Frag doch den Undertaker

Körperöffnungen

Wie wird der Mund einer Leiche verschlossen?

Lieber Peter Wilhelm,

ich erlaube mir hiermit, eine Frage an Sie zu stellen – und würde mich sehr freuen, wenn Sie mir nur kurz eine Erhellung geben könnten zu einem sehr dunklen Thema – welches mir nun öfter begegnete:

Angeblich soll es eine Vorschrift geben – nach der Leichen die Körperöffnungen geschlossen = zugenäht werden müssen?
Das klingt für mich – so absurd, daß ich es kaum glauben möchte.
Ist das völliger Unsinn – oder gibt es sowas tatsächlich?

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Danke – für eine mögliche Aufklärung hierzu, die darf auch gerne sehr kurz sein.

Und – übrigens – sehe ich gerade erst, daß Sie schon einige Bücher zu ihrem interessanten „Arbeitsthema“ herausbringen konnten – das freut mich.
Einen lieben Gruß – und weiterhin viel Freude und Erfolg beim Bloggen bzw. Besprechen eines Themas – welches uns alle irgendwann angeht.

Da nach dem Tod eines Menschen die Muskeln gelockert sind, trifft dies auch für jene Muskeln zu, die uns sonst die Kontrolle über unsere Ausscheidungen geben.
So kann es vorkommen, daß Verstorbene die eine oder andere Substanz verlieren, die man lieber nicht außerhalb des Körpers wissen will.
Das hat ethische, ästhetische und geruchliche Gründe.

Um dem vorzubeugen, packen manche Bestatter die Verstorbenen einfach in eine preisgünstige Einwegwindel. Gegen dieses Verfahren spricht aus meiner Sicht auch nichts, es ist effektiv, günstig und wird auch von den Angehörigen, selbst im Falle iner offenen Aufbahrung nicht wahrgenommen.
Jedoch ist das nicht der fachlich korrekte, sondern der einfache und schnelle Weg.

Fachlich korrekt ist das Verstopfen der entsprechenden Körperöffnungen mit saugfähigem Material, beispielsweise Watte, Verbandsmull oder ähnlichen Stoffen.
Es ist allerdings keine urbane Legende, daß manche Bestatter, und das betrifft u.a. und vor allem die Bestatter in den Vereinigten Staaten, auch schon einmal zu chirurgischem Zwirn greifen.
Allerdings ist das keine Vorschrift, so wie das Verschließen der Körperöffnungen überhaupt keine Vorschrift oder Regel ist; in vielen Fällen kann es auch ganz unterbleiben.

Also nochmals zusammenfassend:
Ja, die Körperöffnungen werden, wenn es erforderlich ist, mit saugfähigem Material verschlossen.
Nein, das Zunähen ist kein Normalfall, ich kenne keinen Bestatter, der das so macht.
Nein, es gibt keine diesbezügliche Vorschrift.

Allein für die Ausstattung des Sarges gibt es die Vorschrift, daß dieser flüssigkeitsundurchlässig gearbeitet und mit entsprechend saugfähigem Material ausgepolstert sein muß.
Das hat mit der oben beschriebenen Thematik zu tun, aber auch mit der Tatsache, daß Verstorbene mitunter recht schnell auch aus dem Gewebe heraus Flüssigkeit absondern können.

Niemand muß Angst davor haben, daß im Todesfall irgendjemand da irgendwas zunäht. Will man auf Nummer Sicher gehen, kann man entsprechende Anweisungen an den Bestatter geben oder ihn fragen, wie das gehandhabt wird.
In den meisten Fällen wird gar nichts notwendig sein.

Nicht vergessen werden sollte bei einer Behandlung dieser Frage der Verschluß des Rachens. Denn auch oben hat der Mensch ja die eine oder andere Öffnung.
Auch hier kann es in seltenen Fällen notwendig sein, saugfähiges Material einzubringen.
Wenn der Leichnam zu denen gehört, die schnell in Verwesung übergehen, was durch Krankheit, Alter, Leibesfülle, Liegezeit und Medikamente bedingt sein kann, können die im Körper durch Zellzersetzung entstehenden Flüssigkeiten natürlich auch auf den Weg nach oben gehen.
Hier gab es früher ein Material, das dem Bauschaum nicht unähnlich war, wenngleich es natürlich nicht dessen Ausdehnungsfähigkeit besaß und auch extra für den Zweck der Verwendung an Leichnamen hergestellt wurde.
Dieser Rachenverschluß wurde aus einem Pulver und etwas Wasser angerührt, vorsichtig in den Schlund des Verstorbenen gegossen und schäumte dann dort leicht auf.
Ich habe aktuell keine Bezugsquelle für dieses Material gefunden.

Man sieht, dies ist ein durchaus unangenehmes, aber eben manchmal notwendiges Thema.
Keiner möchte, daß bei einer offenen Aufbahrung der Oma noch etwas aus dem Mündchen läuft. Daß das nicht so ist, liegt aber auch daran, daß der Bestatter tunlichst den Kopf des Verstorbenen etwas höher betten wird.

Erstaunlicherweise regt die Besprechung dieser Thematik immer sehr rege Diskussionen an, dabei sind aber die Kunden eines Bestatters stets daran interessiert, daß gerade bei ihrem Verstorbenen keine letzten Hinterlassenschaften das Geruchsempfinden stören sollen.

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(©si)