Allgemein

Was bedeutet Leichenbittermiene?

Mal eine ganz blöde Frage: Man sagt doch dass jemand der mit einem sauertöpfischen Gesicht herumläuft eine Leichenbittermiene macht. Was aber bitte ist der oder das Leichenbitter? Hat das was mit Magenbitter zu tun? Ist das Leichenbitter eine Flüssigkeit oder ein Geruch der aus der Leiche austritt und nach dessen Wahrnehmung man das Gesicht verzieht?

Der Leichenbitter kommt heute traditionell nur noch in eher dörflich geprägten Gegenden vor. Es handelt sich hierbei um eine Person, die von den Angehörigen oder der Gemeinde beauftragt wird und die durch das Dorf geht, um den anderen Bewohnern die Kunde vom Tod eines Menschen zu überbringen und sie „zur Leich‘ zu bitten“, also auch zur Beerdigung einzuladen.

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Hierzu heißt es beispielsweise in der Oettinger Leichenordnung von 1880:

„Zur Besorgung der erforderlichen Gänge und Bestellungen beim Eintritte eines Todesfalls sind dahier zwei Leichenbitter aufgestellt, deren Dienstleistungen den Angehörigen ihrer Confession gilt. Sie haben den Leichenkondukt zu ordnen. Die Leichenbitter sind die öffentlich beauftragten Personen, welche Alles, was zum Vollzuge von Beerdigungen zu veranstalten ist, zu besorgen haben. Dem Leichenbitter, welcher im Dienste stets nüchtern zu sein und jederzeit ein anständiges Benehmen an den Tag zu legen hat, obliegt, zur Leichenbestattung zu bitten“

Der Hinweis auf die Nüchternheit der Leichenbitter entbehrt nicht seiner Grundlage: Bei ihrem Weg von Haus zu Haus soll es nämlich nicht selten vorgekommen sein, daß der Leichenbitter überall „auf den Schrecken ein Glas“ genommen/bekommen hat.

Diesen Leichenbittern sagt man einen bestimmten, oft etwas aufgesetzt wirkenden, trauernden Gesichtsausdruck nach. Daher der Begriff Leichenbittermiene. Inzwischen haben die Bestattungsinstitute die Aufgaben der Leichenbitter längst mit übernommen.

Zu den Leichenbittern beschreibt die Seite wendisch-silkow.de sehr schön:


Einer aus der nächsten Verwandtschaft des Verstorbenen besorgt die Einladung zur Nachfolge. Eingeladen werden Verwandte bis in die fernsten Grade und Bekannte und Freunde. Dabei geht der Leichenbitter von Sterbehaus aus links den Ort herum. Neuerdings bleibt sein Spruch fort. Dem Sinne nach hieß er früher: “N. und N. lassen grüßen und bitten, die Leiche … dahin zu bringen, wo unsere Vorfahren schon ruhen und wo wir einst auch alle hinkommen werden.”

Der Aufgabe des Leichenbitters verwandt und in manchen Regionen noch eher verbreitet ist die des Hochzeitsbitters, der die Gäste zum angenehmeren Ereignis einer Hochzeit einlädt. Hier kenne ich die Dienstanweisung: „Mal gehe er linksherum durchs Dorf, mal rechtsherum, auf dass er nicht immer bei denselben Leuten betrunken erscheine.“

BTW: Sauertöpfisch kommt vom Sauertopf, einem Gefäß in dem vorwiegend Essig aufbewahrt wurde. Wer daran roch oder daraus probierte, der verzog sein Gesicht zu einem sauertöpfischen Gesichtsausdruck.

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(©si)