Alle Jahre wieder, so Mitte Oktober zieht ein Thema durch die Medien, nämlich die Geschichte der Abzockerbestatter. Ich kenne das in- und auswendig und kann schon vor dem Anschauen der betreffenden Sendung oder dem Lesen des jeweiligen Artikels genau sagen was darin vorkommen wird.
Es wird eine alte Frau beschrieben, die an einem Tisch voller Unterlagen sitzt und eine Bestatterrechnung in der Hand hält und sich fürchterlich betrogen fühlt. Dann geht ein Fernsehteam oder Reporter unter einem Vorwand oder mit versteckter Kamera in ein Bestattungshaus. Dabei handelt es sich aber um eines der Unternehmen, die in der Zeitung oder im Telefonbuch mit Billigbestattungen um 500 Euro werben.
Als Nächstes kommt immer die Weltsensation zur Sprache, daß Bestatter kleine Belohnungen an Pflegepersonal bezahlen, wenn diese ein bestimmtes Institut empfehlen und zu guter Letzt darf dann immer noch ein „Insider“ oft hinter der Schattenwand oder mit verpixeltem Gesicht und mit verstellter Stimme bestätigen, daß Bestatter Särge drei mal und Totenhemden wenigstens 100 mal benutzen.
Ja, das kenne ich.
Gestern war eine entsprechende Sendung im Seniorensender ZDF und in „Frontal21“ wurde das Thema mal wieder aufgegriffen. Natürlich war alles ganz anders, ganz neu und brachte sensationelle Enthüllungen.
Da saß eine Oma über einer Bestatterrechnung, da besuchte man mit versteckter Kamera einen Billigbestatter und es wurde das Bakschisch fürs Pflegepersonal angesprochen. Auch der Typ, der sich auskannte war wieder mit dabei. Ja, wirklich mal was ganz Neues…
Leute, auch diverse Auto-Teile-Reparatur-Ketten werben immer mit der Inspektion zum Sonderpreis. Geht da mal hin und lasst ’ne Inspektion machen…
Wenn ein Bestatter mit einem Preis wirbt, steht i.d.R. ganz klein dabei, was man dafür bekommt. Das ist eine Überführung, ein Sarg, das Einbetten, ein Totenhemd, vielleicht noch eine Urne und die Erledigung der Formalitäten. Niemals inbegriffen sind die Neben-, Sonder- und Wunschleistungen, wie städtische Gebühren, Grabankauf, Zeitungsanzeige, Blumenschmuck und das ganze Trallala.
Wer eine wirklich günstige Bestattung will und auf das ganze Drumherum verzichten kann, der wird da glücklich. Nur wenn man dann doch noch das Eine und das Andere und noch ein bißchen von diesem oder jenem will, dann darf man sich nicht wundern, wenn das was kostet.
Werbung hat noch nie dazu gedient, Kunden zu informieren, sondern sie dient dazu, Kunden anzulocken.
Wollte man wirklich mal etwas Aufklärendes oder Sinnvolles über unsere Branche bringen, dann sollte man die Millionen Menschen fragen, die völlig zufrieden waren mit ihrem Bestatter. Daran ließe sich vielleicht festmachen, wie man an einen guten Bestatter gerät. Jedenfalls ist es der falsche Weg, sich immer auf die Bestatter zu stürzen, die mit Discountpreisen werben.
Es vergeht keine Woche, in der mich nicht irgendein Medium anschreibt und von mir Fakten über unzufriedene und betrogene Kunden wissen will. Man ist immer auf der Suche nach der vermeintlichen Sensation. Aber die gibt es nicht! Es sitzt immer nur eine Oma über eine Bestatterrechnung gebeugt, wird einer hinter der Schattenwand gezeigt und ein bißchen mit versteckter Kamera gefilmt…
Aber das hatten wir ja schon.
Der Frontal21-Bericht ist hier zu finden.
Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:
Schlagwörter: alle, jahre, wieder
Von Frontal 21 ist man es doch nicht anders gewohnt. Die bringen auch im regelmäßigen Abstand von 3-4 Monaten einen Bericht über böse "Killerspiele" die _immer_ vom selben Redakteur sind und _immer_ den selben "Fachmann" sprechen lassen.
War ja dank Taxi-Blogger Thorsten auch schon länger bekannt -> http://www.taxi-blog.de/wordpress/sonstwas/1154/f…
Mit "Skandalen" und so lassen sich halt mehr Zuschauer locken als wenn man gutes über verschiedene Gruppen berichtet.
Ein sehr gutes Beispiel sind da auch die Motorradfahrer (bin selber einer). Da zeigen sie auch immer nur ein paar einzelne Raser unter Millionen normaler Fahrer. Aber die Leute sehen das und dann sind alle Motorradfahrer Raudis und Raser….
"Wollte man wirklich mal etwas Aufklärendes oder Sinnvolles über unsere Branche bringen, dann sollte man die Millionen Menschen fragen, die völlig zufrieden waren mit ihrem Bestatter."
Den Kunden des Bestatters zu fragen dürfte etwas schwerfallen^^
p.s.: Wie sagt mal ein Barkeeper in nem Spiel zu mir: Ich hätte doch den Job als Leichenbestatter nehmen sollen. Da hät ich wenigstens Kunden gehabt, die gelernt haben Ihre Klappe zu halten.
Nicht zu vergessen den sensationellen Bericht über das staatlich finanzierte, überteuerte Krematorium das mit jeder Leiche einen Müllsack mitverbrannt hat
Nur der Vollständigkeit halber 🙂
Die Reporter wollen keine Berichte senden über "gute Menschen", positive Geschichten und rechtschaffende Geschäftsleute, denn die Wahrheit interessiert sowieso niemanden. Ein schwarzes Schaf und Tausende, die ihren Job gut machen – egal! Bestatter zocken ab. Punkt. Basta. Wenn der Tod nicht so´n Tabu wäre und nicht alle Schiß davor hätten, würde man sich schon viel früher als erst im "Ernstfall" informieren, dann hätte man eventuelle Kosten schon vorher abgeklärt. Aber selbst wenn man es vorsichtig und behutsam versucht, blockieren alle ab. Oder es kommt so ´ne doofe Frage wie "Bist Du jetzt in einer Sekte, oder was?" Mich fasziniert alles in diesem Bereich und ich mußte mir deswegen weiß Gott schon einen dämlichen Quatsch anhören…
@ Undertaker: Ist erkennbar, dass die Kunden nach solchen Berichten etwas zurückhaltendet sind?
Es gibt auch zwei Neuerscheinungen zum Thema:
"Die Bestattungsmafia" von Peter Waldbauer und "Todsichere Geschäfte" von Harald H.
http://www.falter.at/web/shop/detail.php?id=25005
Die Rezension, auf die mein Link verweist, ist aber kritisch.
@Benni: Ja, sie sterben deutlich weniger…
🙂
Nein, natürlich nicht. Aber es nervt, daß die Leute z.T. übersensibel sind.
Nichts ist umsonst, der Tod kostet das Leben und auch noch viel Geld.
Solange es nicht gestattet ist, die Oma hinter der Hecke im wunderschönen eigenen Garten zur Letzten Ruhe zu betten, müssen sich Bestatter keine Existenzsorgen machen.
