Branche/Kommune

Was macht eigentlich die Pietät Eichenlaub?

Wie wird der Mund einer Leiche verschlossen?

Lange schon habe ich nichts mehr von der „Pietät Eichenlaub“ (www.pietaet-eichenlaub.de) berichtet, jenem Konzern, der mit seinen Filialen in fast allen größeren Städten vertreten ist und sich oft den Anschein eines traditionsbewussten Familienunternehmens gibt.
Manchmal sehen die Filialen aus, wie modern durchgestylte Architekturexperimente aus Edelstahl und Glas und es prangt stolz das Eichenlaublogo an der Fassade. Ein anderes Mal steht draußen „Karl-Friedrich Meysenkaiser Bestattungen seit 1899“ und dennoch handelt es sich, nach dem Verkauf an die Eichenlaubs nur um eine Filiale des Konzerns.

Vor langer Zeit hatten die Eichenlaubs direkt schräg gegenüber von meinem Bestattungshaus eine Filiale eröffnet und ich muss zugeben, daß sie mir damit das Leben doch ziemlich schwer gemacht haben. Natürlich haben Tradition und Qualität Bestand und natürlich kamen die Leute auch nach wie vor zu uns, aber es gab eben auch viele Kunden, die nicht aus Überzeugung zu uns gekommen sind, sondern weil wir eben der nächste Bestatter waren.
Jetzt, da es eine Alternative gegenüber gab, die auch noch so tat, als wenn sie günstiger wäre, sind viele, die mehr auf die niedrigen Preise geschielt haben, dorthin gegangen.

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Wir hatten keinen enormen Umsatzeinbruch und in normalen Jahren hätten wir das locker aufgefangen, aber die Filiale der Eichenlaubs war gerade zu der Zeit eröffnet worden, als die Sterbezahlen (durch die vielen Kriegstoten und die gestiegene Lebenserwartung) sowieso gerade in den Keller gegangen waren.
So bissen sich unser natürlicher Expansionsdrang und die stagnierenden Umsatzzahlen gewaltig und das eine oder andere Projekt musste zurückgestellt werden.

Viel Schlechtes wurde über die Eichenlaubs nicht geredet. Man hörte zwar immer wieder, daß der eine oder andere dort nicht zufrieden gewesen sei und das es am Ende immer alles viel teurer geworden sei, als man vorher gesagt habe, aber das sagen manche Kunden auch von uns. Das sagen die Leute wahrscheinlich über jeden Bestatter mal.
Es ist ja so, dass bei nichts so sehr auf Kleinigkeiten geachtet wird, wie bei einer Beerdigung. Da reichen ein paar in der falschen Farbe vom Gärtner angelieferte Nelken aus, um die Leute so auf die Palme zu bringen, daß sie hinterher die Gerichte bemühen. Außerdem machen viele bei den ausführlichen Beratungsgesprächen einfach die Ohren zu, nicken voreilig alles ab, bestellen noch großzügig allen möglichen Firlefanz und denken sich, das mache jetzt den Braten auch nicht mehr fett.
Aber weit gefehlt! Wenn wir, die Eichenlaubs oder jede andere Bestatter einen günstigen Preis ausrechnen, dann haben wir die wichtigen Dinge einer Bestattung bereits berücksichtigt und wenn dann die Kunden anfangen, eben noch einen etwas besseren Sarg zu nehmen und dann doch eine mehrtägige Aufbahrung wollen und statt des kleinen Gestecks drei Kränze und ein großes Deckelgesteck bestellen und dann noch 600 Euro für Zeitungsanzeigen ausgeben und hier und da noch mal eben 1.000 Euro mehr ausgeben, dann kann kein erstes Angebot mehr halten, dann wird es manchmal am Ende so richtig teuer.
Aber am Ende will es ja nie einer gewesen sein, am Ende heißt es immer, der Bestatter habe einen „abgezockt“.

So ein bißchen habe ich das Gefühl, daß die Eichenlaubs das absichtlich machen, beweisen kann ich es natürlich nicht; man sieht zwar -auch heute noch- die überteuerten Rechnungen, weil Angehörige die einem zeigen, aber ich war ja beim Beratungsgespräch nie dabei.

