„Wir teilen uns hinterher die Kosten, wir sind vier Geschwister.“
Das ist ja gut und schön und ich freue mich über diese Eintracht, die von den vier Geschwistern und ihren Ehepartnern an den Tag gelegt wird. Dennoch werde ich aus diesem Gespräch herausgehen und einer von ihnen wird den Auftrag ganz allein unterschrieben haben und damit für die Kosten einstehen.
Ich mache das nämlich nicht mehr, schon seit Jahren nicht. Im Zweifelsfall zerstreiten die sich noch am Beerdigungstag und wie läßt sich so ein Streit vortrefflicher ausfechten, als durch das Verweigern einer gemeinsamen Zahlung.
Leidtragender ist dann der Bestatter, der dann denjenigen hinterher laufen muß, die da sagen, daß die anderen Geschwister viel mehr geerbt haben und nun gefälligst auch zahlen sollen.
Auf solche „Späße“ habe ich keine Lust, ich schiebe es immer dröge auf die EDV und das Friedhofsamt. Die Kommune schreibt nötigenfalls einen ganzen Fußballverein als Nutzungsberechtigten auf, aber als Zahlungspflichtigen nehmen die auch nur eine einzige natürliche Person. Die wissen warum und wir wissen das auch.
Wie und ob sich die Leute die Kosten teilen, das können die prima unter sich ausmachen und sich meinetwegen auch über Jahre hinaus deswegen streiten und verklagen, aber ich möchte gerne nach einer akzeptablen Zeit das Geld haben und nicht auf meinen Kosten sitzenbleiben.
Das ist ja immer das Schlimme: Der Bestatter geht für sehr viele Kosten in Vorlage und oft übersteigen diese durchlaufenden Posten die Eigenleistung bei weitem. Genannt seien hier die Friedhofskosten, Grabgebühren, Gärtner, Steinmetz, Zeitung…
Ja und seine eigenen Leistungen beinhalten ja auch nochmal die Vorkosten für die Anschaffung von Sarg, Wäsche, Urne und Ausstattung. Da kann es schon mal sein, daß man eine schöne, hohe Rechnung schreibt und die Kunden auch meinen, sie zahlten dem Bestatter eine Riesensumme, dabei bleiben am Ende nicht einmal 10% für den habgierigen Abzocker in Schwarz.
Das ist nicht die Regel, aber so kann es mitunter vorkommen.
Da liegt es auf der Hand, daß man schaut, daß wenigstens eine einzige greifbare Person den Auftrag unterschreibt. Da fallen die raus, die aus Australien anreisen, die von vornherein sagen, daß sie das Geld nicht haben und diejenigen, die bekanntermaßen nicht bezahlen. Es gibt da so Berufsgruppen, da hat man seine Erfahrungen gemacht.
„Nein, wir unterschreiben einfach alle gemeinsam, am Besten zuerst Du, liebe Ruth, Dein Mann ist ja Zahnarzt.“
„Was? Wieso ich?“ wehrt sich Ruth und ihr Mann ist sofort ebenfalls mit einem Einwand dabei: „Ich als Schwiegersohn bin da sowieso außen vor, macht Ihr das mal schön unter Euch aus!“
Keiner will der Erste auf dem Zettel sein und dabei spielt das eigentlich gar keine Rolle.
Ich vertage das mit der Unterschrift für ein paar Minuten, wir nehmen erst ein paar andere Formulare und dann komme ich wieder auf den Auftrag zurück. Schließlich unterschreibt einer der Söhne, er ist Architekt und dürfte sich das im Notfall auch leisten können, und damit ist die Sache für mich soweit unter Dach und Fach.
Ja, aber lieber wäre ihnen gewesen, wenn sie alle hätten gemeinsam unterschreiben können, sie hätten schließlich ein so inniges Verhältnis.
Gut, ich nehme das so zur Kenntnis.
Das Standesamt bestellt die Hinterbliebenen zur Klärung des Nachlasses immer ein. Jeder hier in der Region, der einen Sterbefall anmeldet, bekommt früher oder später eine solche Aufforderung und soll dann unter Vorlage geeigneter Unterlagen nachweisen, was es da an Erbmasse gibt und wer die Erbberechtigten sind.