Keine Sorge, die Bestatter sind nicht die einzige Branche, bei der von schwarzen Schafen auf den Rest der Branche geschlossen wird. Immer wieder beliebt sind die Handwerkertests mit versteckter Kamera. Da kann man auch hervorragend völlig weltfremde Fehler einbauen. Im Berech Fernsehtechnik bilde ich mir ein, genügend Wissen zu haben, um die sogenannten Tests zu beurteilen: Eine Sicherung wird überlastet (durchgebrannt) und in die Stromversorgung des Fernsehers eingebaut. Die suggestierte Erwartungshaltung des Reporters ist, dass der Techniker fröhlich die Sicherung tauscht, der Fernseher wieder funktioniert, und der Techniker lächelnd und ohne Rechnung wieder verschwindet. Das ist gefährlich falsch! Eine durchgebrannte Sicherung deutet auf einen schwerwiegenden Defekt in der Stromversorgung hin, der in der Wohnung des Kunden in aller Regel nicht behoben werden kann. Ein Wechsel der Sicherung würde nur die neue Sicherung zerstören. Davon abgesehen ist nach JEDEM Eingriff in ein netzbetriebenes Gerät eine Prüfung nach VDE 0701 (Isolation, Ableitstrom, usw.) VORGESCHRIEBEN. Das kann man notfalls in der Kundenwohnung machen, in der Regel ist das dafür notwendige Meßgerät aber nur in der Werkstatt vorhanden. Wird… Weiterlesen »
Herrlich: Frontal 21, noch weiter entfernt von jeglicher objektivität ist höchstens der werte Herr JBK anzutreffen.
Und alles im "seriösen" gewand der öffentlich rechtlichen.
Dafür bezahlt man doch gerne GEZ *eg*
Woher sollte man sonst wissen, das z.B. Autobahnen nur von Extremrasern und Dränglern befahren werden?
Sie sind schleißlich überall, sie kriegen auch dich. JA, auch dich Oma Erna, die du diese Raser nur aus den Medien kennst, und sie verteufelst!!!!
Frontal21 ist wirklich der tiefste Abgrund an Niveau. Sogar die Bildzeitung berichtet fairer als die.. und das will was heissen. Furchtbar, dass wir fuer solche mutwillige Desinformation auch noch bezahlen muessen.
Wieso gibt es eigentlich keine echten Billigst-Bestattungen?
Darunter stelle ich mir folgendes vor:
Leiche wird abgeholt, in einen schwarzen Sack gesteckt, verbrannt, die Asche wird entsorgt (z.B. KVA), Papierkram. Fertig.
Würde sicher Sinn machen für Leute die nicht allzuviel Geld übrig haben. Ich kann mir auch nicht vorstellen das man bei einer solchen Vorgehensweise im Endeffekt mehr als 100-200 EUR brauchen würde.
Das ist ja auch durchaus verständlich, nur darf man daraus nicht schließen, daß das Geschilderte repräsentativ ist. Schließlich schildert Tom hier ja auch nur die skurrilen, außergewöhnlichen, anrührenden oder sonst bemerkenswerten Vorkommnisse.
@Moonwish: Bei uns ist noch jeder Kunde wieder nach Hause gegangen. Tote sind nicht geschäftsfähig und somit auch nicht unsere Kunden.
@Thomas: Mit "Skandalen" hat der auch nicht mich, sondern die ZDF-Leute gemeint.
Ja, schon klar. Ich wollte nur zeigen, daß man nie das Gewöhnliche und Durchschnittliche, sondern das Bemerkenswerte schildert – egal, ob man nun das Bestatterweblog führt oder eine ZDF-Reportage dreht. Für dich sind das eben interessante Vorkommnisse aus deinem Berufsalltag, für das ZDF die trauernde und abgezockte Witwe.
"…dann sollte man die Millionen Menschen fragen, die völlig zufrieden waren mit ihrem Bestatter."
*meld*
Es war relativ teuer (die Abrechnung schaue ich mir noch mal an, es eilt nicht), aber es klappte alles perfekt mit gesplitteter Trauerfeier auf dem Dorf und Begräbnis am Tag danach in Hamburg. Muttchen und Grossfamilie waren es zufrieden. Und darauf kam es an.
Eine Woche danach fuhr ich sie nochmal zum Bestatter, wo wir uns für die reibungslose Betreuung bedankten.
'Unserem' Mitarbeiter steckte sie dann noch ein paar Scheine zu.