Also, zurück zur Eichenlaub-Filiale gegenüber:
Nach insgesamt zwei Jahren war die Filiale zu.
Erst haben wir gemerkt, daß da nie mehr jemand war. Antonia ist dann mal gucken gegangen und hat uns erzählt, daß dort nur noch eine Tafel in der Tür hängt:

„Wir sind stendig dienstebereit, rufen Sie uns an, wir Kommen sofort.“ (Alle Fehler originalgetreu.)

So ging das monatelang und ab und zu sahen wir dann den dicken Geländewagen des Filialleiters vor der Tür stehen und schlossen daraus, dass dann dort eine Beratung (im Bestatterdeutsch: Aufnahme) stattfand.
Aber das wurde immer weniger und irgendwann war plötzlich der Tag gekommen, das kam Frau Büser in mein Büro und sagte: „Chef, was mir jetzt erst aufgefallen ist, die Filiale da drüben, die ist ja zu.“
Und tatsächlich: Es hing zwar noch die grüne Leuchtreklame über der Tür, aber da war das Logo überklebt und die Lamellenvorhänge im Schaufenster und der Tür waren zugezogen.
Wir haben Antonia nochmals rüber geschickt und als sie zurückkam, berichtete sie, da hinge ein Schild im Fenster:
„Sie erreichen uns in der haupt Filiale.“

Keiner von uns hatte gemerkt, daß die sich zurückgezogen hatten, keiner hatte den Auszug mitbekommen.
Dabei waren die schon einmal ausgezogen und die Filiale war zwei Monate lang verwaist, doch dann waren sie mit neuem Mobiliar wieder gekommen.
Dazu muss man wissen, dass die Geschäftsführer ziemlich oft wechseln und jeder seine eigenen Vorstellungen hat.
Vermutlich war da ein neuer Filialleiter eingesetzt worden und der hatte die Filiale wiederbelebt.

Aber dieses Mal sollte es dabei bleiben, wofür vor allem die Tatsache sprach, daß eine Bäckereikette dort eine Filiale eröffnete, was besonders unserer puddingteilchenverliebten Antonia große Freude bereitete.

Merkwürdigerweise verschwanden etwa ein Jahr später die Eichenlaub-Logos auch von der Hauptgeschäftsstelle am Hauptfriedhof und von einer weiteren Filiale in der Stadt.
Stattdessen firmierten diese ab da unter dem Namen „Pietät Kurt-Werner Brommenkötter“.
Das mag bei den Lesern des Bestatterweblogs jetzt nach nichts klingen, aber die Firma Brommenkötter ist in der benachbarten Stadt eine der ältesten Bestattungsfirmen, nein, DIE älteste Bestattungsfirma überhaupt.
Die haben schon unternehmerisch bestattet, als es noch gar keine Autos gab und in ihrem Firmenlogo ist deshalb eine Leichenkutsche mit sechs schwarzen Pferden zu sehen.

Die Eichenlaubs sind also offenbar davon abgerückt, als neue Konkurrenz, als Hecht im Karpfenteich aufzutreten und mit vermeintlichen Billigangeboten zu punkten. Stattdessen nimmt man nun alte Traditionsfirmen, kauft diese auf und benutzt den allgemein bekannten und angesehenen Namen, um auch alle Filialen in der Umgegend davon profitieren zu lassen.

Dass man es aber dann doch mit einem Konzern zu tun hat, merkt man als Kunde erst, wenn man die Unterlagen in den Händen hält. Dort ist dann nämlich doch das Eichenlaublogo aufgedruckt und man muss auch die Geschäftsbedingungen des Konzern unterschreiben. Am deutlichsten wird das sichtbar, wenn man eine Vorsorge dort abschliessen will, weil dann nämlich auch die Sterbegeldversicherung von der konzerneigenen Versicherung kommt.