Da das manchmal etwas dauert, ist es hier so, daß der Bestatter schon bei der Anmeldung des Sterbefalls erste Angaben machen muß, ob da Haus- und Grundbesitz oder größeres Vermögen vorhanden und zu vererben ist.
Das sage ich auch den Angehörigen immer. „Mich persönlich interessiert das gar nicht, ich will auch keine Summen oder Beträge wissen, ich muß nur auf dem Formular hier in etwa angeben, ob und was da vorhanden ist.“
Gibt es da nämlich Streit ums Erbe, kann es erforderlich sein, daß die Verwaltung rasch handelt und gegebenenfalls durch Sicherstellung, Beschlagnahme und Versiegelung von Räumen tätig wird. So soll verhindert werden, daß da Testamente verschwinden, Gut und Geld verteilt wird ohne daß es erfasst worden ist und daß sich einer alles holt und die anderen leer ausgehen.
Ich stelle also die Frage nach dem möglichen Vermögen des Verstorbenen und es ist, als habe ich einen Schalter umgelegt. Während der Zahnarzt, den das doch nach eigenem Bekunden alles gar nichts angeht, sofort datenschutzrechtliche EU-Bedenken gegen meine Frage hat, vereisen die anderen förmlich und es herrschen gespitzte Münder vor. Ja, die Jutta spekuliere ja sowieso auf das Haus in der Jahnstraße und die Bärbel auf das andere in der Bismarckstraße.
Dabei, so höre ich das heraus, ist das Haus in der Bismarckstraße das größere und wertvollere. Während man beinahe sofort bereit ist, der Jutta das kleinere Haus zu lassen, entbrennt um das große Haus ein Streit.
Der Architekt wirft ein, am Ende gehe es doch so, daß alles in einen Topf geworfen, beziffert und gerecht verteilt würde. Wer dann wem welche Ausgleichszahlungen zu leisten habe, das würde sich erst noch herausstellen.
Vermutlich hat er mit seiner Einschätzung Recht.
Dann wirft er auf einmal ins Gespräch ein, in dem Haus in der Bismarckstraße sei sowieso der Hausschwamm drin und die Sanierung koste sicher nochmal locker 30.000 bis 50.000 Euro.
Auf einmal will keiner mehr die Bismarckstraße und alle finden das kleinere Häuschen sowieso viel schöner. Das sieht Jutta aber nicht ein und beschimpft die anderen als geldgeile Erbschleicher, Hyänen und Geier.
Es dauert so gute zehn Minuten, am Ende haben alle ihre Fassung wiedererlangt und es ist ihnen offensichtlich peinlich, vor mir so in Rage geraten zu sein.
Mir jedenfalls ist in diesem Moment klar, daß ich gut daran getan habe, die Rechnung nicht auf die Geschwister, sondern auf eine einzelne Person ausgestellt zu haben.
Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:
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Erfahrung macht Klug.
Ich würde, wenn die wollen unbedingt alle unterschreiben lassen. Wenn der einzige Vertragspartner nämlich pleite ist oder kein Geld hat, steht man dumm da und die anderen müssen nicht zahlen. Unterschreiben aber alle kann man sich bei richtiger Vertragsgestaltung einen beliebigen Zahlungskandidaten selbst raussuchen. Wenn die sich unbedingt streiten wollen und nicht zahlen, dann sucht man sich den Zahlungskräftigsten raus und wendet sich an diesen. Der kann sich dann mit den anderen rumärgern und sehen wie er bei denen ans Geld kommt.
Warum bestellt das Standesamt die Hinterbliebenen zur Klärung des Nachlasses ein? Was hat denn bitte das Standesamt damit zu tun?
Die einzigen, die sich für den Nachlasswert interessieren, sind die Kollegen am Nachlassgericht. Dort werden Testamente (es gibt übrigens eine gesetzliche Ablieferungspflicht, das aber nur am Rande) verwahrt und eröffnet. Dort werden Erbscheine beantragt und erteilt, Testamentsvollstreckerzeugnisse erteilt und eben der Nachlasswert erfragt, um die Gerichtskosten zu berechnen.
Das Standesamt schert sich doch nicht darum, ob und was an Nachlass vorhanden ist. Das Standesamt ist für die Erstellung der Personenstandsurkunden, zur Durchführung der Eheschließung etc. zuständig.
