Lotte und Lena sind Schwestern. Verheiratet sind sie mit Franz und Karl.
Besonders viel haben Lotte und Lena in den letzten 50 Jahren nicht miteinander zu tun gehabt. Es gab noch eine dritte Schwester, Käthe, die immer für den Zusammenhalt in der Familie gesorgt hatte, aber Käthe ist früh verstorben und vermutlich längst vergessen. Vor 17 Jahren sind innerhalb eines guten Jahres die Eltern von Lotte und Lena verstorben und in einer Gruft beigesetzt worden.
Eine Gruft das ist in der Gegend von Lotte und Lena nicht das was man sich unter Fachleuten darunter vorstellt, nämlich eine meist unterirdisch gelegene und ausgemauerte Grabstätte, die zudem auch oft noch begehbar ist, sondern Lotte und Lena sagen zu allen größeren Familiengräbern Gruft.
30 Kilometer wohnen Lotte und Lena auseinander, Lotte in der Stadt, in der sich die ‚Gruft‘ befindet.
Und um genau jene Gruft hat sich Verlaufe der letzten Jahre ein heftiger und bis vor kurzem wortloser Streit entwickelt.
Franz und Karl, die Männer der beiden, werden nämlich seit nunmehr 17 Jahren in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen auf den Friedhof geschickt, um die Gruft zu pflegen.
Da die beiden Schwester sich aber nicht einig darüber sind, wer die Kosten dafür zu tragen hat….
Nein, ich muß es anders herum erzählen:
Ganz am Anfang, als das Grab noch neu war, ist eines Tages Karl zum Grab gefahren und hat es ’schön gemacht‘. Dafür hatte er einen bestimmten Betrag ausgegeben und die Rechnungen bei seiner Schwägerin vorbeigebracht, damit sie die Hälfte davon übernimmt. Allerdings hatte sein Schwager Franz auch schon Blumen, Erde, Schalen und Laternchen gekauft und man empfand die voreilige Grabpflege des Schwagers als Zumutung und habgierige Frechheit. Denn Karl hatte die benötigten Sachen bei einem seiner Verwandten gekauft, er in der Absicht, etwas zu sparen, von Lotte und Franz wurde das aber als Einmischung eines gar nicht wirklich verwandten verstanden.
Seitdem schwelt dieser Streit und das äußert sich zunächst mal darin, daß man kein Wort mehr miteinander redet. Das ist ja immer die beste Voraussetzung, damit ein Familienstreit auch Generationen übersteht, sonst lohnt es sich ja kaum.
Die beiden Ehepaare pflegen also nun in irgendeinem, nicht miteinander abgesprochenen Rhythmus die Gruft.
Ja und dieses „Pflegen“ sieht dann immer so aus, daß eines der Paare bzw. einer der Männer auf den Friedhof fahren, sämtliche Pflanzen, Lämpchen und Schalen des jeweils anderen Paares in die nahegelegene Kompostkiste werfen und alles selbst wieder neu machen.
Es heißt sogar, Karl lauere oft tagelang in seinem Auto vor dem Friedhof, um genau den Tag abzupassen, an dem sein Schwager alles frisch macht. Kaum ist der dann wieder weg, geht er hin, wirft alles in den Müll und macht sich selbst an die Arbeit.
Bekommt Franz das mit, macht er das selbe mit Karls Sachen usw. usw. seit 17 Jahren.
Natürlich kann keines der beteiligten Paare auch nur die geringste Schuld bei sich selbst entdecken und ist tief und fest von der Niederträchtigkeit und tiefsitzenden Boshaftigkeit des anderen überzeugt. Und wie das immer so ist, jedes Paar findet in seinem persönlichen Umfeld Bestätigung und Zustimmung.
Die Einzige, die das Tun nur mit einem Kopfschütteln betrachtete und beide Paare für absolut bekloppt hielt, war die gemeinsame Tante Friedel. Und genau die ist jetzt im hohen Alter von 92 Jahren verstorben. Die letzten Jahre hatte sie in einem Altenheim zugebracht, geistig voll auf der Höhe, aber körperlich recht geschwächt. Vor allem ihre Beine machten ihr sehr zu schaffen, sagte sie immer und sagte sie auch zu mir, als ich vor vier oder fünf Jahren gemeinsam mit ihr die Bestattungsvorsorge aufgeschrieben habe.
Von ihr kenne ich auch die Geschichte von Lotte, Lena, Franz und Karl, die übrigens seit Jahren nicht mehr in Urlaub fahren, seit Karl einmal die mehrwöchige Abwesenheit der anderen hemmungslos für das Aussetzen von Stiefmütterchen mißbraucht hatte. Das hat Folgen gehabt, denn diese Stiefmütterchen hatten Zeit anzuwachsen und was einmal richtig angewachsen ist, das lassen die beiden Männer stehen. Ihr Zorn richtet sich immer gegen Frischgepflanztes. So ist es Laufe der Jahre dazu gekommen, daß so einiges angewachsen ist und das Grab im Grunde genommen übervoll ist, jedenfalls ist es das am Besten gepflegte Grab auf dem ganzen Friedhof.
Jetzt ist Tante Friedel tot und wir haben, ganz so wie es von der Tante zu Lebzeiten verfügt worden war, die Angehörigen verständigt und zu einem Gespräch zu uns gebeten.
Heute am frühen Nachmittag werden also Lotte mit Franz und Lena mit Karl zu mir kommen, damit wir alles besprechen können.
Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:
Schlagwörter: gruft, zank
Hat Tantchen dafür gesorgt, dass bei ihr Lotte und Lena nur gemeinsam handeln dürfen?
Wird es zu gewalttätigen Übergriffen am offenen Grab kommen?
Wer wird Sieger, und geht mit dem Kranz um den Hals vom Friedhof?
Bleiben Sie dran…
Fies, das 🙂
*reibt sich die Hände*
Das hört sich nach einer interessanten Geschichte an !
Na dann sind wir ja alle mal auf das Gespräch gestpannt, bzw was dabei raus kommmt.
Hoffentlich hat die Oma verfügt, dass ab jetzt jedes Paar ein Grab zu pflegen hat.
17 Jahre… so lange hätte ich das nicht mitgemacht
Na das dürfte ja wieder mal interessant werde. Ich freue mich schon auf Zank an der Gruft II
Das verspricht Mord und Totschlag…
beim Bestatter gleich an der richtigen Adresse. Da muss niemand mehr weit getragen werden. *lach*
Zitat: ….jedenfalls ist es das am Besten gepflegte Grab auf dem ganzen Friedhof.
Alles hat auch seine Vorteile. Die Toten freuen sich, dass ständig ein frisches Update gemacht wird, der Gärtner freut sich, so hat jeder was davon.
Mir schwant da Böses… wenn die Tante auch in „die Gruft“ soll, muß das Grab ja geöffnet werden. Damit ist dann wohl der Pflanzenschmuck, auch das Angewachsene, was beide haben stehen lassen, dahin und das ganze kann munter von vorne los gehen…
Da wünscht man sich wirklich eine LiveCam für diese „Gruft“!
manche Leute haben einfach zuviel Zeit und Geld.
Sollen’s doch „um die Wette“ die verkommenen Graeber pflegen.
Tsss…
Schade, dass die Geschichte nicht weitergeschrieben wurde… Ich hätte doch zu gerne gewusst, wie es weitergegangen ist. 😉 Aber andererseits bleibt die Angelegenheit auf diese Weise geheimnisvoll und „verstrickt“.
Aber auch an solchen Streitereien sieht man sehr schön, dass Friedhöfe eher Orte der Lebenden sind, als der Toten.