch warme Leichnam zerhackt und die fleischbehafteten Brocken aasfressenden Vögeln zum Fraß vorgeworfen. Zwar hatte B. immer noch Deckung durch die Sonderbestimmung des Bestattungsgesetzes, jedoch zäumte die Staatsanwaltschaft das Pferd von hinten auf und untersagte das Treiben mit einem unerwarteten Hinweis auf das Tierschutzgesetz. B. war zum Verhängnis geworden, daß er als aasfressende Vögel einige Lämmergeier legal importiert hatte. Jedoch sah es der Staatsanwalt so, daß das Füttern von Lämmergeiern mit menschlichen Leichenteilen dem Grundsatz der artgerechten Ernährung widerspreche: „Menschen sind keine Lämmer, Punkt!“

Bestatter B. protestierte damals in einem offenen Brief: „…sind die Maßnahmen der Behörden überzogen. Wenngleich sie sich auf einen Passus im Tierschutzrecht berufen, der möglicherweise tatsächlich berechtigt ist, was ich persönlich zwar bezweifle, so ist die komplette behördliche Schließung meiner Beerdigungsanlage doch reine Behördenwillkür, gegen die ich Klage einreichen werde.“

Und über eben diese Klage ist nun abschießend verhandelt worden. Richter Ronny Lausefritz wies die Behörden in ihre Schranken und beschied Bestatter B. ein vollkommen tiergerechtes Handeln. Sehr plakativ formulierte Lausefritz in seiner Urteilsbegründung: „Wenn den Lämmergeiern nicht schlecht wird und wenn sie es fressen, dann ist es gut. So ein Lämmergeier wird schon wissen, was ihm gut tut.“
Außerdem hätte die Staatsanwaltschaft keinerlei Beweise dafür vorlegen können, daß nicht auch die Dalai Lamas an Lämmergeier verfüttert werden, wie man es überhaupt versäumt habe, den Nachweis zu führen, welche Vogelarten traditionell für eine Vogelbestattung nach tibetanischem Muster geeignet seien.
„Solange wir nicht wissen, welche Vögel das sind, kann man jeden Vogel nehmen“, so Lausefritz.

Somit kann Bestatter B. seinen freien Friedhof ab sofort wieder nutzen und äußerte sich gestern dazu: „Ich bin natürlich froh, daß es weitergehen kann. Schon ab übermorgen werden wir weitermachen und unser Angebot sogar erweitern. Wir werden dann auch mexikanische Baumbestattungen anbieten, bei denen man den Leichnam einfach in den Wipfel eines Baumes hängt und den Rest der Mutter Natur überlässt.“

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