Fundstücke

Was alles passieren kann, wenn man in Betreuerhände gerät

Normalerweise mache ich das ja nicht, daß ich fremde Texte hier einstelle. Aber Leser Andreas, der ebenfalls Bestatter mit Leib und Seele ist, hat sich auch einmal an der Wiedergabe eines Erlebnisses gewagt und mir diesen Text zugesandt.
Ich bedanke mich recht artig und hier kommt sie nun, die Geschichte:

„Was kann alles passieren, wenn man in Betreuerhände gerät“

Frau Krösellund ist gestorben oder „Was kann alles passieren, wenn man in Betreuerhände gerät“!
Vor etwa drei Jahren kommt eine ältere Frau zu uns ins Bestattungshaus und hat den Wunsch ihre eigene Beerdigung zu regeln, also eine Vorsorge abzuschließen. Meine Mitarbeiterin, die neben ihren sehr guten fachlichen Fähig- und Fertigkeiten auch die Fähigkeit hat, gut zuzuhören und dabei eben nicht auf die Uhr zu schauen, bittet Frau Krösellund in einen der Beratungsräume, holt Kaffee und Wasser herbei und hört sich erst einmal an, was sie zu erzählen hat.
Frau Krösellund ist alleinstehen, der Ehemann ist schon vor vielen Jahren verstorben, Kinder gibt es leider keine und der Kontakt zu Schwester und Bruder ist glimpflich ausgedrückt nicht der beste. Aus Angst, die bestattungspflichtigen Geschwister würden sie nach Ihrem Tode einfach irgendwo verscharren, also z.B. die Asche einfach am Krematorium belassen,
Nicht besonderes, nur eine schlichte Trauerfeier mit dem „Ave Maria“ und „So nimm denn meine Hände“, Einäscherung und eine Beisetzung in einer Urnenwandgrab hier in ihrer Heimatgemeinde, ja, das war ihr sehr wichtig, nämlich dort bestattet zu werden, wo sie gelebt hat.
Auf gar keinen Fall sollen sich die Geschwister um ihre Bestattung kümmern, sondern der Neffe und seine Frau sollten dann einmal unser Ansprechpartner sein.

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Die Finanzierung sollte über zwei kleine Sterbegeldversicherungen erfolgen, der Rest sollte aus ihrem kleinen Vermögen in einen Treuhandvertrag eingezahlt werden, sobald der kleine Sparvertrag ausgezahlt wird, was in Jahresfrist soweit seien sollte.
Der Vertrag wurde durch meine Mitarbeiterin vorbereitet, Frau Krösellund kam noch zwei drei Male um kleine Änderungen im Vertrag zu besprechen und hat ihn dann unterschrieben, bekam ihren Vorsorgeausweis und machte einen sehr glücklichen Eindruck, daß sie eben alles geregelt hat und sich somit darauf verlassen könnte, daß ihre geringen Wünsche umgesetzt werden können.

Ein knappes Jahr später Post einer Betreuerin, nennen wir sie einfach Frau Müller, die uns mitteilte, daß Frau Krösellund nun im Pflegeheim sei und daß die Gemeinde sie von Amts wegen als gesetzliche Betreuerin eingesetzt habe. Soweit so gut.
Das nächste Schreiben von Frau Müller hatte dann den Inhalt, daß der Bestattungsvorsorgevertrag nicht erfüllt werden kann, da das Vermögen erst einmal für das Pflegeheim aufgebraucht werden müsse. Unsere Einwände bezüglich Schonvermögen für Bestattung, etc. wurden allerdings ignoriert.

Wir haben den Vertrag dann so angepaßt, daß wir auf jeden Fall im gesetzlichen Schonvermögensbereich bleiben, trotzdem aber die Wünsche von Frau Krösellund erfüllen können, denn wir haben mit dem Vorsorgevertrag ja auch eine gewisse Verantwortung übernommen.
Auch hier gab es keinerlei Reaktion der Betreuerin diese änderung abzusegnen, sein im Gegenteil, ein knappes halbes Jahr später die Nachricht, daß das Vermögen nahezu aufgebraucht sei und sie als Betreuerin den Vertrag somit als gegenstandslos betrachtet.
Kann sie ja, trotzdem, trotzdem haben wir die Wünsche eines Menschen der durch uns bestattet werden will zu akzeptieren, das Finanzielle ist dann erst einmal nebensächlich.
Letzten Montag erscheint der Neffe mit seiner Ehefrau bei uns und teilt uns mit, daß die Tante verstorben sei und das bereits am vergangenen Freitag. Weder das Pflegeheim, noch die Betreuerin, noch das Krankenhaus, alle hatten die Handynummer des Neffen, haben es für nötig gehalten, den Neffen zu informieren, weder, daß die Tante am Donnerstag ins Krankenhaus gekommen sei, noch, das sie dort in der Nacht zum Freitag verstorben ist. Dies erfuhr der Neffe nun erst bei dem Versuch seine Tante am Sonntag zu besuchen.
Schade eigentlich, aber aus unserer Erfahrung heraus leider kein Einzelfall.