Die einzige Ordnungsbehörde, die sich mit den Hinterbliebenen auseinandersetzt, ist das Ordnungsamt. Wenn das Ordnungsamt nämlich die Bestattung im Wege der Gefahrenabwehr vorgenommen hat, werden die Hinterbliebenen angeschrieben, um die Bestattungskosten einzufordern.
So. Das wollte ich mal loswerden. 🙂
Zum Thema: eine Unterschrift – ein Zahlungsverpflichteter: Richtig so.
> und daß sich einer alles holt und die anderen leer ausgehen
DAS wäre dem Staat grade total egal. Es geht darum, dass niemand was erbt, ohne dass das Finanzamt etwas mitbekommt.
Grüße
T.
Recht so, Tom! Die Erfahrung hat dich da wahrscheinlich schon so einiges gelehrt. Ich finde es immer ganz furchtbar, wie sich so einige geierhaft auf das Erbe stürzen, alles an sich reißen wollen….ekelhaft irgendwie.
Schon interessant zu erfahren wie es so hergehen kann, aber wie schon geschrieben wurde, aus Erfahrung wird man klug. 😉
Bei meinen Geschwistern könnte es wohl ähnlich ablaufen, gut wenn vor dem Ableben schon alles mehr oder weniger geklärt wurde und bezahlt ist, gibt ja noch genug Wirbel um eventuelle Erbschaft(en). Schlimm aber wohl menschlich.
Liebe Grüße
[QUOTE]…für den habgierigen Abzocker in Schwarz[/QUOTE]wieso kommt mir das so bekannt vor? 😉
@3 Tosiluha: Ich finde es ja schön, daß Du das genauer weißt. Aber glaube mir, ich schreibe hier ja keine blödsinnigen Sachen zusammen sondern stütze mich auf Erfahrungen und Wissen. Ich mag manchmal daneben liegen, aber in diesem Fall heißt es beispielsweise auf den standesamtlichen Erfassungsbögen explizit:
[quote]7. Dem Standesbeamten bekannte Umstände, die eine Nachlassicherung rechtfertigen (z.B. durch Versiegelung der Wohnung, Anordnung einer Nachlasspflegschaft usw.; kurze Angabe der Umstände, siehe Mbek v. 18.12.1902, BayBSVJ I S. 9)[/quote]
Und genau darauf beziehen sich die Fragen nach dem Vermögen und Nachlass.
Ein Beispielsformular kannst Du Dir hier anschauen:
http://tinyurl.com/2wazcvo
„Zum Thema: eine Unterschrift – ein Zahlungsverpflichteter: Richtig so.“ Nein, besser ist: Fünf Unterschriften – fünf Zahlungspflichtige. Je mehr Zahlungspflichtige desto besser. Und wenn dann kein Geld kommt, dann bekommen alle folgenden Brief: „Lieber Kunde, Sie haben uns zusammen mit Herrn A, Frau B, Herrn C und Frau D mit der Bestattung von Frau X beauftragt. Leider wurde trotz mehrfacher Mahnung die Rechnung nicht bezahlt. Sie haften für die Zahlung der Rechnung gesamthänderisch. Das heist, daß ich mir wenn keine Zahlung eingeht einen Zahlungspflichtigen aussuchen und von diesem die gesamte Summe fordern kann. Ich habe den Mitauftraggebern das gleiche Schreiben geschickt und ich bitte Sie sich mit diesen in Verbindung zusetzen und dafür Sorge zu tragen, daß der Rechnungsbetrag bis zum XY eingeht. Andernfalls muss ich mir aus Ihren Reihen einen Zahlungspflichtigen aussuchen und gegen diesen dann das gerichtliche Mahnverfahren über die GESAMTSUMME einleiten.“ Wenn die Gefahr besteht, daß jeder der Kandidaten plötzlich den Gesamtbetrag zahlen muss, dann raufen die sich ganz schnell zusammen. Und falls nicht: Dann hat man fünf mögliche Zahlungskandidaten, gegen die… Weiterlesen »
Nun, ich bin natürlich nur ein kleiner Rechtsanwalt, aber es wäre wohl sinnvoller, von Gesamtschuld (§ 421 BGB) zu reden, und nicht von Gesamthand (z.B. Erbengemeinschaft, § 2033 BGB) …
… und, ja, mir stellt sich auch die Frage: Hast du vielleicht (auch) außerjuristische Bedenken gegen mehrere Schuldner, TOM? Vielleicht, weil dann alle gleichberechtigt mitreden wollen und dein Job dadurch nervenaufreibender wird?
