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Vier Stunden

Meinen Führerschein habe ich ja auch schon einige Jahrzehnte und bilde mir ein, ein guter Fahrer zu sein. Aber das glaubt wohl fast jeder von sich und sicherlich glaubt das auch Herr Böhm.

Herr Böhm tauchte heute Morgen sehr früh mitsamt seiner Ehefrau bei uns auf und klingelte Sturm.
Dazu muß man zunächst wissen, daß es von unserem Haus nur einen Katzensprung bis zum Friedhof ist und viele, vor allem Ortsfremde, glauben, daß unser Haus sozusagen zum Friedhof dazugehöre.

Jener Herr Böhm ist hochbetagt, wenn man das von einem 87-jährigen sagen darf und seine Frau ist mit 84 kaum weniger alt.

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„Hallo! Ist da wer?“ tönte die noch recht kräftige Stimme des Alten durch den grauen Morgen und veranlasste mich zu schnelleren Schritten. Endlich an der Tür öffnete ich und der rüstige Rentner ergriff sofort meine Hand: „Gut, daß Sie schon auf sind! Wir sind nämlich vier Stunden zu früh!“

„Vier Stunden zu früh für was?“ erkundigte ich mich.

Seine Frau rief von weiter hinten: „Wegen der Beerdigung von Lina!“

Nunja, ist ja recht schön, aber ich kenne keine Lina und mir ist auch kein Sterbefall aktuell bekannt, zu dem der Name Lina passen würde. So bat ich das Ehepaar erst einmal herein, machte Kaffee und warf noch einmal sicherheitshalber einen Blick in den inzwischen hochgefahrenen PC, nein, eine Lina haben wir nicht.

„Doch, doch, die müssen Sie haben, da ist doch in vier Stunden die Beerdigung. Ich habe mich aber mit der Zeit vertan und wir sind viel schneller angekommen, als ich dachte“, erklärte Herr Böhm.
Seine Frau machte eine wegwerfende Handbewegung und meinte nur: „Der fährt ja immer viel zu früh los, weil er sich ja auch immer verfährt und der fragt ja nie, der fragt ja NIE nach dem Weg, NIIIIE!“

„Aber wir kommen nie zu spät!“ knurrte er.

Der Hinweis mit dem Verfahren gab mir zu denken und ich erkundigte mich: „Wo soll denn die Beerdigung stattfinden?“

„Ja hier, auf dem Friedhof in Krefeld“, bestätigt mir der alte Böhm meine Befürchtung und ich muß ihm erklären, daß er da noch einige hundert Kilometer fahren muß.

Er zuckt nur mit den Achseln, nickt seiner Frau zu: „Trink Deinen Kaffee aus, wir müssen weiter.“

„Sind Sie sicher, daß Sie den Weg schaffen?“ erkundige ich mich vorsichtig.

„Aber natürlich! Ich war schließlich in Rußland!“

„Ich gebe Ihnen mal unsere Visitenkarte mit, falls irgendwas ist unterwegs… rufen Sie mich einfach an, ja? Und sagen Sie auch kurz Bescheid wenn Sie angekommen sind.“

„Ja klar, machen wir und danke für den Kaffee.“

So als ob so ein Zwischenstop, hunderte von Kilometern vom Ziel entfernt, völlig normal sei, zogen die beiden Alten winkend wieder ab.
Na denn, gute Fahrt!

Hashtags:

Ich habe zur besseren Orientierung noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels zusammengestellt:

#stunden #vier

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(©si)