"Das geht alles vom Erbe ab!" scherzte ich und alle lachten. 🙂
Es sit ja auch sehr verwunder lich, daß ein Festpreis-Angebot teurer wird, wenn man etwas aufpreispflichtiges dazubestellt.
Und wen wundert es heute eigentlich noch, daß solche Schleuderpreis-Angebote von dubiosen Firmen kommen? Höchstens noch einen Call-In-TV-Anrufer…
Themen der nächsten Woche:
-Abzocke im Linienbus: Monatsticket nur 1 Monat gültig
-Täuschung bei Geldverdoppelung: Eingegrabener Topf mit Gold verschwunden
-Skandal im Handwerk: Gärtner gräbt leeres Loch
Nachtrag
So sieht ein seriöses Bestattungsunternehmen aus:
http://www.eblogx.de/media/upload/20071010221751t…
"Den Kennedy, also den Sarg, den habe ich ja im Garagenverkauf bei den Huxtables billig geschossen. Opa würde sich ja freuen, war ja immer so sparsam."
Nunja, von einem Bekannten, der in Oberbayern in der Altenpflege tätig ist, weiß ich, daß die dortige Pietät Eichenlaub Weihnachtsgeschenke an Pflegeheime verteilt, für "die gute Zusammenarbeit im letzten Jahr". 2006 waren es Handtücher weiß, mit schwarzem aufgesticktem Logo. Hätte ich die Teile nicht selbst gesehen, ich hätte es nicht geglaubt…
… da bleibt einem nur zu wünschen, daß man das Zeitliche segnet, bevor man in ein Pflegeheim kommt…
also zuerst muss man natürlich erwähnen dass Frontal21 kein seriöses Nachrichtenmagazin ist.
ich werde immer wütend wenn vor Weihnachten und Muttertag die Berichte über den Blumenhandel kommen und die Standarts von vor 20 Jahren wieder rausgekramt werden.
GEZ-zwangssteuer finanziertes Fernsehen auf (oder eher unter) Bild-Niveau.
Nun sollte doch endlich die Wahrheit an das Licht des Medienhimmel kommen:
Sensationelle neue Erkenntnisse um das brandheiße und aktuelle Thema: "Bestatterabzocke", aufgedeckt durch unerschrockene, ehrliche und fachlich kompetente Reporter (also doch ein Märchen) DER EHRLICHE BESTATTER
Hinter der Schattenwand ein INSIDER, nennen wir ihn mal Tom…….
Aber ich gehe einmal davon aus, dass mit solchen realen Reportagen die ach so wichtigen Einschaltquoten nicht erreicht werden.
Gruß Jan
Bin ich froh, dass ich keinen Fernseher habe. Für einen solchen privatsendermässigen sensationsgeilen Pseudo"journalismus" auch noch Geztapo-Gebühren bezahlen zu müssen, wäre mir zuwider.
Alle Jahre wieder……
…hat diesmal nichts mit Weihnachten zu tun. Habe eben im Bestatter-Weblog einen Artikel gelesen in dem es um den jährlich wiederkehrenden Bericht über Abzocke im Bestattungsgewerbe geht.
Sofort viel mir der mittlerweile allseits bekannte Berich…
Auch wenn die Lokführer streiken finden 4 Buchstaben immer noch einen Zug zum aufspringen:
http://www.bild.t-online.de/BTO/tipps-trends/geld…
Zitat 1:
dann sollte man die Millionen Menschen fragen, die völlig zufrieden waren mit ihrem Bestatter.
Zitat 2:
Bei uns ist noch jeder Kunde wieder nach Hause gegangen. Tote sind nicht geschäftsfähig und somit auch nicht unsere Kunden.
Das paßt irgendwie nicht zusammen, irgendwie. (Tut mir gar nicht leid, ich konnte nicht widerstehen!) Zu meinem Bestatter kann ich noch nichts sagen, aber zu gegebener Zeit werde ich mich melden.