Wenn wir einen Verstorbenen im großen Krankenhaus abholen und unsere Männer dort den Verstorbenen auf die Trage legen, um ihn zu uns ins Haus zu holen, damit er hier hygienisch versorgt werden kann, dann ist es oft so, dass im gleichen Raum des Krankenhauses die Kollegen von „Eichenlaub“ ihre Arbeit verrichten und in der gleichen kurzen Zeit einen anderen Verstorbenen kämmen, waschen, ankleiden, komplett schminken, rasieren und ordnungsgemäß in den Sarg einbetten.
Also innerhalb von 20 Sekunden.
Das spricht aus meiner Sicht nicht für eine sorgfältige Arbeit.
Tatsächlich sieht das so aus:

Die Männer kommen mit dem Sarg auf einem Rollwagen in den Umbettungsraum gefahren. Deckel runter, Decke raus. Der Verstorbene wird an Armen und Füßen gepackt und mit einem Ruck in den vorbereiteten Sarg gelegt.
Die Decke wird zusammengefaltet darüber gelegt, die Tüte mit den persönlichen Gegenständen des Verstorbenen, die vom Krankenhaus mitgegeben wird, kommt ans Fußende. Der Talar, also das Totenhemd, für den die Angehörigen viel Geld bezahlt haben, wird aus der Packung gezogen, auseinandergeschüttelt und der Länge nach über den Verstorbenen und die Decke gelegt. „Wozu anziehen, die im Krematorium ziehen dem das Ding doch sowieso wieder aus?“
Dann nimmt einer der Männer noch ein Paar weiße, dünne Socken und legt sie ans Fußende. Deckel drauf und Abmarsch zum Krematorium.
Man muss das einmal gesehen haben, um zu verstehen, dass das wirklich nicht länger als eine knappe halbe Minute dauert.

Schneller kriegen das nur noch die leute vom kommunalen Bestattungsinstitut hin. Die sparen sich auch noch Talar, Decke und Socken! Nein, die bescheissen die Angehörigen nicht darum, sondern die halten sich nur im Krankenhaus nicht damit auf.
Durch die enge Verzahnung aller kommunaler Einrichtungen ist es einfach so, daß im Krematorium, das ja auch kommunal ist, Decken, Kissen und Socken bevorratet werden und man die Sachen, der Ordnung halber und weil sie ja bezahlt worden sind, kurz vor der Einäscherung einfach mit in den Sarg legt.

Ja, das geht natürlich nur dann so, wenn der Verstorbene gleich vom Krankenhaus ins Krematorium gebracht wird und die Angehörigen ihn nicht mehr zu Gesicht bekommen.

Und wir? Wir sind in diesem Spiel die Doofen und die Guten.
Doof, weil wir es nicht auch so machen und auf diese Weise richtig viel Geld sparen und die Guten sind wir, weil wir, wie die meisten anderen Bestatter auch, auf diesen Vorteil „schei**en“ und uns lieber mehr Arbeit machen, mehr Geld ausgeben und den Angehörigen genau das abliefern, was wir ihnen versprochen haben.
Denn das, was ich den Angehörigen stets versprochen habe und was ich meinen Mitarbeitern immer abverlangt habe, das ist, daß wir jeden einzelnen Verstorbenen so behandeln, als ob es unsere Mutter oder unser Vater gewesen wäre.
Denn ich habe mir immer vor Augen gehalten, wie ich empfunden hätte, wenn jemand so lieblos und ruppig mit meinen toten Eltern umgegangen wäre.
Ich habe mir auch immer vor Augen gehalten, wie schlimm es für die Angehörigen sein muss, wenn da ein Verstorbener abgeholt wird und sie nicht wissen, was mit dem geschieht und wie er jetzt behandelt wird.
Und genau deshalb predige ich hier immer das gleiche Lied.

Man muss keine Super-Bestatterakademie besucht haben, man muss in keinem besonderen Verband Mitglied sein, man muss keinen 200.000 Euro teuren Bestattungswagen haben und man muss nicht der tollste Bestatter der Welt sein, um gute Arbeit zu leisten.
Man muss nur die Lebenden und die Toten anständig behandeln.

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(©si)