175 Euro musste ein Velberter zusätzlich für die Nutzung der Kapelle auf dem Waldfriedhof zahlen. Die städtischen Betriebe wollen damit Bestatter sanktionieren.
Gerd Krümmel staunte nicht schlecht, als er vor einigen Tagen seine Post öffnete. Dort fand er den Friedhofs-Gebührenbescheid für die Beisetzung seiner Mutter auf dem Waldfriedhof, die vor kurzem gestorben war. Was ihn allerdings stutzig machte, war der Tarif für Paragraf 9,1B. Dieser beträgt 175 Euro für „jede weitere angefangene Viertelstunde der Kapellenbenutzung“.
Krümmel brauchte nicht lange zu überlegen, er wusste es sogar: die „normale“ halbe Stunde, die Trauernden in Velbert erst einmal grundsätzlich zur Verfügung steht – übrigens bereits für den Preis von 350 Euro – hatte er um exakt zwei Minuten überschritten.
Dieses Problem ist aus vielen deutschen Städten bekannt.
Ich erinnere an die beliebte Geschichte aus dem Bestatterweblog und einem meiner Bücher: Schneewittchen einst im Sarge lag.
In dieser Geschichte waren die Angehörigen nur unter Schwierigkeiten dazu zu bewegen, ihrer Trauer Einhalt zu gebieten und die Trauerhalle endlich zu räumen.
So etwas kommt immer mal wieder vor, wenn auch nicht so extrem, wie in dieser Schneewittchen-Geschichte.
Auf großen Friedhöfen mit vielen Bestattungen müssen die Zeiten für die Trauerfeiern eng getaktet sein. Jede Familie möchte natürlich, dass ihre Trauerfeier pünktlich anfängt. Das funktioniert am besten, wenn die Angehörigen der vorherigen Trauerfeier bereits weg sind, wenn die Familie des nächsten zu Befeiernden kommt.
Denn das ist ja auch noch so ein Aspekt: Wenn sich die Trauergäste mehrerer Feiern vor der Trauerhalle vermischen, ist es oft sehr unübersichtlich, wer da die lange nicht gesehene Tante Trude und wer ein ehemaliger Arbeitskollege von vor 20 Jahren ist. Da sind auch schon mal falsche Leute mit zum Kaffeetrinken gegangen.
Aber einmal davon abgesehen: Eine gewisse Übergangspause muß in der Terminplanung einkalkuliert sein. Es muss ich ja nur mal jemand bei der Trauerrede verhaspeln, oder ein gespieltes Lied dauert 3 Minuten länger… Gründe kann es viele geben, bis hin zum Enkel, der noch spontan ein Gedicht für seinen Opa aufsagen mag.
In der Trauer läuft nichts normal. Gerade der Beerdigungstag versetzt die Angehörigen noch einmal in einen ganz besonders schwierigen Zustand. Oft ist der Kopf wie in Watte gepackt. Die Augen sind vom Weinen dick und gerötet. Man bekommt von der Umwelt fast gar nichts mit.
Und der Bestatter kann auch nicht mehr tun, als auf Einhaltung des Zeittaktes zu drängen. Niemand kann die Leute auf den Sekundenschlag zwangsweise aus der Trauerhalle entfernen.
Es ist in meinen Augen ein Unding und sehr pietätlos, wenn für eine wenige Minuten betragende Überziehung eine Gebühr verlangt wird. Und wenn, dann darf diese 10 oder 20 Euro ausmachen, so als kleiner Denkzettel.
Bild: Bild von Gerd Altmann auf Pixabay
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In München gibt es das auch – aber da musst Du von vorneherein „Doppelzeit“ buchen sonst schmeißt Dich der Friehofsschaffner (heißt in Bayern oft wirklich so) gnadenlos raus.
Hier ist der Grund, dass die Bestattungen an den großen Friedhöfen eng getaktet sind. 20 Minuten Trauerfeier und vorher und nachher je 5 Minuten „Wechselpause“.
Das hat die Ursache, da nicht mehr alle großen Friehöfe ein Bestattungsteam haben – da gibt es also „Blockabfertigung“ und die Teams wechseln durch…
ich nutze nach Möglichkeit längst keine Friedhofskapellen mehr. Es gibt tolle andere Möglichkeiten Trauerfeiern zu organisieren.
Wir hatten immer eine Stunde Zeit zum Wechseln der Deko. Die evangelischen Pastöre überzogen zum Teil erheblich, was mehr als einmal unangenehme Folgen hatte.
Die Leute der nachfolgenden Beerdigung waren schon an der Tür, die man ja dann erst später öffnen konnte, und beschwerten sich natürlich, dass sie nicht hereinkamen.
Dann musste man, um es rechtzeitig zu schaffen, das Tempo drastisch erhöhen, was dem würdigen Anlass eigentlich unangemessen war.
Angesichts der immer knapper werdenden Zeitakten in den Großstädten lassen sich aufwendigere Wünsche der Trauernden, wie das Halten von Reden, sehr viel Musik und andere individuelle Ausgestaltungen nicht mehr realisieren.
Seit Jahren bieten immer mehr Kollegen eigene Abschiedsräume und Aussegnungshallen an, da hat man sehr viele Möglichkeiten, und vor allen Dingen Zeit für die persönliche Gestaltung von Trauerfeiern.
In meiner Gegend ist es so, dass die Bestatter nicht einen Cent mehr verlangen, wie die Kommune für diese Leistungen.
So kann man alles in Ruhe durchführen, und wird nicht herausgeschmissen, was gerade bei solchen Anlässen eine bittere Erinnerung hinterlässt.