Abgesehen davon gilt in der Tat – Wenn mehrere beauftragen, schuldet grundsätzlich jeder die komplette Summe. Alles eine Frage der Vertragsgestaltung. Die internen Verteilungsprobleme müssen die dann auch intern lösen.
Richtig, es handelt sich um Gesamtschuld, Gesamthand wäre ziemlich doof. Um eine Gesamtschuld zu begründen bedarf es auch keiner juristisch ausgebufften Vertragsgestaltung, das ist gesetzlich so vorgesehen bei mehreren Zahlungspflichtigen.
Was das Standesamt nun mit dem Nachlass zu tun haben soll, wird mir auch nicht klar.
Ich seh das schon in 20-30 Jahren auf mich zukommen…
Warum mussten meine Eltern auch in so unterschiedlich wertvolle Immobilien investieren und am Ende auch noch zwei weitere Kinder werfen :O
Betreffend streitende und keifende Nachkommen… wie war nochmal die Geschichte mit dem Teppich und der Plastik-Harke? 😉
Haha, natürlich. Gesamtschuldnerisch. Bei dem ganzen Erbengedöns hat sich das wie von Gesamthand, äh Geisterhand quasi selbst getippt.
Die Gesamtschuldner haben doch in Beitragung der Maßgabe zur Verwahrung der Gesamthand überinstitutiell die Pauschvorschüsse zur Mehraufwandsberechnung praktisch in Einklang mit der Beilegungsinitiative schon fristgerecht abgelegt und müssen zur Wahrung ihrer absetzbaren Sonderabgabe nur die Übertragsschätzung geltend machen.
Gut, dass das mal jemand in dieser Deutlichkeit gesagt hat!
@Tom
gibt es auch den Fall, daß auf einmal keiner mehr unterschreiben möchte?
Tom, du hast so Recht!
Wir pflegen im Auftrag Gräber und wir lassen uns auch nur noch auf einen Auftraggeber ein. Wir hatten gerade mit zerstrittenen Geschwistern, die die Rechnung gemeinsam begleichen sollten Probleme, da ein Teil bezahlt wurde und der andere seinen Teil nicht bezahlt hat. Wie soll man sich denn da verhalten? Nur ein Teil des Garbes pflegen und den Rest liegen lassen?
Ich kann dich gut verstehen und wir machen es auch nur noch so. Einer gibt den Auftrag und der hat auch zu zahlen.
@ Tom
Ich hoffe, ich bin hier nicht als Besserwisser aufgetreten. 😉
Bei uns (Nds.) macht die erste Nachlasssicherung das Ordnungsamt (wenn Bestattung im Wege der Gefahrenabwehr erfolgt) – und sonst das Nachlassgericht (ggfs. durch Einsetzung eines Nachlasspflegers, wenn Erben nicht bekannt sind, aber zu sichernder Nachlass vorhanden ist).
Ich werde mich aber mal beim hiesigen Standesamt schlau fragen, wie es hier gehandhabt wird. (In Bayern und Baden-Württemberg ticken einige Uhren ja anders – nicht bös gemeint, ist Landesrecht.)
Wieder mal so schön geschrieben …
Die anfängliche Harmonie und der nachfolgende, absehbare, böse Streit erinnern mich auch an den ‚Kosakenzipfel‘ von Loriot
@ 15 Matthias: gibst Du unter Fremdsprachenkenntnisse „Juristendeutsch“ an ? 🙂 (Bei meiner Frau hat kürzlich jemand Englisch, Französisch und Amtsdeutsch angegeben – war ein Jurist.)
In meinem gestrigen Artikel zu den Geschwistern, die die Rechnung gemeinsam zahlen wollten, habe ich eines nicht klar genug herausgestellt, bzw. vergessen es zu erwähnen.Daß mehrere Personen den Bestatterauftrag unterschreiben und gesamtschuldnerisch haft
@ anderer Stefan: Ne, meine Mutter ist Steuerfachfrau, ich breche jedes Mal in Tränen aus wenn sie versucht, mir die Amtsschriebe zu erklären und mir sagt, was ich noch nachreichen und beachten muss.