Nachdem wir nun Kenntnis über den Tod der Frau hatten, hat meine Mitarbeiterin versucht Frau Müller, die Betreuerin, zu erreichen, um mit ihr das weitere Vorgehen zu besprechen.
Als sie die gute Frau dann nach dem x-ten Versuch endlich einmal ans Telefon bekam, erhielt sie die Auskunft, daß, weil ja eh kaum noch Geld da ist, sie den Tod der Betreuten dem Ordungsamt gemeldet hat und dieses bereits ein anderes Bestattungshaus, nennen wir es einfach Pietät Eichenlaub, mit dem Armenbegräbnis beauftragt hat.

Toll, die Gute macht sich das ja einfach. Aus meiner Sicht wäre der menschlich richtige Weg gewesen uns zu informieren und uns zu bitten den weiteren Ablauf mit der Kommune zu klären, denn es ist hier im Ort so, daß das Ordnungsamt solche Bestattungsfälle einfach der Reihe nach an alle Bestatter im Ort verteilt, immer reihum. Der Kostenrahmen ist dabei einheitlich festgelegt und läßt keinerlei Handlungsspielraum.
OK, auf Ordnungsamtsbestattungen ist keiner wirklich scharf, aber die werden zumindest bei uns genauso würdevoll abgewickelt, wie jeder „normale“ Sterbefall.
Das es einen Vorsorgevertrag gab, in dem klare Wünsche geäußert wurden, hatte Frau Müller gegenüber der Ordungsbehörde wohl vergessen zu erwähnen, denn der Sachbearbeiter, den ich dann umgehend angerufen habe, war da schon ziemlich erstaunt.
Ich will da keinen großen Tumult machen, sondern habe dem Sachbearbeiter die Wünsche von Frau Krösellund mitgeteilt, inkl. dem Wunsch des Neffen, seine Tante noch einmal sehen zu können und er versprach mir, diese Wünsche dem beauftragten Institut mitzuteilen und um die Erfüllung zu bitten, denn z.B. die offene Aufbahrung ist bei solchen Todesfällen absolut nicht vorgesehen.
Ob es daran lag, oder einfach an der menschlichen Seite des Inhabers der Pietät Eichenlaub, weiß ich nicht, ich nehme für mich lieber den zweiten Grund an, denn der ist angenehmer zu akzeptieren. Auf jeden Fall klingelt am Nachmittag das Telefon und der Kollege, der mit der Durchführung des Begräbnisses beauftragt ist war am anderen Ende und forderte mich auf, die gute Frau Krösellund doch bitte bei ihm abzuholen, weil immerhin wüßten wir ja auch genau, was sie sich für ihre Beerdigung gewünscht hat und wir würden die Verstorbene ja auch persönlich kennen.
Ein wenig verwundert, aber durchaus dankbar für die Reaktion des Kollegen habe ich meiner Mitarbeiterin, die die Vorsorge mit Frau Krösellund erstellt hat diese Information gegeben uns durfte dann in ein richtig glückliches Gesicht schauen, denn sie ist ein Mensch, der sich da schon ihre Gedanken macht und gerade den Verstorbenen gegenüber keinerlei Kompromisse macht.
Am nächsten Morgen haben wir Frau Krösellund gemeinsam bei der Pietät Eichenlaub abgeholt und sie zu uns ins Haus überführt.
Es ist Samstag und meine Mitarbeiterin, die eigentlich frei hätte, ist extra gekommen, damit wir Frau Krösellund gemeinsam versorgen und für die offene Aufbahrung herrichten können, damit der Neffe und seine Frau dann morgen, knapp eine Woche nach dem Tod der Tante endlich von ihr Abschied nehmen können.
Sie wird dann ins Krematorium überführt und ich gehe davon aus, daß wir die Asche recht schnell wieder abholen können. Es wird dann eine kleine Trauerfeier in unserer Trauerhalle geben, die können wir ja zum Glück auch kostenlos zu Verfügung stellen, die Wunschmusik wird gespielt werden und Frau Krösellund wird hier in ihrer Heimatgemeinde bestattet, denn gegen alle Informationen der Betreuerin reicht das Geld für eine Grabstätte hier doch gerade noch aus.
Der Fall hat eine positive Wendung genommen, die doch mit einigem Aufwand verbunden war. All dies hätte vermieden werden können, wenn die Betreuerin von Anfang an den Wünschen ihrer Betreuten gefolgt wäre, aber aus der Richtung hört man natürlich nichts. Frau Müller ist jetzt erst einmal 14 Tage im Urlaub und wenn sie wieder da ist, bekommen wir evtl. auch das Familienbuch und die Versicherungspolicen von Frau Krösellund. Bis dahin wird der Sterbefall eben nur vorläufig beurkundet, das reicht, um die Einäscherung und die Bestattung vornehmen zu können.

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(©si)