Daß ältere Menschen, und nicht nur diese, in einem Trauerfall seltsam und auch für sie selbst in völlig unerwarteter Weise reagieren, ist nichts Besonderes. Ich schrieb gestern von dem älteren Herrn, der nur mal Bescheid sagen wollte. Dabei ist das nichts Außergewöhnliches. Gerade alte Leute sehen sich oft einzig und meinen, man müsse sich auch nach vielen Jahren noch ganz genau an sie erinnern und sie vergessen, daß ihr Gegenüber inzwischen mit hunderten anderer Menschen zu tun hatte, während sie möglicherweise den Besuch beim Bestatter als ein ganz wichtiges Ereignis empfunden haben.
Es trifft aber im Trauerfall auch jüngere und ansonsten sehr alerte Menschen. Hier ist eine Kinderärztin durchaus an erster Stelle zu nennen. Obwohl die Frau aktiv im Berufsleben stand und auch noch in einer politischen Partei tätig war, bekam sie beim Tod ihres Mannes nichts mehr „auf die Reihe“. Völlig hilflos konnte sie nur stammeln, war zu kaum einer Entscheidung fähig und es bedurfte all unserer Kunst, ein ordentliches Ergebnis abzuliefern.
Das war vor allem deshalb so schwer, weil die Dame heute A bestellte und sich morgen nicht mehr daran erinnern konnte und sich sicher war B gewünscht zu haben.
Später sagte die Ärztin dann einmal zu mir, sie sei noch nie in ihrem Leben so kopflos gewesen und diese Tage kämen ihr in der Nachschau so vor, als sei sie die ganze Zeit sturzbetrunken gewesen. Das habe sie nie für möglich gehalten und im Nachhinein sei ihr das Verhalten sehr peinlich.
Braucht es aber gar nicht zu sein.
Denn Bestatter kennen diese Ausnahmesituation und sind darauf eingestellt, daß sich die Kunden in einer psychischen Ausnahmesituation befinden. Gute Bestatter gehen behutsam auf die Kunden ein und tragen der besonderen Stimmungslage und der damit einhergehenden Verwirrung Rechnung.
Miese Bestatter, die schwarzen Schafe der Branche, nutzen diese Schwäche aber mitunter auch gnadenlos aus und machen auf Kosten der schwachen Kunden ihre Geschäfte. Da kann sich beispielsweise der Kunde jedweden günstigen Sarg aussuchen, genommen wird einer der teuersten und dann wird behauptet, den und keinen anderen habe der Kunde in seinem ersten Schmerz gewollt. Jetzt sei ein umbetten in einen günstigeren Sarg mit so hohen Kosten verbunden, daß er beim teuren Sarg bleiben könne.
…nur, um mal ein Beispiel zu nennen.
Dabei ist es aber so, daß man am Markt nur dann Bestand haben wird, wenn die Auftragsbestätigungen und Rechnungen auch später, wenn die Kunden wieder besser bei Verstand sind, noch Bestand haben und akzeptiert werden. Es ist doch recht kurz gedacht, wenn man am Anfang des Auftrags schnell mal ein paar Unterschriften aus dem Kunden „herausleiert“ um den schnellen Euro zu machen, hinterher aber bei fast jedem Auftrag vor Gericht landet.
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aus diesem Grund sollte jeder, der sich in einer solchen „Ausnahmesituation“ befindet, eine Person seines Vertrauens, die nihct direkt betroffen ist, dabei haben. Ist manchmal nicht möglich, aber in den meisten Fällen sollte da doch noch ein Rest von gesundem Menschenverstand bei den (im weitesten Sinne) Angehörigen sein, dass sie sich – VON SICH AUS – für diese Unterstützung anbieten.
Das Gefühl der Ärztin kann ich bestätigen. Nach dem Selbstmord meines Bruders „stand ich lange neben mir“. Bei bestimmten Situationen auch heute noch. Die Feinfühligkeit des Bestattungsinstituts war eine große Hilfe für unsere Familie.
@ Tom
[quote=““][/quote]Jetzt sei ein Umbetten in einen günstigeren Sarg mit so hohen Kosten verbunden, daß er beim teuren Sarg bleiben könne.[/quote]
Ich habe es immer noch nicht verstanden. Es weiß doch niemand, dass schon mal jemand im Sarg lag und den Leichen kann es doch egal sein. Krank werden können die doch auch nicht mehr.
Sag jetzt nicht: „Wolltest Du dass Deine Mutter (z. B. jetzt im Januar gestorben) in einen Sarg gelegt wird, in dem schon jemand lag?“
Ja und genau das meine ich doch, ich wüsste doch gar nicht das kurzzeitig jemand drin lag. Ist doch irgendwie wie im Hotel, da weiß man doch auch nicht wer vorher und was im Bett gemacht hat.
Und vor allen Dingen, warum ist es denn so teuer jemanden in einen anderen Sarg zu legen, oder muss man dann beide bezahlen, oder ist das nur eine Ausrede der schwarzen Schafe zum Abkassieren?
Die Särge im Ausstellungsraum sind Rohware.
Sie werden mit Folie ausgekleidet, evtl. kommt ein flüssigkeitsaufsaugendes Bindemittel hinein, die Gewünschten Griffe werden angeschraubt, ein Kreuz wird befestigt etc…
Diese Arbeiten müssen dann bei einem anderen Sarg nochmals ausgeführt werden (Personalkosten also doppelt) und der alte Sarg erfährt eine Wertminderung – es kann ja unter Umständen recht lange dauern bis dieses Modell wieder genommen wird, und das geht auch nur wenn andere Rahmenbedingungen stimmen.
Wenn also z.B. 6 Griffe montiert waren, ein neuer Kunde zwar genau das Modell will aber nur 4 Griffe … dann wären z.B. die Bohrlöcher der 2 weggefallen Griffe sichtbar – also muss ein neuer Sarg genommen werden, wenn auch das gleiche Modell.
Was ich bei älteren Leuten manchmal schlimm finde, ist diese Eiseskälte, mit der die jahrzehntelangen Lebenspartner verscharrt werden. Da sind die Leute 50, 60 Jahre oder noch länger verheiratet und es zeigen sich keinerlei Gefühlsregungen beim Partner…
Find ich irgendwie traurig.
@Winnie (3):
Das war ein Beispiel vom Undertaker mit welchen blöden Ausreden die Kunden bei den schwarzen Schafen der Bestattungsbranche ausgetrickst werden.
@5: Erstens denke ich, dass man sich nach 60 Jahren Ehe irgendwann mit dem Gedanken beschäftigt hat, dass der Partner irgendwann weg ist. Freunde und bekannte sterben auch immer öfter weg, irgendwann ist es Routine, auf eine Beerdigung zu gehen. Villeicht ist es auch nicht das Schlechteste, dass man sich ab einem gewissen Alter daran gewöhnt, liebe Menschen loszulassen.
Tja, und zweitens heißen 60 Jahre Ehe nicht, dass die alle glücklich waren. Ich kenne ein Paar, die sagen offen, wenn sie nicht so alt wären würden sie sich scheiden lassen. Ist halt dann eine Abwägung, ob man sich den Stress mit Scheidung und Umzug antut oder lieber nebeneinander her lebt und die Schrullen des anderen ignoriert.
@5: Manchmal wurde während des Zusammenlebens schon so viel geweint, dass es nun, bei der Bestattung, nix mehr zu Weinen gibt. Lange Krankheit mit elendiglichem Siechtum zum Ende hin, jahrelange Pflege des Partners, womöglich noch eine Demenz mit all ihren Begleiterscheinungen…
Oder Alkoholismus während der Ehe, gerne noch mit Schlägen und Misshandlungen, die man wegen der Kinder, der Leute und der lieben Verwandtschaft und wegen was weiß ich noch alles jahrzehntelang still ertrug.
Oder, wie @7 schrieb, „einfaches“ Unglücklichsein. Den/die Falsche/n erwischt und den Absprung nie geschafft.
Und (noch ein Grund): Manchmal mag es sogar vorkommen, dass sich die Partner vor dem Ableben voneinander verabschieden konnten, so richtig mit Danke-Sagen und allem. Da braucht’s vielleicht auch kein Wehklagen mehr.
Gründe gibt es viele.
Ich wünsche niemanden einen Bestatter, die so eine Verwirrtheit ausnutzen. Ich kenne dieses Gefühl auch. Irgendetwas beschäftigt einen die ganze Zeit und nach einer bestimmten Zeit fragt man sich dann: “ Was habe ich eigentlich, die ganze Zeit gemacht“?
Wenn man so neben sich steht und das ausgenutzt wird, vor allem in solch einer Branche, ist das wirklich eine Charmlose Sache.
Als die Mutter meines LP im gesunden Alter von 84 Jahren von jetzt auf sofort nach einem Apoplex verstarb war er auch total handlungsunfähig.Es war nur gut dass ich auch ihre Wünsche bezüglich ihres Ablebens wußte.Mein LP hätte zu Allem „ja und Amen“gesagt.Wir hatten einen sehr guten Bestatter,der dies erkannte,und mich ,als eigentlich völlig unrelevante Person machen ließ.
Letztendlich war es im Interesse aller Beteilgten
Dafür sind wir heute beide dem Bestatter sehr dankbar.
Ich kann die Aussagen der Ärztin nachvollziehen. Obwohl ich meinen Mann 2 1/2 Jahre gepflegt habe – er in dieser Zeit kein Wort mehr gesprochen hat und immer liegen mußte – wollte ich – als es soweit war, nicht loslassen und war völlig überfordert – stand einfach neben mir. Aber gottseidank geriet auch ich an einen seriösen, sehr einfühlsamen Bestatter. Viel später hat er mir mal erzählt, daß ich den Eindruck gemacht hätte, als ob ich auf einem „Trip“ gewesen sei. Dem war aber ganz und garnicht so.
@7: Alter ist kein Hinderungsgrund. Ich hörte neulich von einem Fall, in dem beide Partner sich jahrzehntelang nur gezofft haben („sie haben sich ihr ganzes Leben versaut“, sprach man) und mit Mitte 80 dann doch noch trennten. Muß man wohl wirklich nicht verstehen, sowas. Bei Eiseskälte im „Trauerfall“, der dann halt keiner ist, darf man aber wohl durchaus einen solchen Hintergrund vermuten.
Zum Thema selbst: Es ist schon etwas wert, wenn man bei dieser Art von Dienstleistungen auf eine kritische Prüfung verzichten kann, ohne befürchten zu müssen, über den Tisch gezogen zu werden. Das ist die notwendige Fortsetzung der „Übernahme aller Formalitäten“.
Das gilt übrigens nicht nur für Bestattungsinstitute. In dieser Situation zeigt sich auch, wie es um den Kundendienst der Hausbank steht.
@Anonym und Pu der Zucker:
Vorausschauend planen – wer zuerst stirbt schenkt dem Andern noch ein paar schöne Jahre. Man muß auch wirtschaftlich denken.